Menschen, und vor keinem Feinde; ja ich kunte so gar wider denselben allen meinen nöthigen Zorn und Eifer auslassen, in so ferne er erlau- bet war, ohne mein Gemüthe sonderlich in Un- ruhe zu setzen. Jch will nicht sagen, daß ich auch viele und große Sorge über mich nehmen, und weit aussehende Projecte machen könte, ohne daß mir solches eine Pein, oder Mühe ver- ursachet hätte. Jch würde auch dazumahl bey meiner gantzen Process-Sache, wenn ich sie so nennen mag, gantz anders, und behertzter, und muthiger mich bezeuget haben, wenn nicht kurtz zuvor ein gewisses Versehen, und Versäumniß mich aller der Leibes- und Gemüths-Stärcke, aller Courage und Hertzhafftigkeit beraubet hätte, deren ich mir einige Zeit, und schier ein gantz Jahr vorher bewust war. Wer da weiß, was die Versäumniß des Aderlassens insonderheit bey Hypochondriacis, und dick- und hitz-blüti- gen Leuten, insonderheit wenn die Natur schon einmahl daran gewöhnet worden, vor böse Fol- gen nach sich ziehe: wie das Geblüte, wenn desselben zu viel ist, und nicht fort kan, aller- hand Verstopffungen im Miltze, oder auch im Haupte, und dadurch Furcht, Angst, Bangig- keit, Sorgfältigkeit, flüchtige Gedancken, und alle die Ubel wieder zu verursachen pflege, wel- chen man durch das Aderlaßen vorhin abgeholf-
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und ſich dadurch
Menſchen, und vor keinem Feinde; ja ich kunte ſo gar wider denſelben allen meinen noͤthigen Zorn und Eifer auslaſſen, in ſo ferne er erlau- bet war, ohne mein Gemuͤthe ſonderlich in Un- ruhe zu ſetzen. Jch will nicht ſagen, daß ich auch viele und große Sorge uͤber mich nehmen, und weit ausſehende Projecte machen koͤnte, ohne daß mir ſolches eine Pein, oder Muͤhe ver- urſachet haͤtte. Jch wuͤrde auch dazumahl bey meiner gantzen Proceſs-Sache, wenn ich ſie ſo nennen mag, gantz anders, und behertzter, und muthiger mich bezeuget haben, wenn nicht kurtz zuvor ein gewiſſes Verſehen, und Verſaͤumniß mich aller der Leibes- und Gemuͤths-Staͤrcke, aller Courage und Hertzhafftigkeit beraubet haͤtte, deren ich mir einige Zeit, und ſchier ein gantz Jahr vorher bewuſt war. Wer da weiß, was die Verſaͤumniß des Aderlaſſens inſonderheit bey Hypochondriacis, und dick- und hitz-bluͤti- gen Leuten, inſonderheit wenn die Natur ſchon einmahl daran gewoͤhnet worden, vor boͤſe Fol- gen nach ſich ziehe: wie das Gebluͤte, wenn deſſelben zu viel iſt, und nicht fort kan, aller- hand Verſtopffungen im Miltze, oder auch im Haupte, und dadurch Furcht, Angſt, Bangig- keit, Sorgfaͤltigkeit, fluͤchtige Gedancken, und alle die Ubel wieder zu verurſachen pflege, wel- chen man durch das Aderlaßen vorhin abgeholf-
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und ſich dadurch
Menſchen, und vor keinem Feinde; ja ich kunte
ſo gar wider denſelben allen meinen noͤthigen
Zorn und Eifer auslaſſen, in ſo ferne er erlau-
bet war, ohne mein Gemuͤthe ſonderlich in Un-
ruhe zu ſetzen. Jch will nicht ſagen, daß ich
auch viele und große Sorge uͤber mich nehmen,
und weit ausſehende Projecte machen koͤnte,
ohne daß mir ſolches eine Pein, oder Muͤhe ver-
urſachet haͤtte. Jch wuͤrde auch dazumahl bey
meiner gantzen Proceſs-Sache, wenn ich ſie ſo
nennen mag, gantz anders, und behertzter, und
muthiger mich bezeuget haben, wenn nicht kurtz
zuvor ein gewiſſes Verſehen, und Verſaͤumniß
mich aller der Leibes- und Gemuͤths-Staͤrcke,
aller Courage und Hertzhafftigkeit beraubet
haͤtte, deren ich mir einige Zeit, und ſchier ein
gantz Jahr vorher bewuſt war. Wer da weiß,
was die Verſaͤumniß des Aderlaſſens inſonderheit
bey Hypochondriacis, und dick- und hitz-bluͤti-
gen Leuten, inſonderheit wenn die Natur ſchon
einmahl daran gewoͤhnet worden, vor boͤſe Fol-
gen nach ſich ziehe: wie das Gebluͤte, wenn
deſſelben zu viel iſt, und nicht fort kan, aller-
hand Verſtopffungen im Miltze, oder auch im
Haupte, und dadurch Furcht, Angſt, Bangig-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/703>, abgerufen am 22.11.2024.
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