rückte nun mit mähligem herbey, und da hätte ich mich freylich auf dieselbe, und auf die Puncte, worüber ich etwan konte befraget werden, prae- pariren und zuschicken sollen; allein an statt, daß ich mich darauf zubereiten solte, indem ich es auch nicht vor sonderlich nöthig hielt, so prae- parirte ich mich vielmehr auf meinen bevorstehen- den Tod, weil ich wegen erschöpffter Kräffte des Leibes, und Gemüthes in der gäntzlichen Mey- nung stand, daß mich dißmahl GOtt aus der Welt abholen werde, obgleich die Einbildung wegen eines Todes, so von der Hand der Obrig- keit zu befürchten, bey mir vergangen war. Wunder wäre es nicht gewesen, wenn dieselbe Einbildung mich noch länger eingenommen hätte. Denn als mir Mittwochs nach dem XIII. post Trinitatis die Suspension im Consi- storio von dem Herrn Praesidenten vorgelesen wurde, so ließ sich derselbe dabey unter andern verlauten: Jch hätte von Jhro Majestät er- halten, warum ich Ansuchung gethan: weil ich michofferiret, daß ich mich wolte weisen und lehren lassen, so wären welche verordnet und bestimmet, die mich eines bessern unterrichten solten, und weil solches nicht so bald vor sich gehen dürffte, so würde ich Zeit genug haben, mich darauf, ja auf meinen Tod selbst, der gewiß
nicht
und er dadurch zur Zubereitung
ruͤckte nun mit maͤhligem herbey, und da haͤtte ich mich freylich auf dieſelbe, und auf die Puncte, woruͤber ich etwan konte befraget werden, præ- pariren und zuſchicken ſollen; allein an ſtatt, daß ich mich darauf zubereiten ſolte, indem ich es auch nicht vor ſonderlich noͤthig hielt, ſo præ- parirte ich mich vielmehr auf meinen bevorſtehen- den Tod, weil ich wegen erſchoͤpffter Kraͤffte des Leibes, und Gemuͤthes in der gaͤntzlichen Mey- nung ſtand, daß mich dißmahl GOtt aus der Welt abholen werde, obgleich die Einbildung wegen eines Todes, ſo von der Hand der Obrig- keit zu befuͤrchten, bey mir vergangen war. Wunder waͤre es nicht geweſen, wenn dieſelbe Einbildung mich noch laͤnger eingenommen haͤtte. Denn als mir Mittwochs nach dem XIII. poſt Trinitatis die Suſpenſion im Conſi- ſtorio von dem Herrn Præſidenten vorgeleſen wurde, ſo ließ ſich derſelbe dabey unter andern verlauten: Jch haͤtte von Jhro Majeſtaͤt er- halten, warum ich Anſuchung gethan: weil ich michofferiret, daß ich mich wolte weiſen und lehren laſſen, ſo waͤren welche verordnet und beſtimmet, die mich eines beſſern unterrichten ſolten, und weil ſolches nicht ſo bald vor ſich gehen duͤrffte, ſo wuͤrde ich Zeit genug haben, mich darauf, ja auf meinen Tod ſelbſt, der gewiß
nicht
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[671/0717]
und er dadurch zur Zubereitung
ruͤckte nun mit maͤhligem herbey, und da haͤtte
ich mich freylich auf dieſelbe, und auf die Puncte,
woruͤber ich etwan konte befraget werden, præ-
pariren und zuſchicken ſollen; allein an ſtatt,
daß ich mich darauf zubereiten ſolte, indem ich
es auch nicht vor ſonderlich noͤthig hielt, ſo præ-
parirte ich mich vielmehr auf meinen bevorſtehen-
den Tod, weil ich wegen erſchoͤpffter Kraͤffte des
Leibes, und Gemuͤthes in der gaͤntzlichen Mey-
nung ſtand, daß mich dißmahl GOtt aus der
Welt abholen werde, obgleich die Einbildung
wegen eines Todes, ſo von der Hand der Obrig-
keit zu befuͤrchten, bey mir vergangen war.
Wunder waͤre es nicht geweſen, wenn dieſelbe
Einbildung mich noch laͤnger eingenommen
haͤtte. Denn als mir Mittwochs nach dem
XIII. poſt Trinitatis die Suſpenſion im Conſi-
ſtorio von dem Herrn Præſidenten vorgeleſen
wurde, ſo ließ ſich derſelbe dabey unter andern
verlauten: Jch haͤtte von Jhro Majeſtaͤt er-
halten, warum ich Anſuchung gethan:
weil ich mich offeriret, daß ich mich wolte
weiſen und lehren laſſen, ſo waͤren welche
verordnet und beſtimmet, die mich eines
beſſern unterrichten ſolten, und weil ſolches
nicht ſo bald vor ſich gehen duͤrffte, ſo
wuͤrde ich Zeit genug haben, mich darauf,
ja auf meinen Tod ſelbſt, der gewiß
nicht
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 671. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/717>, abgerufen am 27.11.2024.
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