ins Gewissen, vorgebende, daß ich es nimmer- mehr würde verantworten können. Und es wäre mir auch selbst bald angst darüber wor- den, so daß ich wünschte, daß ich mehr Bedenck-Zeit zu so einer wichtigen Sache mir ausgebeten hätte. Hätte ich auch vorher sehen können, daß meine Suspension von Cantzel und Catheder nicht solte cassiret werden, sondern ich bis an das Ende meines Lebens suspendirt bleiben, wie ich diese Stunde noch bin, da mir doch so gar von hoher Hand war versprochen worden, daß ich wiederum Freyheit bekommen solte zu predigen, und meine Collegia, wie vor diesem, zu lesen; so würde ich eher alles haben über mich ergehen lassen, als daß ich hätte resi- gniren sollen. Das war wohl eine recht ängst- liche Woche vor mich; insonderheit, wenn ich bedencke, was mir folgenden Sonntag darauf begegnete. Der Herr Consul regens wolte an demselben Tage nach der Vesper auch gern mündlich mit mir wegen meiner Resignation re- den, welche ich schrifftlich eingegeben hatte. Nun hatte ich die vorhergehenden Tage gar ver- drüßliche Briefe von Dreßden bekommen, und unter andern auch das Consilium vernommen, das ein gewisser Theologus bey Hose gegeben, man solte mich zwischen vier Mauren ein- schliessen. Diese Dinge hatten mein Gemüthe
so ein-
und hernach acceptirte
ins Gewiſſen, vorgebende, daß ich es nimmer- mehr wuͤrde verantworten koͤnnen. Und es waͤre mir auch ſelbſt bald angſt daruͤber wor- den, ſo daß ich wuͤnſchte, daß ich mehr Bedenck-Zeit zu ſo einer wichtigen Sache mir ausgebeten haͤtte. Haͤtte ich auch vorher ſehen koͤnnen, daß meine Suſpenſion von Cantzel und Catheder nicht ſolte caſſiret werden, ſondern ich bis an das Ende meines Lebens ſuſpendirt bleiben, wie ich dieſe Stunde noch bin, da mir doch ſo gar von hoher Hand war verſprochen worden, daß ich wiederum Freyheit bekommen ſolte zu predigen, und meine Collegia, wie vor dieſem, zu leſen; ſo wuͤrde ich eher alles haben uͤber mich ergehen laſſen, als daß ich haͤtte reſi- gniren ſollen. Das war wohl eine recht aͤngſt- liche Woche vor mich; inſonderheit, wenn ich bedencke, was mir folgenden Sonntag darauf begegnete. Der Herr Conſul regens wolte an demſelben Tage nach der Veſper auch gern muͤndlich mit mir wegen meiner Reſignation re- den, welche ich ſchrifftlich eingegeben hatte. Nun hatte ich die vorhergehenden Tage gar ver- druͤßliche Briefe von Dreßden bekommen, und unter andern auch das Conſilium vernommen, das ein gewiſſer Theologus bey Hoſe gegeben, man ſolte mich zwiſchen vier Mauren ein- ſchlieſſen. Dieſe Dinge hatten mein Gemuͤthe
ſo ein-
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und hernach acceptirte
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waͤre mir auch ſelbſt bald angſt daruͤber wor-
den, ſo daß ich wuͤnſchte, daß ich mehr
Bedenck-Zeit zu ſo einer wichtigen Sache
mir ausgebeten haͤtte. Haͤtte ich auch vorher
ſehen koͤnnen, daß meine Suſpenſion von Cantzel
und Catheder nicht ſolte caſſiret werden, ſondern
ich bis an das Ende meines Lebens ſuſpendirt
bleiben, wie ich dieſe Stunde noch bin, da mir
doch ſo gar von hoher Hand war verſprochen
worden, daß ich wiederum Freyheit bekommen
ſolte zu predigen, und meine Collegia, wie vor
dieſem, zu leſen; ſo wuͤrde ich eher alles haben
uͤber mich ergehen laſſen, als daß ich haͤtte reſi-
gniren ſollen. Das war wohl eine recht aͤngſt-
liche Woche vor mich; inſonderheit, wenn ich
bedencke, was mir folgenden Sonntag darauf
begegnete. Der Herr Conſul regens wolte
an demſelben Tage nach der Veſper auch gern
muͤndlich mit mir wegen meiner Reſignation re-
den, welche ich ſchrifftlich eingegeben hatte.
Nun hatte ich die vorhergehenden Tage gar ver-
druͤßliche Briefe von Dreßden bekommen, und
unter andern auch das Conſilium vernommen,
das ein gewiſſer Theologus bey Hoſe gegeben,
man ſolte mich zwiſchen vier Mauren ein-
ſchlieſſen. Dieſe Dinge hatten mein Gemuͤthe
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 688. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/734>, abgerufen am 25.11.2024.
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