Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

doch haben dieselben
tuiren und zu Schanden machen, als da er nach
seiner erbarmenden Güte schaffte, daß diese Tage
und Nächte, vor welche ich am meisten besorget
gewesen, gar leidlich und erträglich waren.
Hingegen kam der gröste Sturm gantz zu einer
andern Zeit, und da ich michs am wenigsten ver-
sahe, und so gar etliche Wochen eher über mich.
Die Stärckung am Sonntage Oculi, war eine
rechte Seelen-Artzney vor mich gewesen, mich
desto besser auf dieses Wetter der Trübsaal zu ver-
wahren, daß ich solches desto besser ausstehen
möchte. Jch ließ Montags drauf auf Einra-
then des Medici, da ich so viel Hitz im Kopffe
hatte, daß mir auch, welches lange Zeit nicht
geschehen war, die Nase zu bluten anfieng, wie
etlichen andern Leuten zu solcher Zeit auch ge-
schahe, zur Ader. Nun so schwach andere Leute
auf Aderlaßen werden, so befinde ich mich alle-
mahl stärcker als zuvor, sowol im Leibe als Ge-
müthe. Nur hab ich es iederzeit darinnen ver-
sehen, daß ich alsdenn nicht einige Tage darauf
des Morgens und um Vesper-Zeit an statt der
warmen Wasser-Geträncke, lieber einen Trunck
Wein, oder ein starckes Bier erwehlet, bis
mich nun die Erfahrung seit dem zu etlichen
mahlen gelehret, daß um solche Zeit die Wasser-
Geträncke manche Menschen höchst schwach,
und die Gedancken höchst flüchtig machen. Diß

geschah

doch haben dieſelben
tuiren und zu Schanden machen, als da er nach
ſeiner erbarmenden Guͤte ſchaffte, daß dieſe Tage
und Naͤchte, vor welche ich am meiſten beſorget
geweſen, gar leidlich und ertraͤglich waren.
Hingegen kam der groͤſte Sturm gantz zu einer
andern Zeit, und da ich michs am wenigſten ver-
ſahe, und ſo gar etliche Wochen eher uͤber mich.
Die Staͤrckung am Sonntage Oculi, war eine
rechte Seelen-Artzney vor mich geweſen, mich
deſto beſſer auf dieſes Wetter der Truͤbſaal zu ver-
wahren, daß ich ſolches deſto beſſer ausſtehen
moͤchte. Jch ließ Montags drauf auf Einra-
then des Medici, da ich ſo viel Hitz im Kopffe
hatte, daß mir auch, welches lange Zeit nicht
geſchehen war, die Naſe zu bluten anfieng, wie
etlichen andern Leuten zu ſolcher Zeit auch ge-
ſchahe, zur Ader. Nun ſo ſchwach andere Leute
auf Aderlaßen werden, ſo befinde ich mich alle-
mahl ſtaͤrcker als zuvor, ſowol im Leibe als Ge-
muͤthe. Nur hab ich es iederzeit darinnen ver-
ſehen, daß ich alsdenn nicht einige Tage darauf
des Morgens und um Veſper-Zeit an ſtatt der
warmen Waſſer-Getraͤncke, lieber einen Trunck
Wein, oder ein ſtarckes Bier erwehlet, bis
mich nun die Erfahrung ſeit dem zu etlichen
mahlen gelehret, daß um ſolche Zeit die Waſſer-
Getraͤncke manche Menſchen hoͤchſt ſchwach,
und die Gedancken hoͤchſt fluͤchtig machen. Diß

geſchah
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0763" n="717"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">doch haben die&#x017F;elben</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">tui</hi>ren und zu Schanden machen, als da er nach<lb/>
&#x017F;einer erbarmenden Gu&#x0364;te &#x017F;chaffte, daß die&#x017F;e Tage<lb/>
und Na&#x0364;chte, vor welche ich am mei&#x017F;ten be&#x017F;orget<lb/>
gewe&#x017F;en, gar leidlich und ertra&#x0364;glich waren.<lb/>
Hingegen kam der gro&#x0364;&#x017F;te Sturm gantz zu einer<lb/>
andern Zeit, und da ich michs am wenig&#x017F;ten ver-<lb/>
&#x017F;ahe, und &#x017F;o gar etliche Wochen eher u&#x0364;ber mich.<lb/>
Die Sta&#x0364;rckung am Sonntage <hi rendition="#aq">Oculi,</hi> war eine<lb/>
rechte Seelen-Artzney vor mich gewe&#x017F;en, mich<lb/>
de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er auf die&#x017F;es Wetter der Tru&#x0364;b&#x017F;aal zu ver-<lb/>
wahren, daß ich &#x017F;olches de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er aus&#x017F;tehen<lb/>
mo&#x0364;chte. Jch ließ Montags drauf auf Einra-<lb/>
then des <hi rendition="#aq">Medici,</hi> da ich &#x017F;o viel Hitz im Kopffe<lb/>
hatte, daß mir auch, welches lange Zeit nicht<lb/>
ge&#x017F;chehen war, die Na&#x017F;e zu bluten anfieng, wie<lb/>
etlichen andern Leuten zu &#x017F;olcher Zeit auch ge-<lb/>
&#x017F;chahe, zur Ader. Nun &#x017F;o &#x017F;chwach andere Leute<lb/>
auf Aderlaßen werden, &#x017F;o befinde ich mich alle-<lb/>
mahl &#x017F;ta&#x0364;rcker als zuvor, &#x017F;owol im Leibe als Ge-<lb/>
mu&#x0364;the. Nur hab ich es iederzeit darinnen ver-<lb/>
&#x017F;ehen, daß ich alsdenn nicht einige Tage darauf<lb/>
des Morgens und um Ve&#x017F;per-Zeit an &#x017F;tatt der<lb/>
warmen Wa&#x017F;&#x017F;er-Getra&#x0364;ncke, lieber einen Trunck<lb/>
Wein, oder ein &#x017F;tarckes Bier erwehlet, bis<lb/>
mich nun die Erfahrung &#x017F;eit dem zu etlichen<lb/>
mahlen gelehret, daß um &#x017F;olche Zeit die Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
Getra&#x0364;ncke manche Men&#x017F;chen ho&#x0364;ch&#x017F;t &#x017F;chwach,<lb/>
und die Gedancken ho&#x0364;ch&#x017F;t flu&#x0364;chtig machen. Diß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge&#x017F;chah</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[717/0763] doch haben dieſelben tuiren und zu Schanden machen, als da er nach ſeiner erbarmenden Guͤte ſchaffte, daß dieſe Tage und Naͤchte, vor welche ich am meiſten beſorget geweſen, gar leidlich und ertraͤglich waren. Hingegen kam der groͤſte Sturm gantz zu einer andern Zeit, und da ich michs am wenigſten ver- ſahe, und ſo gar etliche Wochen eher uͤber mich. Die Staͤrckung am Sonntage Oculi, war eine rechte Seelen-Artzney vor mich geweſen, mich deſto beſſer auf dieſes Wetter der Truͤbſaal zu ver- wahren, daß ich ſolches deſto beſſer ausſtehen moͤchte. Jch ließ Montags drauf auf Einra- then des Medici, da ich ſo viel Hitz im Kopffe hatte, daß mir auch, welches lange Zeit nicht geſchehen war, die Naſe zu bluten anfieng, wie etlichen andern Leuten zu ſolcher Zeit auch ge- ſchahe, zur Ader. Nun ſo ſchwach andere Leute auf Aderlaßen werden, ſo befinde ich mich alle- mahl ſtaͤrcker als zuvor, ſowol im Leibe als Ge- muͤthe. Nur hab ich es iederzeit darinnen ver- ſehen, daß ich alsdenn nicht einige Tage darauf des Morgens und um Veſper-Zeit an ſtatt der warmen Waſſer-Getraͤncke, lieber einen Trunck Wein, oder ein ſtarckes Bier erwehlet, bis mich nun die Erfahrung ſeit dem zu etlichen mahlen gelehret, daß um ſolche Zeit die Waſſer- Getraͤncke manche Menſchen hoͤchſt ſchwach, und die Gedancken hoͤchſt fluͤchtig machen. Diß geſchah

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/763
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 717. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/763>, abgerufen am 24.11.2024.