bey mir zu behalten. Damit gieng das Feuer der Sorge und der Angst bey mir an: beydes lag mir hart an, und konte zu keinem Entschluß kommen, und solte doch noch an demselben Tage den Schluß machen. Je kürtzer die Zeit war, ie schneller lieffen die Gedancken, und Argumenta herüber und hinüber. Jch wuste kaum, wie ich in die Kirche kommen solte. Alß ich hineinkam, machte der Prediger den ersten Eingang von dem feurigen Busch, der da brennete, und doch nicht verbrennete, und applicirte densel- ben sowohl auf die Kirche CHristi überhaupt, als auf ieden angefochtenen Christen insonderheit. Jch dachte: du bist ietzt dieser brennende Busch, GOtt helffe, daß er in dieser Hitze nicht verbrenne. Nach der Mahlzeit, da ich Bier und Wein getruncken, hörte die Plage gu- ten Theils auf; indem mir die Argumenta genug schienen, die ich hatte, dißmahl noch an keine Veränderung zu gedencken, sondern solche bis auf Michael aufzuschieben, und inzwischen dem Ubel und dem Dinge auf andere Weise, und durch gute Anstalten abzuhelffen: Nach dem Vesper-Caffee aber gieng die Plage wieder an, und den andern Morgen früh, da die Zeit vor- bey war, und die Aenderung meines Vorsatzes, mich in Zanck, Verdrüßlichkeit und Weitläuff- tigkeit würde versetzt haben, tobete mein Gemüthe
noch
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unter großer Angſt,
bey mir zu behalten. Damit gieng das Feuer der Sorge und der Angſt bey mir an: beydes lag mir hart an, und konte zu keinem Entſchluß kommen, und ſolte doch noch an demſelben Tage den Schluß machen. Je kuͤrtzer die Zeit war, ie ſchneller lieffen die Gedancken, und Argumenta heruͤber und hinuͤber. Jch wuſte kaum, wie ich in die Kirche kommen ſolte. Alß ich hineinkam, machte der Prediger den erſten Eingang von dem feurigen Buſch, der da brennete, und doch nicht verbrennete, und applicirte denſel- ben ſowohl auf die Kirche CHriſti uͤberhaupt, als auf ieden angefochtenen Chriſten inſonderheit. Jch dachte: du biſt ietzt dieſer brennende Buſch, GOtt helffe, daß er in dieſer Hitze nicht verbrenne. Nach der Mahlzeit, da ich Bier und Wein getruncken, hoͤrte die Plage gu- ten Theils auf; indem mir die Argumenta genug ſchienen, die ich hatte, dißmahl noch an keine Veraͤnderung zu gedencken, ſondern ſolche bis auf Michael aufzuſchieben, und inzwiſchen dem Ubel und dem Dinge auf andere Weiſe, und durch gute Anſtalten abzuhelffen: Nach dem Veſper-Caffée aber gieng die Plage wieder an, und den andern Morgen fruͤh, da die Zeit vor- bey war, und die Aenderung meines Vorſatzes, mich in Zanck, Verdruͤßlichkeit und Weitlaͤuff- tigkeit wuͤrde verſetzt haben, tobete mein Gemuͤthe
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unter großer Angſt,
bey mir zu behalten. Damit gieng das Feuer
der Sorge und der Angſt bey mir an: beydes
lag mir hart an, und konte zu keinem Entſchluß
kommen, und ſolte doch noch an demſelben Tage
den Schluß machen. Je kuͤrtzer die Zeit war,
ie ſchneller lieffen die Gedancken, und Argumenta
heruͤber und hinuͤber. Jch wuſte kaum, wie ich
in die Kirche kommen ſolte. Alß ich hineinkam,
machte der Prediger den erſten Eingang von
dem feurigen Buſch, der da brennete, und
doch nicht verbrennete, und applicirte denſel-
ben ſowohl auf die Kirche CHriſti uͤberhaupt, als
auf ieden angefochtenen Chriſten inſonderheit.
Jch dachte: du biſt ietzt dieſer brennende
Buſch, GOtt helffe, daß er in dieſer Hitze
nicht verbrenne. Nach der Mahlzeit, da ich
Bier und Wein getruncken, hoͤrte die Plage gu-
ten Theils auf; indem mir die Argumenta genug
ſchienen, die ich hatte, dißmahl noch an keine
Veraͤnderung zu gedencken, ſondern ſolche bis
auf Michael aufzuſchieben, und inzwiſchen dem
Ubel und dem Dinge auf andere Weiſe, und
durch gute Anſtalten abzuhelffen: Nach dem
Veſper-Caffée aber gieng die Plage wieder an,
und den andern Morgen fruͤh, da die Zeit vor-
bey war, und die Aenderung meines Vorſatzes,
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 727. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/773>, abgerufen am 24.11.2024.
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