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Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Herrn Pastor, und kein Mensch wußte oder hat je erfahren, wer sie gewesen sind? Das waren vornehme reiche Leute, die so viel vermögen; schön wie die Engel und prächtig angezogen, als wenn sie zum Tanze wollten, und half ihnen Alles nichts. Erzählte nicht die Frau Pfarrerin, wie sich der junge Herr vor ihrem Mann auf die Knie geworfen und ihm zweitausend Thaler geboten hätte, wenn er ihn mit der schönen Dame trauen wollte? Aber der Herr Pastor hat nicht gewollt, denn es wäre doch bekannt worden, und dann hätten sie ihn abgesetzt. Und haben wir nicht nachher gehört, daß dieselben Herrschaften schon sechs Stunden lang in der Haide herumgefahren waren und es überall versucht hatten, und die Prediger hatten sie alle fortgeschickt? Wenn so reiche Leute das nicht erlangen konnten, was sollen wir hoffen? -- Fritz hatte keine Antwort darauf, er sagte weiter nichts als: Das ist doch erschrecklich! Aber plötzlich rief er: Lieschen, mir fällt was ein. Neulich kam die Botenfrau von Emmede ins Dorf und sprach bei mir vor und bat mich, weil es so regnete, ob sie ihren Korb nicht dürfte bei mir stehen lassen, sie wollte rund umgehen und fragen, ob einer was in der Stadt zu besorgen hätte. Ich sagte: i ja, warum denn nicht? und weil ich just nichts Andres vorhatte, als meine Jacke von alle Tage zu flicken, guckte ich ein Buch an, was oben auf ihrem Korbe lag; das schickte der Herr Pastor von Emmede wieder nach der Stadt. Es sah nicht hübsch aus und

Herrn Pastor, und kein Mensch wußte oder hat je erfahren, wer sie gewesen sind? Das waren vornehme reiche Leute, die so viel vermögen; schön wie die Engel und prächtig angezogen, als wenn sie zum Tanze wollten, und half ihnen Alles nichts. Erzählte nicht die Frau Pfarrerin, wie sich der junge Herr vor ihrem Mann auf die Knie geworfen und ihm zweitausend Thaler geboten hätte, wenn er ihn mit der schönen Dame trauen wollte? Aber der Herr Pastor hat nicht gewollt, denn es wäre doch bekannt worden, und dann hätten sie ihn abgesetzt. Und haben wir nicht nachher gehört, daß dieselben Herrschaften schon sechs Stunden lang in der Haide herumgefahren waren und es überall versucht hatten, und die Prediger hatten sie alle fortgeschickt? Wenn so reiche Leute das nicht erlangen konnten, was sollen wir hoffen? — Fritz hatte keine Antwort darauf, er sagte weiter nichts als: Das ist doch erschrecklich! Aber plötzlich rief er: Lieschen, mir fällt was ein. Neulich kam die Botenfrau von Emmede ins Dorf und sprach bei mir vor und bat mich, weil es so regnete, ob sie ihren Korb nicht dürfte bei mir stehen lassen, sie wollte rund umgehen und fragen, ob einer was in der Stadt zu besorgen hätte. Ich sagte: i ja, warum denn nicht? und weil ich just nichts Andres vorhatte, als meine Jacke von alle Tage zu flicken, guckte ich ein Buch an, was oben auf ihrem Korbe lag; das schickte der Herr Pastor von Emmede wieder nach der Stadt. Es sah nicht hübsch aus und

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt, c/o Prof. Dr. Thomas Weitin, TU Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-10T13:46:34Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/41>, abgerufen am 21.11.2024.