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Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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mand antwortete. Hier ist er nicht, dachte er, er muß weiterhin sein. Er ging von Bienenstock zu Bienenstock, wohl eine Stunde Weges im Kreise herum und fand ihn nicht; da bemerkte er in der Ferne einen Trupp Eichen, das sicherste Zeichen des Wassers in dieser Einöde. Er schritt darauf zu; wohl lag in ihrem Schatten verwittertes Stroh, wohl war das Kraut im Kreise niedergetreten, hier hatte es gestanden, des Immekers wanderndes Haus, aber es war schon weiter weggetragen; verdrießlich warf Fritz sich auf das kurze Gestrüpp und legte den Kopf in die Hand, müde vom Gehen und des Tages Hitze; rechts und links um ihn summten die Bienen in der rothen, blühenden Haide und hatten ihr Reich ganz allein. Ihm ward in dieser Einsamkeit so wohl und weh; ach, dachte er, summt ihr nur, ihr habt keinen Kummer und keinen Schmerz! Als er sich ein wenig ausgeruht hatte, hungerte ihn, er langte ein Stück Brod und Käse aus der Tasche, wickelte das Tuch auf, in das er es sauber gebunden, und aß, aber die Bissen wollten nicht hinunter; ein kleiner Finke saß in der Eiche über ihm und zwitscherte und war froh; das that ihm weh, er stand auf, sich weiter weg zu legen, und trat an den Moorbach, der sich unter Bäumen hinwand. Er mußte erst die Menge weißer und gelber Wasserlilien und die blühende Conserve bei Seite schieben, die ihn bedeckte, eh' er das Wasser mit der Hand erreichen konnte, dann trank er, warf sich am Ufer nieder und ruhte noch eine Weile.

mand antwortete. Hier ist er nicht, dachte er, er muß weiterhin sein. Er ging von Bienenstock zu Bienenstock, wohl eine Stunde Weges im Kreise herum und fand ihn nicht; da bemerkte er in der Ferne einen Trupp Eichen, das sicherste Zeichen des Wassers in dieser Einöde. Er schritt darauf zu; wohl lag in ihrem Schatten verwittertes Stroh, wohl war das Kraut im Kreise niedergetreten, hier hatte es gestanden, des Immekers wanderndes Haus, aber es war schon weiter weggetragen; verdrießlich warf Fritz sich auf das kurze Gestrüpp und legte den Kopf in die Hand, müde vom Gehen und des Tages Hitze; rechts und links um ihn summten die Bienen in der rothen, blühenden Haide und hatten ihr Reich ganz allein. Ihm ward in dieser Einsamkeit so wohl und weh; ach, dachte er, summt ihr nur, ihr habt keinen Kummer und keinen Schmerz! Als er sich ein wenig ausgeruht hatte, hungerte ihn, er langte ein Stück Brod und Käse aus der Tasche, wickelte das Tuch auf, in das er es sauber gebunden, und aß, aber die Bissen wollten nicht hinunter; ein kleiner Finke saß in der Eiche über ihm und zwitscherte und war froh; das that ihm weh, er stand auf, sich weiter weg zu legen, und trat an den Moorbach, der sich unter Bäumen hinwand. Er mußte erst die Menge weißer und gelber Wasserlilien und die blühende Conserve bei Seite schieben, die ihn bedeckte, eh' er das Wasser mit der Hand erreichen konnte, dann trank er, warf sich am Ufer nieder und ruhte noch eine Weile.

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[0053] mand antwortete. Hier ist er nicht, dachte er, er muß weiterhin sein. Er ging von Bienenstock zu Bienenstock, wohl eine Stunde Weges im Kreise herum und fand ihn nicht; da bemerkte er in der Ferne einen Trupp Eichen, das sicherste Zeichen des Wassers in dieser Einöde. Er schritt darauf zu; wohl lag in ihrem Schatten verwittertes Stroh, wohl war das Kraut im Kreise niedergetreten, hier hatte es gestanden, des Immekers wanderndes Haus, aber es war schon weiter weggetragen; verdrießlich warf Fritz sich auf das kurze Gestrüpp und legte den Kopf in die Hand, müde vom Gehen und des Tages Hitze; rechts und links um ihn summten die Bienen in der rothen, blühenden Haide und hatten ihr Reich ganz allein. Ihm ward in dieser Einsamkeit so wohl und weh; ach, dachte er, summt ihr nur, ihr habt keinen Kummer und keinen Schmerz! Als er sich ein wenig ausgeruht hatte, hungerte ihn, er langte ein Stück Brod und Käse aus der Tasche, wickelte das Tuch auf, in das er es sauber gebunden, und aß, aber die Bissen wollten nicht hinunter; ein kleiner Finke saß in der Eiche über ihm und zwitscherte und war froh; das that ihm weh, er stand auf, sich weiter weg zu legen, und trat an den Moorbach, der sich unter Bäumen hinwand. Er mußte erst die Menge weißer und gelber Wasserlilien und die blühende Conserve bei Seite schieben, die ihn bedeckte, eh' er das Wasser mit der Hand erreichen konnte, dann trank er, warf sich am Ufer nieder und ruhte noch eine Weile.

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt, c/o Prof. Dr. Thomas Weitin, TU Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-10T13:46:34Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget: conversion of OCR output to TEI-conformant markup and general correction. (2017-03-10T13:46:34Z)
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Zitationshilfe: Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/53>, abgerufen am 21.05.2024.