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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 7. 8. 9. Die Todesstrafe.
meine Rechtsüberzeugung geweiht sind, und in dem Glauben an ihrem
Werth und ihrer Dauer keine sichere Stütze finden. Im Allgemeinen
muß aber doch das als allgemeine Regel gelten, daß das Verbrechen
gegen das Ganze schwerer zu ahnden ist als das gegen den Einzelnen
begangene, und daß denjenigen die höchste Strafe treffen muß, welcher
den Staat in seiner Existenz und Integrität gefährdet. Oft mag aber
auch bei denen, welche die Todesstrafe bei politischen Verbrechen aus-
schließen wollen, die Unbestimmtheit des Begriffs dieser Verbrechen ein-
wirken; obgleich doch z. B. der Landesverrath gewiß dahin gehört, und
wenn irgendwo, die Todesstrafe hier begründet sein kann. -- Daß die-
selbe, namentlich bei politischen Verbrechen, so selten wie irgend thun-
lich, vollzogen werde, ist ein naheliegender Wunsch; aber die Möglich-
keit ihrer Anwendung kann nicht wohl aufgegeben werden.

In dem Gesetzbuch kommt die Todesstrafe bei folgenden Verbrechen
zur Anwendung:

1) bei dem Hochverrath, wenn das Verbrechen vollendet worden,
s. §. 61. 62.
2) bei dem Landesverrath, in besonders schweren Fällen, s. §. 67.
68. 69.
3) bei einer Thätlichkeit gegen die Person des Königs, jedoch nur
in den schwereren Fällen, s. §. 74.
4) bei dem Morde, §. 175.
5) bei dem Todtschlage, der in der Ausführung eines Verbrechens
(§. 178.) oder an einem leiblichen Verwandten aufsteigender
Linie verübt wird (§. 179.).
6) bei gewissen gemeingefährlichen Verbrechen, Brandstiftung, Ueber-
schwemmung u. s. w., wenn ein Mensch dadurch das Leben ver-
loren hat, §. 285. 290. 294. 302. 303. 304.

Ist die Handlung gegen eine Telegraphenanstalt verübt, so tritt
wegen des geringeren Grades der gemeinen Gefahr in diesem Fall die
Todesstrafe nicht ein, §. 297., und selbst bei der Nothzucht und der
Vergiftung soll, wenn die Absicht nicht auf Tödtung ging, obgleich diese
erfolgt ist, nur auf lebenslängliches Zuchthaus erkannt werden, §. 144.
197. Den Grund dieser Bestimmung muß man eben darin suchen, daß
der Begriff der gemeinen Gefahr hier keine Anwendung findet.

I. Nach dem Gesetzbuch §. 7. ist mit der Todesstrafe zugleich
auf den Verlust der bürgerlichen Ehre zu erkennen, und zwar

1) wenn dieß für einzelne Fälle im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist.

Das ist geschehen

a. bei dem Hochverrath, im Fall der Gefährdung des Le-
bens, der Gesundheit oder der Freiheit des Königs, §. 61.;


§§. 7. 8. 9. Die Todesſtrafe.
meine Rechtsüberzeugung geweiht ſind, und in dem Glauben an ihrem
Werth und ihrer Dauer keine ſichere Stütze finden. Im Allgemeinen
muß aber doch das als allgemeine Regel gelten, daß das Verbrechen
gegen das Ganze ſchwerer zu ahnden iſt als das gegen den Einzelnen
begangene, und daß denjenigen die höchſte Strafe treffen muß, welcher
den Staat in ſeiner Exiſtenz und Integrität gefährdet. Oft mag aber
auch bei denen, welche die Todesſtrafe bei politiſchen Verbrechen aus-
ſchließen wollen, die Unbeſtimmtheit des Begriffs dieſer Verbrechen ein-
wirken; obgleich doch z. B. der Landesverrath gewiß dahin gehört, und
wenn irgendwo, die Todesſtrafe hier begründet ſein kann. — Daß die-
ſelbe, namentlich bei politiſchen Verbrechen, ſo ſelten wie irgend thun-
lich, vollzogen werde, iſt ein naheliegender Wunſch; aber die Möglich-
keit ihrer Anwendung kann nicht wohl aufgegeben werden.

In dem Geſetzbuch kommt die Todesſtrafe bei folgenden Verbrechen
zur Anwendung:

1) bei dem Hochverrath, wenn das Verbrechen vollendet worden,
ſ. §. 61. 62.
2) bei dem Landesverrath, in beſonders ſchweren Fällen, ſ. §. 67.
68. 69.
3) bei einer Thätlichkeit gegen die Perſon des Königs, jedoch nur
in den ſchwereren Fällen, ſ. §. 74.
4) bei dem Morde, §. 175.
5) bei dem Todtſchlage, der in der Ausführung eines Verbrechens
(§. 178.) oder an einem leiblichen Verwandten aufſteigender
Linie verübt wird (§. 179.).
6) bei gewiſſen gemeingefährlichen Verbrechen, Brandſtiftung, Ueber-
ſchwemmung u. ſ. w., wenn ein Menſch dadurch das Leben ver-
loren hat, §. 285. 290. 294. 302. 303. 304.

Iſt die Handlung gegen eine Telegraphenanſtalt verübt, ſo tritt
wegen des geringeren Grades der gemeinen Gefahr in dieſem Fall die
Todesſtrafe nicht ein, §. 297., und ſelbſt bei der Nothzucht und der
Vergiftung ſoll, wenn die Abſicht nicht auf Tödtung ging, obgleich dieſe
erfolgt iſt, nur auf lebenslängliches Zuchthaus erkannt werden, §. 144.
197. Den Grund dieſer Beſtimmung muß man eben darin ſuchen, daß
der Begriff der gemeinen Gefahr hier keine Anwendung findet.

I. Nach dem Geſetzbuch §. 7. iſt mit der Todesſtrafe zugleich
auf den Verluſt der bürgerlichen Ehre zu erkennen, und zwar

1) wenn dieß für einzelne Fälle im Geſetz ausdrücklich beſtimmt iſt.

Das iſt geſchehen

a. bei dem Hochverrath, im Fall der Gefährdung des Le-
bens, der Geſundheit oder der Freiheit des Königs, §. 61.;


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[93/0103] §§. 7. 8. 9. Die Todesſtrafe. meine Rechtsüberzeugung geweiht ſind, und in dem Glauben an ihrem Werth und ihrer Dauer keine ſichere Stütze finden. Im Allgemeinen muß aber doch das als allgemeine Regel gelten, daß das Verbrechen gegen das Ganze ſchwerer zu ahnden iſt als das gegen den Einzelnen begangene, und daß denjenigen die höchſte Strafe treffen muß, welcher den Staat in ſeiner Exiſtenz und Integrität gefährdet. Oft mag aber auch bei denen, welche die Todesſtrafe bei politiſchen Verbrechen aus- ſchließen wollen, die Unbeſtimmtheit des Begriffs dieſer Verbrechen ein- wirken; obgleich doch z. B. der Landesverrath gewiß dahin gehört, und wenn irgendwo, die Todesſtrafe hier begründet ſein kann. — Daß die- ſelbe, namentlich bei politiſchen Verbrechen, ſo ſelten wie irgend thun- lich, vollzogen werde, iſt ein naheliegender Wunſch; aber die Möglich- keit ihrer Anwendung kann nicht wohl aufgegeben werden. In dem Geſetzbuch kommt die Todesſtrafe bei folgenden Verbrechen zur Anwendung: 1) bei dem Hochverrath, wenn das Verbrechen vollendet worden, ſ. §. 61. 62. 2) bei dem Landesverrath, in beſonders ſchweren Fällen, ſ. §. 67. 68. 69. 3) bei einer Thätlichkeit gegen die Perſon des Königs, jedoch nur in den ſchwereren Fällen, ſ. §. 74. 4) bei dem Morde, §. 175. 5) bei dem Todtſchlage, der in der Ausführung eines Verbrechens (§. 178.) oder an einem leiblichen Verwandten aufſteigender Linie verübt wird (§. 179.). 6) bei gewiſſen gemeingefährlichen Verbrechen, Brandſtiftung, Ueber- ſchwemmung u. ſ. w., wenn ein Menſch dadurch das Leben ver- loren hat, §. 285. 290. 294. 302. 303. 304. Iſt die Handlung gegen eine Telegraphenanſtalt verübt, ſo tritt wegen des geringeren Grades der gemeinen Gefahr in dieſem Fall die Todesſtrafe nicht ein, §. 297., und ſelbſt bei der Nothzucht und der Vergiftung ſoll, wenn die Abſicht nicht auf Tödtung ging, obgleich dieſe erfolgt iſt, nur auf lebenslängliches Zuchthaus erkannt werden, §. 144. 197. Den Grund dieſer Beſtimmung muß man eben darin ſuchen, daß der Begriff der gemeinen Gefahr hier keine Anwendung findet. I. Nach dem Geſetzbuch §. 7. iſt mit der Todesſtrafe zugleich auf den Verluſt der bürgerlichen Ehre zu erkennen, und zwar 1) wenn dieß für einzelne Fälle im Geſetz ausdrücklich beſtimmt iſt. Das iſt geſchehen a. bei dem Hochverrath, im Fall der Gefährdung des Le- bens, der Geſundheit oder der Freiheit des Königs, §. 61.;

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/103>, abgerufen am 27.11.2024.