Th. I. Bestrafung d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. I. Von d. Strafen.
Staates ausgeübt wird, so ist die konfiscirte Sache dem Fiskus zu- zusprechen.
IV. Die Konfiskation ist als eine Strafe, wenn auch nur als Nebenstrafe aufgefaßt; sie tritt daher nur ein, wenn im Strafurtheil ausdrücklich darauf erkannt wird; vergl. unten §. 20. Dieß ist im Strafgesetzbuch in allen Fällen, wo die Konfiskation vorkommt, auch bestimmt ausgedrückt; s. z. B. §. 277.
V. Auch bei den durch die Presse begangenen und den verwandten Verbrechen und Vergehen hätte man sich mit der Konfiskation der straf- bar befundenen Erzeugnisse begnügen können; das Gesetzbuch schreibt aber die gänzliche oder theilweise Vernichtung der vorfindlichen Exem- plare und der zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen vor. Daß hierunter nicht die Typen und ähnliche in wechselnder Zusammen- setzung zur Darstellung geistiger Erzeugnisse bestimmten Gegenstände zu rechnen sind, bedarf für denjenigen, der gewohnt ist, Rechtsfragen vom Standpunkte einer gesunden Jurisprudenz zu beurtheilen, keiner weiteren Ausführung. Es knüpfte sich aber in der Kommission der zweiten Kammer an die beiden letzten Absätze des §. 19. eine andere Erörterung. Indem nämlich in der Regierungsvorlage die Worte: "im Straf- urtheile zugleich" fehlten, entstand die Frage, ob nicht durch diese Bestimmung die Staatsanwaltschaft ermächtigt werde, auch in solchen Fällen, wo sie wegen des Inhalts einer Schrift, Abbildung oder Dar- stellung eine bestimmte Person nicht verfolgt, die Vernichtung der vor- gefundenen Exemplare und der dazu bestimmten Platten und Formen zu beantragen, und ob nicht der Richter in einem solchen Falle, ohne einen Angeschuldigten vor sich zu haben, lediglich über diesen Antrag erkennen müsse?
In der Kommission war man allseitig darüber einig, daß ein sol- ches -- jedenfalls abnormes -- Verfahren, wenn dessen Nothwendigkeit auch unter Umständen anzuerkennen sein sollte, nicht in dem allgemei- nen Strafgesetzbuch, sondern nur in dem speziellen Preßgesetze ange- ordnet werden könne. q) Indem man daher jene Worte: "im Straf- urtheile zugleich" hinzufügte, wollte man eben nur ausdrücken, daß jenes Erkenntniß auf die Vernichtung ein Strafurtheil gegen einen be- stimmten Angeschuldigten voraussetze. r) Auch in einem solchen ist aber nur dann jenes Erkenntniß auf die Vernichtung auszusprechen, "wenn der Inhalt der Schrift u. s. w. sich als Thatbestand einer strafbaren
q) Im Preßgesetz vom 12. Mai 1851. §. 50. findet sich in der That dieses Verfahren angeordnet.
r)Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 19.
Th. I. Beſtrafung d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. I. Von d. Strafen.
Staates ausgeübt wird, ſo iſt die konfiscirte Sache dem Fiskus zu- zuſprechen.
IV. Die Konfiskation iſt als eine Strafe, wenn auch nur als Nebenſtrafe aufgefaßt; ſie tritt daher nur ein, wenn im Strafurtheil ausdrücklich darauf erkannt wird; vergl. unten §. 20. Dieß iſt im Strafgeſetzbuch in allen Fällen, wo die Konfiskation vorkommt, auch beſtimmt ausgedrückt; ſ. z. B. §. 277.
V. Auch bei den durch die Preſſe begangenen und den verwandten Verbrechen und Vergehen hätte man ſich mit der Konfiskation der ſtraf- bar befundenen Erzeugniſſe begnügen können; das Geſetzbuch ſchreibt aber die gänzliche oder theilweiſe Vernichtung der vorfindlichen Exem- plare und der zu ihrer Herſtellung beſtimmten Platten und Formen vor. Daß hierunter nicht die Typen und ähnliche in wechſelnder Zuſammen- ſetzung zur Darſtellung geiſtiger Erzeugniſſe beſtimmten Gegenſtände zu rechnen ſind, bedarf für denjenigen, der gewohnt iſt, Rechtsfragen vom Standpunkte einer geſunden Jurisprudenz zu beurtheilen, keiner weiteren Ausführung. Es knüpfte ſich aber in der Kommiſſion der zweiten Kammer an die beiden letzten Abſätze des §. 19. eine andere Erörterung. Indem nämlich in der Regierungsvorlage die Worte: „im Straf- urtheile zugleich“ fehlten, entſtand die Frage, ob nicht durch dieſe Beſtimmung die Staatsanwaltſchaft ermächtigt werde, auch in ſolchen Fällen, wo ſie wegen des Inhalts einer Schrift, Abbildung oder Dar- ſtellung eine beſtimmte Perſon nicht verfolgt, die Vernichtung der vor- gefundenen Exemplare und der dazu beſtimmten Platten und Formen zu beantragen, und ob nicht der Richter in einem ſolchen Falle, ohne einen Angeſchuldigten vor ſich zu haben, lediglich über dieſen Antrag erkennen müſſe?
In der Kommiſſion war man allſeitig darüber einig, daß ein ſol- ches — jedenfalls abnormes — Verfahren, wenn deſſen Nothwendigkeit auch unter Umſtänden anzuerkennen ſein ſollte, nicht in dem allgemei- nen Strafgeſetzbuch, ſondern nur in dem ſpeziellen Preßgeſetze ange- ordnet werden könne. q) Indem man daher jene Worte: „im Straf- urtheile zugleich“ hinzufügte, wollte man eben nur ausdrücken, daß jenes Erkenntniß auf die Vernichtung ein Strafurtheil gegen einen be- ſtimmten Angeſchuldigten vorausſetze. r) Auch in einem ſolchen iſt aber nur dann jenes Erkenntniß auf die Vernichtung auszuſprechen, „wenn der Inhalt der Schrift u. ſ. w. ſich als Thatbeſtand einer ſtrafbaren
q) Im Preßgeſetz vom 12. Mai 1851. §. 50. findet ſich in der That dieſes Verfahren angeordnet.
r)Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 19.
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Th. I. Beſtrafung d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. I. Von d.
Strafen.
Staates ausgeübt wird, ſo iſt die konfiscirte Sache dem Fiskus zu-
zuſprechen.
IV. Die Konfiskation iſt als eine Strafe, wenn auch nur als
Nebenſtrafe aufgefaßt; ſie tritt daher nur ein, wenn im Strafurtheil
ausdrücklich darauf erkannt wird; vergl. unten §. 20. Dieß iſt im
Strafgeſetzbuch in allen Fällen, wo die Konfiskation vorkommt, auch
beſtimmt ausgedrückt; ſ. z. B. §. 277.
V. Auch bei den durch die Preſſe begangenen und den verwandten
Verbrechen und Vergehen hätte man ſich mit der Konfiskation der ſtraf-
bar befundenen Erzeugniſſe begnügen können; das Geſetzbuch ſchreibt
aber die gänzliche oder theilweiſe Vernichtung der vorfindlichen Exem-
plare und der zu ihrer Herſtellung beſtimmten Platten und Formen vor.
Daß hierunter nicht die Typen und ähnliche in wechſelnder Zuſammen-
ſetzung zur Darſtellung geiſtiger Erzeugniſſe beſtimmten Gegenſtände zu
rechnen ſind, bedarf für denjenigen, der gewohnt iſt, Rechtsfragen vom
Standpunkte einer geſunden Jurisprudenz zu beurtheilen, keiner weiteren
Ausführung. Es knüpfte ſich aber in der Kommiſſion der zweiten
Kammer an die beiden letzten Abſätze des §. 19. eine andere Erörterung.
Indem nämlich in der Regierungsvorlage die Worte: „im Straf-
urtheile zugleich“ fehlten, entſtand die Frage, ob nicht durch dieſe
Beſtimmung die Staatsanwaltſchaft ermächtigt werde, auch in ſolchen
Fällen, wo ſie wegen des Inhalts einer Schrift, Abbildung oder Dar-
ſtellung eine beſtimmte Perſon nicht verfolgt, die Vernichtung der vor-
gefundenen Exemplare und der dazu beſtimmten Platten und Formen
zu beantragen, und ob nicht der Richter in einem ſolchen Falle, ohne
einen Angeſchuldigten vor ſich zu haben, lediglich über dieſen Antrag
erkennen müſſe?
In der Kommiſſion war man allſeitig darüber einig, daß ein ſol-
ches — jedenfalls abnormes — Verfahren, wenn deſſen Nothwendigkeit
auch unter Umſtänden anzuerkennen ſein ſollte, nicht in dem allgemei-
nen Strafgeſetzbuch, ſondern nur in dem ſpeziellen Preßgeſetze ange-
ordnet werden könne. q) Indem man daher jene Worte: „im Straf-
urtheile zugleich“ hinzufügte, wollte man eben nur ausdrücken, daß
jenes Erkenntniß auf die Vernichtung ein Strafurtheil gegen einen be-
ſtimmten Angeſchuldigten vorausſetze. r) Auch in einem ſolchen iſt aber
nur dann jenes Erkenntniß auf die Vernichtung auszuſprechen, „wenn
der Inhalt der Schrift u. ſ. w. ſich als Thatbeſtand einer ſtrafbaren
q) Im Preßgeſetz vom 12. Mai 1851. §. 50. findet ſich in der That dieſes
Verfahren angeordnet.
r) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 19.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/132>, abgerufen am 30.11.2024.
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