Th. I. Bestrafung d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. I. Von d. Strafen.
§. 22.
Die Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit hat den Verlust aller aus früheren öffentlichen Wahlen für den Verurtheilten her- vorgegangenen Rechte, ingleichen den Verlust der öffentlichen Aemter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen, sowie den Verlust des Adels von Rechtswegen zur Folge. Die Entfernung aus der Armee tritt ein, soweit die Militairgesetze dies vorschreiben.
Die Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit oder, wie man wohl in kürzerem Ausdruck diese Strafe gewöhnlich bezeichnen wird, die (zeitige) Untersagung der (bürgerlichen) Ehrenrechte, muß entweder neben einer anderen Strafe erkannt werden, oder es ist dem Richter überlassen, sie hinzuzufügen oder wegzulassen. Außer den Fällen der §§. 63. und 64. kommt sie nur in Verbindung mit der Ge- fängnißstrafe vor.
A. Sie muß erkannt werden in folgenden Fällen: wegen Fälschung u. s. w. von Wahl- und Stimmzetteln bei öffentlichen Wahlen (§. 85.); wegen vorsätzlicher Vernichtung öffentlich verwahrter Urkunden u. s. w., wenn die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht begangen worden (§. 106.); wegen Verstümmelung, zum Zweck, sich selbst oder einen Ande- ren zum Militairdienst untauglich zu machen (§. 113.); wenn unbefugt Leichen weggenommen, Gräber zerstört sind, falls der Handlung gewinnsüchtige Absicht zum Grunde lag (§. 137.); wegen widernatürlicher Unzucht (§. 143.); wegen gewohnheitsmäßiger oder eigennütziger Kuppelei (§. 147.); wegen Diebstahls (§. 216. 217.); beim qualificirten Diebstahl, wenn im Fall mildernder Umstände statt Zuchthausstrafe Gefängniß eintritt (§. 218.); wegen Unterschlagung (§. 227.); wegen Erpressung (§. 235.); wegen Hehlerei, und zwar wegen der einfachen (§. 237.), so wie bei der qualificirten dann, wenn im Fall mildernder Um- stände statt der Zuchthausstrafe Gefängniß eintritt (§. 238.); bei dem Betruge (§. 242. 243.); bei der Untreue (§. 246.); wegen Verfälschung u. s. w. von Stempelpapier, Postfreimar- ken und gestempelten Briefcouverts (§. 253.); wenn Aerzte, Wundärzte und andere Medizinalpersonen wider besseres Wissen unrichtige Zeugnisse ausstellen (§. 257.);
Th. I. Beſtrafung d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. I. Von d. Strafen.
§. 22.
Die Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit hat den Verluſt aller aus früheren öffentlichen Wahlen für den Verurtheilten her- vorgegangenen Rechte, ingleichen den Verluſt der öffentlichen Aemter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen, ſowie den Verluſt des Adels von Rechtswegen zur Folge. Die Entfernung aus der Armee tritt ein, ſoweit die Militairgeſetze dies vorſchreiben.
Die Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit oder, wie man wohl in kürzerem Ausdruck dieſe Strafe gewöhnlich bezeichnen wird, die (zeitige) Unterſagung der (bürgerlichen) Ehrenrechte, muß entweder neben einer anderen Strafe erkannt werden, oder es iſt dem Richter überlaſſen, ſie hinzuzufügen oder wegzulaſſen. Außer den Fällen der §§. 63. und 64. kommt ſie nur in Verbindung mit der Ge- fängnißſtrafe vor.
A. Sie muß erkannt werden in folgenden Fällen: wegen Fälſchung u. ſ. w. von Wahl- und Stimmzetteln bei öffentlichen Wahlen (§. 85.); wegen vorſätzlicher Vernichtung öffentlich verwahrter Urkunden u. ſ. w., wenn die Handlung in gewinnſüchtiger Abſicht begangen worden (§. 106.); wegen Verſtümmelung, zum Zweck, ſich ſelbſt oder einen Ande- ren zum Militairdienſt untauglich zu machen (§. 113.); wenn unbefugt Leichen weggenommen, Gräber zerſtört ſind, falls der Handlung gewinnſüchtige Abſicht zum Grunde lag (§. 137.); wegen widernatürlicher Unzucht (§. 143.); wegen gewohnheitsmäßiger oder eigennütziger Kuppelei (§. 147.); wegen Diebſtahls (§. 216. 217.); beim qualificirten Diebſtahl, wenn im Fall mildernder Umſtände ſtatt Zuchthausſtrafe Gefängniß eintritt (§. 218.); wegen Unterſchlagung (§. 227.); wegen Erpreſſung (§. 235.); wegen Hehlerei, und zwar wegen der einfachen (§. 237.), ſo wie bei der qualificirten dann, wenn im Fall mildernder Um- ſtände ſtatt der Zuchthausſtrafe Gefängniß eintritt (§. 238.); bei dem Betruge (§. 242. 243.); bei der Untreue (§. 246.); wegen Verfälſchung u. ſ. w. von Stempelpapier, Poſtfreimar- ken und geſtempelten Briefcouverts (§. 253.); wenn Aerzte, Wundärzte und andere Medizinalperſonen wider beſſeres Wiſſen unrichtige Zeugniſſe ausſtellen (§. 257.);
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Th. I. Beſtrafung d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. I. Von d. Strafen.
§. 22.
Die Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit hat
den Verluſt aller aus früheren öffentlichen Wahlen für den Verurtheilten her-
vorgegangenen Rechte, ingleichen den Verluſt der öffentlichen Aemter, Würden,
Titel, Orden und Ehrenzeichen, ſowie den Verluſt des Adels von Rechtswegen
zur Folge. Die Entfernung aus der Armee tritt ein, ſoweit die Militairgeſetze
dies vorſchreiben.
Die Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf
Zeit oder, wie man wohl in kürzerem Ausdruck dieſe Strafe gewöhnlich
bezeichnen wird, die (zeitige) Unterſagung der (bürgerlichen) Ehrenrechte,
muß entweder neben einer anderen Strafe erkannt werden, oder es iſt
dem Richter überlaſſen, ſie hinzuzufügen oder wegzulaſſen. Außer den
Fällen der §§. 63. und 64. kommt ſie nur in Verbindung mit der Ge-
fängnißſtrafe vor.
A. Sie muß erkannt werden in folgenden Fällen:
wegen Fälſchung u. ſ. w. von Wahl- und Stimmzetteln bei
öffentlichen Wahlen (§. 85.);
wegen vorſätzlicher Vernichtung öffentlich verwahrter Urkunden
u. ſ. w., wenn die Handlung in gewinnſüchtiger Abſicht
begangen worden (§. 106.);
wegen Verſtümmelung, zum Zweck, ſich ſelbſt oder einen Ande-
ren zum Militairdienſt untauglich zu machen (§. 113.);
wenn unbefugt Leichen weggenommen, Gräber zerſtört ſind,
falls der Handlung gewinnſüchtige Abſicht zum Grunde
lag (§. 137.);
wegen widernatürlicher Unzucht (§. 143.);
wegen gewohnheitsmäßiger oder eigennütziger Kuppelei (§. 147.);
wegen Diebſtahls (§. 216. 217.);
beim qualificirten Diebſtahl, wenn im Fall mildernder Umſtände
ſtatt Zuchthausſtrafe Gefängniß eintritt (§. 218.);
wegen Unterſchlagung (§. 227.);
wegen Erpreſſung (§. 235.);
wegen Hehlerei, und zwar wegen der einfachen (§. 237.), ſo
wie bei der qualificirten dann, wenn im Fall mildernder Um-
ſtände ſtatt der Zuchthausſtrafe Gefängniß eintritt (§. 238.);
bei dem Betruge (§. 242. 243.);
bei der Untreue (§. 246.);
wegen Verfälſchung u. ſ. w. von Stempelpapier, Poſtfreimar-
ken und geſtempelten Briefcouverts (§. 253.);
wenn Aerzte, Wundärzte und andere Medizinalperſonen wider
beſſeres Wiſſen unrichtige Zeugniſſe ausſtellen (§. 257.);
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/134>, abgerufen am 30.11.2024.
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