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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 21. 22. Zeitige Untersagung der bürgerlichen Ehrenrechte.
führten Rechte auszuüben, auch das in Folge einer solchen Berechtigung
früher erlangte Amt verliert. Indessen versteht es sich von selbst, daß
nach dem Ablauf der Strafzeit, auf welche die Untersagung ausgespro-
chen war, die volle Rechtsfähigkeit des Verurtheilten auch in dieser Be-
ziehung wieder eintritt. Hat er also vermöge seiner Stellung in der
Familie ein Recht, gewisse Funktionen für sich in Anspruch zu nehmen,
z. B. die Vormundschaft über seine Kinder, eine Stelle im Familienrath
als vollbürtiger Bruder, so kann er nun auch dieses Recht selbständig
geltend machen.

Daß übrigens auch bei der zeitigen Untersagung der bürgerlichen
Ehrenrechte eben so gut wie im Fall des Verlustes der bürgerlichen
Ehre die in §. 12. Nr. 5. hinzugefügte Bestimmung, daß über die
eigenen Kinder ausnahmsweise eine Vormundschaft u. s. w. des Ver-
urtheilten zugelassen werden kann, zur Anwendung kommt, wird hier
nur, um Mißverständnisse zu verhüten, ausdrücklich bemerkt.

3. Die Wirkung der zeitigen Untersagung der bürgerlichen Eh-
renrechte auf die Militairverhältnisse ist schon oben zu §. 12. erörtert
worden.

IV. Die Zeit, für welche eine solche Untersagung ausgesprochen
werden kann, ist mindestens Ein Jahr und höchstens 10 Jahre; wei-
tere Schranken in der Feststellung der Dauer sind dem Richter nicht
gesetzt.

Die Wirkungen der Untersagung beginnen mit der Rechtskraft des
Urtheils, in welchem sie ausgesprochen ist, so wie auch die Wirkungen
des Verlustes der bürgerlichen Ehre mit der rechtskräftigen Verurthei-
lung in die Zuchthausstrafe ihren Anfang nehmen. Die Dauer der
Strafe soll jedoch bei der Untersagung erst von dem Tage an berechnet
werden, an welchem die Freiheitsstrafe verbüßt ist. Dieß ist auch inso-
fern ganz konsequent, als ein Theil der Wirkungen, welche die Unter-
sagung mit sich führt, nicht wohl eintreten kann, so lange der Verur-
theilte gefangen ist. Indeß ist diese Berechnung in anderer Beziehung
doch auch eine Verlängerung der Strafe, und der Richter wird wohl
thun, dieß im einzelnen Fall bei deren Abmessung zu beachten. Ueber-
haupt ist aber zu erwarten, daß bei der Festsetzung der Dauer sowohl wie
überhaupt bei der Untersagung der Ehrenrechte, wo sie dem richterlichen
Ermessen überlassen ist, alle in Betracht kommende Umstände gehörig er-
wogen werden, und daß man namentlich den Anforderungen des öffent-
lichen Interesse gegenüber die Rücksichten auf den einzelnen Uebelthäter
nicht zu gering anschlägt. Denn kaum etwas erschwert es wohl so sehr
für den Verurtheilten, sich wieder zum nützlichen Mitgliede der bürger-

Beseler Kommentar. 9

§§. 21. 22. Zeitige Unterſagung der bürgerlichen Ehrenrechte.
führten Rechte auszuüben, auch das in Folge einer ſolchen Berechtigung
früher erlangte Amt verliert. Indeſſen verſteht es ſich von ſelbſt, daß
nach dem Ablauf der Strafzeit, auf welche die Unterſagung ausgeſpro-
chen war, die volle Rechtsfähigkeit des Verurtheilten auch in dieſer Be-
ziehung wieder eintritt. Hat er alſo vermöge ſeiner Stellung in der
Familie ein Recht, gewiſſe Funktionen für ſich in Anſpruch zu nehmen,
z. B. die Vormundſchaft über ſeine Kinder, eine Stelle im Familienrath
als vollbürtiger Bruder, ſo kann er nun auch dieſes Recht ſelbſtändig
geltend machen.

Daß übrigens auch bei der zeitigen Unterſagung der bürgerlichen
Ehrenrechte eben ſo gut wie im Fall des Verluſtes der bürgerlichen
Ehre die in §. 12. Nr. 5. hinzugefügte Beſtimmung, daß über die
eigenen Kinder ausnahmsweiſe eine Vormundſchaft u. ſ. w. des Ver-
urtheilten zugelaſſen werden kann, zur Anwendung kommt, wird hier
nur, um Mißverſtändniſſe zu verhüten, ausdrücklich bemerkt.

3. Die Wirkung der zeitigen Unterſagung der bürgerlichen Eh-
renrechte auf die Militairverhältniſſe iſt ſchon oben zu §. 12. erörtert
worden.

IV. Die Zeit, für welche eine ſolche Unterſagung ausgeſprochen
werden kann, iſt mindeſtens Ein Jahr und höchſtens 10 Jahre; wei-
tere Schranken in der Feſtſtellung der Dauer ſind dem Richter nicht
geſetzt.

Die Wirkungen der Unterſagung beginnen mit der Rechtskraft des
Urtheils, in welchem ſie ausgeſprochen iſt, ſo wie auch die Wirkungen
des Verluſtes der bürgerlichen Ehre mit der rechtskräftigen Verurthei-
lung in die Zuchthausſtrafe ihren Anfang nehmen. Die Dauer der
Strafe ſoll jedoch bei der Unterſagung erſt von dem Tage an berechnet
werden, an welchem die Freiheitsſtrafe verbüßt iſt. Dieß iſt auch inſo-
fern ganz konſequent, als ein Theil der Wirkungen, welche die Unter-
ſagung mit ſich führt, nicht wohl eintreten kann, ſo lange der Verur-
theilte gefangen iſt. Indeß iſt dieſe Berechnung in anderer Beziehung
doch auch eine Verlängerung der Strafe, und der Richter wird wohl
thun, dieß im einzelnen Fall bei deren Abmeſſung zu beachten. Ueber-
haupt iſt aber zu erwarten, daß bei der Feſtſetzung der Dauer ſowohl wie
überhaupt bei der Unterſagung der Ehrenrechte, wo ſie dem richterlichen
Ermeſſen überlaſſen iſt, alle in Betracht kommende Umſtände gehörig er-
wogen werden, und daß man namentlich den Anforderungen des öffent-
lichen Intereſſe gegenüber die Rückſichten auf den einzelnen Uebelthäter
nicht zu gering anſchlägt. Denn kaum etwas erſchwert es wohl ſo ſehr
für den Verurtheilten, ſich wieder zum nützlichen Mitgliede der bürger-

Beſeler Kommentar. 9
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[129/0139] §§. 21. 22. Zeitige Unterſagung der bürgerlichen Ehrenrechte. führten Rechte auszuüben, auch das in Folge einer ſolchen Berechtigung früher erlangte Amt verliert. Indeſſen verſteht es ſich von ſelbſt, daß nach dem Ablauf der Strafzeit, auf welche die Unterſagung ausgeſpro- chen war, die volle Rechtsfähigkeit des Verurtheilten auch in dieſer Be- ziehung wieder eintritt. Hat er alſo vermöge ſeiner Stellung in der Familie ein Recht, gewiſſe Funktionen für ſich in Anſpruch zu nehmen, z. B. die Vormundſchaft über ſeine Kinder, eine Stelle im Familienrath als vollbürtiger Bruder, ſo kann er nun auch dieſes Recht ſelbſtändig geltend machen. Daß übrigens auch bei der zeitigen Unterſagung der bürgerlichen Ehrenrechte eben ſo gut wie im Fall des Verluſtes der bürgerlichen Ehre die in §. 12. Nr. 5. hinzugefügte Beſtimmung, daß über die eigenen Kinder ausnahmsweiſe eine Vormundſchaft u. ſ. w. des Ver- urtheilten zugelaſſen werden kann, zur Anwendung kommt, wird hier nur, um Mißverſtändniſſe zu verhüten, ausdrücklich bemerkt. 3. Die Wirkung der zeitigen Unterſagung der bürgerlichen Eh- renrechte auf die Militairverhältniſſe iſt ſchon oben zu §. 12. erörtert worden. IV. Die Zeit, für welche eine ſolche Unterſagung ausgeſprochen werden kann, iſt mindeſtens Ein Jahr und höchſtens 10 Jahre; wei- tere Schranken in der Feſtſtellung der Dauer ſind dem Richter nicht geſetzt. Die Wirkungen der Unterſagung beginnen mit der Rechtskraft des Urtheils, in welchem ſie ausgeſprochen iſt, ſo wie auch die Wirkungen des Verluſtes der bürgerlichen Ehre mit der rechtskräftigen Verurthei- lung in die Zuchthausſtrafe ihren Anfang nehmen. Die Dauer der Strafe ſoll jedoch bei der Unterſagung erſt von dem Tage an berechnet werden, an welchem die Freiheitsſtrafe verbüßt iſt. Dieß iſt auch inſo- fern ganz konſequent, als ein Theil der Wirkungen, welche die Unter- ſagung mit ſich führt, nicht wohl eintreten kann, ſo lange der Verur- theilte gefangen iſt. Indeß iſt dieſe Berechnung in anderer Beziehung doch auch eine Verlängerung der Strafe, und der Richter wird wohl thun, dieß im einzelnen Fall bei deren Abmeſſung zu beachten. Ueber- haupt iſt aber zu erwarten, daß bei der Feſtſetzung der Dauer ſowohl wie überhaupt bei der Unterſagung der Ehrenrechte, wo ſie dem richterlichen Ermeſſen überlaſſen iſt, alle in Betracht kommende Umſtände gehörig er- wogen werden, und daß man namentlich den Anforderungen des öffent- lichen Intereſſe gegenüber die Rückſichten auf den einzelnen Uebelthäter nicht zu gering anſchlägt. Denn kaum etwas erſchwert es wohl ſo ſehr für den Verurtheilten, ſich wieder zum nützlichen Mitgliede der bürger- Beſeler Kommentar. 9

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/139>, abgerufen am 11.12.2024.