König, welche nicht unter den Begriff eines hochverrätherischen Unter- nehmens fallen, zu den Majestätsbeleidigungen zu rechnen sind. Mit Rücksicht auf den Thatbestand des letzteren Verbrechens ist daher in der Kommission der ersten Kammer erinnert worden, daß in diesem Titel nicht allein "Beleidigungen" der Majestät, sondern auch Thätlichkeiten und Körperverletzungen, welche dem Könige oder den Mitgliedern des Königlichen Hauses, auch ohne die Absicht, zu beleidigen, zugefügt worden, mit Strafen bedrohet sind, daß also die gewählte Ueberschrift zu enge erscheint und daß dieselbe vollständiger wohl dahin zu fassen gewesen wäre: "Körperverletzung und Beleidigung" u. s. w.
Im Schooße der Kommission wurde dieses Monitum als richtig anerkannt, aber doch nicht für erheblich genug erachtet, um einen zu Weiterungen führenden Abänderungsvorschlag darauf zu gründen. p)
Die Sache hat jedenfalls, da der Inhalt der gesetzlichen Vorschrif- ten klar ist, nur eine theoretische Bedeutung, es ließe sich aber doch für die Richtigkeit der Ueberschrift des Titels, wenigstens soweit derselbe sich auf die Majestätsbeleidigung bezieht, anführen, daß gerade dieser Aus- druck und der Thatbestand des Verbrechens von jeher in einem weiteren Sinne genommen worden ist, als andere Ehrverletzungen. Die Vor- schriften über die Beleidigungen der Mitglieder des Königlichen Hauses schließen sich aber nur ergänzend an jenes Hauptverbrechen an.
Die Abstufung, in welcher die Beleidigung der Majestät mit Strafe bedroht wird, ist nun folgende:
I. Thätlichkeit gegen die Person des Königs. Darauf ist die To- desstrafe gesetzt; jedoch soll in minder schweren Fällen auf Zuchthaus von zehn bis zu zwanzig Jahren und im Fall mildernder Umstände auf Einschließung von derselben Dauer erkannt werden (§. 74.)
II. Verletzung der Ehrfurcht gegen den König. Der Entwurf von 1847. §. 100-102. unterschied hier Drohung einer Thätlichkeit, vor- sätzliche Ehrverletzung, Verletzung der gebührenden Ehrfurcht, und hatte dafür verschiedene Strafbestimmungen. Die einfachere Behandlung des Vergehens in §. 75. mit dem geringen Minimum der Gefängnißstrafe von zwei Monaten ist als eine Verbesserung anzusehen.
Dagegen aber, daß es dem Richter freistehen soll, auch auf zeitige Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen, erhob sich in der Kommission der zweiten Kammer Widerspruch, indem, abgesehen von den Gründen, welche gegen die allzuhäufige Anwendung der Ehrenstrafen sprechen, besonders Gewicht darauf gelegt wurde, daß die Verordnung vom 30. Juni 1849. §. 20., welcher im Uebrigen die
p)Bericht der Kommission der ersten Kammer zu diesem Titel.
§§. 74. 75. Beleidigungen der Majeſtät.
König, welche nicht unter den Begriff eines hochverrätheriſchen Unter- nehmens fallen, zu den Majeſtätsbeleidigungen zu rechnen ſind. Mit Rückſicht auf den Thatbeſtand des letzteren Verbrechens iſt daher in der Kommiſſion der erſten Kammer erinnert worden, daß in dieſem Titel nicht allein „Beleidigungen“ der Majeſtät, ſondern auch Thätlichkeiten und Körperverletzungen, welche dem Könige oder den Mitgliedern des Königlichen Hauſes, auch ohne die Abſicht, zu beleidigen, zugefügt worden, mit Strafen bedrohet ſind, daß alſo die gewählte Ueberſchrift zu enge erſcheint und daß dieſelbe vollſtändiger wohl dahin zu faſſen geweſen wäre: „Körperverletzung und Beleidigung“ u. ſ. w.
Im Schooße der Kommiſſion wurde dieſes Monitum als richtig anerkannt, aber doch nicht für erheblich genug erachtet, um einen zu Weiterungen führenden Abänderungsvorſchlag darauf zu gründen. p)
Die Sache hat jedenfalls, da der Inhalt der geſetzlichen Vorſchrif- ten klar iſt, nur eine theoretiſche Bedeutung, es ließe ſich aber doch für die Richtigkeit der Ueberſchrift des Titels, wenigſtens ſoweit derſelbe ſich auf die Majeſtätsbeleidigung bezieht, anführen, daß gerade dieſer Aus- druck und der Thatbeſtand des Verbrechens von jeher in einem weiteren Sinne genommen worden iſt, als andere Ehrverletzungen. Die Vor- ſchriften über die Beleidigungen der Mitglieder des Königlichen Hauſes ſchließen ſich aber nur ergänzend an jenes Hauptverbrechen an.
Die Abſtufung, in welcher die Beleidigung der Majeſtät mit Strafe bedroht wird, iſt nun folgende:
I. Thätlichkeit gegen die Perſon des Königs. Darauf iſt die To- desſtrafe geſetzt; jedoch ſoll in minder ſchweren Fällen auf Zuchthaus von zehn bis zu zwanzig Jahren und im Fall mildernder Umſtände auf Einſchließung von derſelben Dauer erkannt werden (§. 74.)
II. Verletzung der Ehrfurcht gegen den König. Der Entwurf von 1847. §. 100-102. unterſchied hier Drohung einer Thätlichkeit, vor- ſätzliche Ehrverletzung, Verletzung der gebührenden Ehrfurcht, und hatte dafür verſchiedene Strafbeſtimmungen. Die einfachere Behandlung des Vergehens in §. 75. mit dem geringen Minimum der Gefängnißſtrafe von zwei Monaten iſt als eine Verbeſſerung anzuſehen.
Dagegen aber, daß es dem Richter freiſtehen ſoll, auch auf zeitige Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen, erhob ſich in der Kommiſſion der zweiten Kammer Widerſpruch, indem, abgeſehen von den Gründen, welche gegen die allzuhäufige Anwendung der Ehrenſtrafen ſprechen, beſonders Gewicht darauf gelegt wurde, daß die Verordnung vom 30. Juni 1849. §. 20., welcher im Uebrigen die
p)Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu dieſem Titel.
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§§. 74. 75. Beleidigungen der Majeſtät.
König, welche nicht unter den Begriff eines hochverrätheriſchen Unter-
nehmens fallen, zu den Majeſtätsbeleidigungen zu rechnen ſind. Mit
Rückſicht auf den Thatbeſtand des letzteren Verbrechens iſt daher in der
Kommiſſion der erſten Kammer erinnert worden, daß in dieſem Titel
nicht allein „Beleidigungen“ der Majeſtät, ſondern auch Thätlichkeiten
und Körperverletzungen, welche dem Könige oder den Mitgliedern des
Königlichen Hauſes, auch ohne die Abſicht, zu beleidigen, zugefügt
worden, mit Strafen bedrohet ſind, daß alſo die gewählte Ueberſchrift
zu enge erſcheint und daß dieſelbe vollſtändiger wohl dahin zu faſſen
geweſen wäre: „Körperverletzung und Beleidigung“ u. ſ. w.
Im Schooße der Kommiſſion wurde dieſes Monitum als richtig
anerkannt, aber doch nicht für erheblich genug erachtet, um einen zu
Weiterungen führenden Abänderungsvorſchlag darauf zu gründen. p)
Die Sache hat jedenfalls, da der Inhalt der geſetzlichen Vorſchrif-
ten klar iſt, nur eine theoretiſche Bedeutung, es ließe ſich aber doch für
die Richtigkeit der Ueberſchrift des Titels, wenigſtens ſoweit derſelbe ſich
auf die Majeſtätsbeleidigung bezieht, anführen, daß gerade dieſer Aus-
druck und der Thatbeſtand des Verbrechens von jeher in einem weiteren
Sinne genommen worden iſt, als andere Ehrverletzungen. Die Vor-
ſchriften über die Beleidigungen der Mitglieder des Königlichen Hauſes
ſchließen ſich aber nur ergänzend an jenes Hauptverbrechen an.
Die Abſtufung, in welcher die Beleidigung der Majeſtät mit Strafe
bedroht wird, iſt nun folgende:
I. Thätlichkeit gegen die Perſon des Königs. Darauf iſt die To-
desſtrafe geſetzt; jedoch ſoll in minder ſchweren Fällen auf Zuchthaus
von zehn bis zu zwanzig Jahren und im Fall mildernder Umſtände
auf Einſchließung von derſelben Dauer erkannt werden (§. 74.)
II. Verletzung der Ehrfurcht gegen den König. Der Entwurf von
1847. §. 100-102. unterſchied hier Drohung einer Thätlichkeit, vor-
ſätzliche Ehrverletzung, Verletzung der gebührenden Ehrfurcht, und hatte
dafür verſchiedene Strafbeſtimmungen. Die einfachere Behandlung des
Vergehens in §. 75. mit dem geringen Minimum der Gefängnißſtrafe
von zwei Monaten iſt als eine Verbeſſerung anzuſehen.
Dagegen aber, daß es dem Richter freiſtehen ſoll, auch auf zeitige
Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen,
erhob ſich in der Kommiſſion der zweiten Kammer Widerſpruch, indem,
abgeſehen von den Gründen, welche gegen die allzuhäufige Anwendung
der Ehrenſtrafen ſprechen, beſonders Gewicht darauf gelegt wurde, daß
die Verordnung vom 30. Juni 1849. §. 20., welcher im Uebrigen die
p) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu dieſem Titel.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/253>, abgerufen am 17.06.2024.
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