Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.§§. 82-86. Verbr. u. Verg. in Bezieh. a. d. Ausübung staatsbürg. Rechte. der Kammer zu verstehen, wo dieselbe ihre amtliche Thätigkeit ausübt.-- In der Kommission der ersten Kammer kam es hierbei zur Sprache, daß im §. 83. nur demjenigen Strafe angedroht ist, welcher ein Mitglied der Kammern verhindert, sich an den Ort der Versammlung hinzubege- ben oder zu stimmen, während doch auch der Fall ins Auge zu fassen gewesen wäre, daß die Gewalt oder Drohung bei dem Hinweggehen an den Kammermitgliedern, und zwar in der Absicht ausgeführt werde, sie für künftige Fälle an der Ausführung ihres Berufs zu verhindern. Die Mehrheit der Kommission hat jedoch dieses Bedenken für erheblich nicht erachtet, vielmehr angenommen, daß Gewalt oder Drohung, welche den Kammermitgliedern bei ihrer Entfernung von dem Versammlungs- orte zugefügt werden, den Thatbestand des im §. 83. gedachten Ver- brechens nicht enthalten, sondern je nach ihrem Zwecke oder ihrer Be- schaffenheit den Injurien oder Körperverletzungen u. s. w. zuzuzählen sein würden. s) -- Die Richtigkeit dieser Bemerkung ist klar; für Fälle die- ser Art enthalten namentlich die §§. 102. und 192. die entsprechenden Bestimmungen. 2) Die Strafe des in §. 83. vorgesehenen Verbrechens ist Zucht- B. Strafbare Handlungen in Beziehung auf die Ausübung des Der unmittelbare Zusammenhang, in welchem §. 84. und folgende I. Jemand verhindert in der, §. 83. angegebenen Weise Staats- 1) Der Gebrauch des Plurals "Staatsangehörige" in der unbe- s) Bericht der Kommission der ersten Kammer zum Titel IV. Beseler Kommentar. 17
§§. 82-86. Verbr. u. Verg. in Bezieh. a. d. Ausübung ſtaatsbürg. Rechte. der Kammer zu verſtehen, wo dieſelbe ihre amtliche Thätigkeit ausübt.— In der Kommiſſion der erſten Kammer kam es hierbei zur Sprache, daß im §. 83. nur demjenigen Strafe angedroht iſt, welcher ein Mitglied der Kammern verhindert, ſich an den Ort der Verſammlung hinzubege- ben oder zu ſtimmen, während doch auch der Fall ins Auge zu faſſen geweſen wäre, daß die Gewalt oder Drohung bei dem Hinweggehen an den Kammermitgliedern, und zwar in der Abſicht ausgeführt werde, ſie für künftige Fälle an der Ausführung ihres Berufs zu verhindern. Die Mehrheit der Kommiſſion hat jedoch dieſes Bedenken für erheblich nicht erachtet, vielmehr angenommen, daß Gewalt oder Drohung, welche den Kammermitgliedern bei ihrer Entfernung von dem Verſammlungs- orte zugefügt werden, den Thatbeſtand des im §. 83. gedachten Ver- brechens nicht enthalten, ſondern je nach ihrem Zwecke oder ihrer Be- ſchaffenheit den Injurien oder Körperverletzungen u. ſ. w. zuzuzählen ſein würden. s) — Die Richtigkeit dieſer Bemerkung iſt klar; für Fälle die- ſer Art enthalten namentlich die §§. 102. und 192. die entſprechenden Beſtimmungen. 2) Die Strafe des in §. 83. vorgeſehenen Verbrechens iſt Zucht- B. Strafbare Handlungen in Beziehung auf die Ausübung des Der unmittelbare Zuſammenhang, in welchem §. 84. und folgende I. Jemand verhindert in der, §. 83. angegebenen Weiſe Staats- 1) Der Gebrauch des Plurals „Staatsangehörige“ in der unbe- s) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zum Titel IV. Beſeler Kommentar. 17
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§§. 82-86. Verbr. u. Verg. in Bezieh. a. d. Ausübung ſtaatsbürg. Rechte.
der Kammer zu verſtehen, wo dieſelbe ihre amtliche Thätigkeit ausübt.
— In der Kommiſſion der erſten Kammer kam es hierbei zur Sprache,
daß im §. 83. nur demjenigen Strafe angedroht iſt, welcher ein Mitglied
der Kammern verhindert, ſich an den Ort der Verſammlung hinzubege-
ben oder zu ſtimmen, während doch auch der Fall ins Auge zu faſſen
geweſen wäre, daß die Gewalt oder Drohung bei dem Hinweggehen
an den Kammermitgliedern, und zwar in der Abſicht ausgeführt werde,
ſie für künftige Fälle an der Ausführung ihres Berufs zu verhindern.
Die Mehrheit der Kommiſſion hat jedoch dieſes Bedenken für erheblich
nicht erachtet, vielmehr angenommen, daß Gewalt oder Drohung, welche
den Kammermitgliedern bei ihrer Entfernung von dem Verſammlungs-
orte zugefügt werden, den Thatbeſtand des im §. 83. gedachten Ver-
brechens nicht enthalten, ſondern je nach ihrem Zwecke oder ihrer Be-
ſchaffenheit den Injurien oder Körperverletzungen u. ſ. w. zuzuzählen ſein
würden. s) — Die Richtigkeit dieſer Bemerkung iſt klar; für Fälle die-
ſer Art enthalten namentlich die §§. 102. und 192. die entſprechenden
Beſtimmungen.
2) Die Strafe des in §. 83. vorgeſehenen Verbrechens iſt Zucht-
haus von zwei bis zu acht Jahren.
B. Strafbare Handlungen in Beziehung auf die Ausübung des
ſtaatsbürgerlichen Rechts zu wählen oder zu ſtimmen.
Der unmittelbare Zuſammenhang, in welchem §. 84. und folgende
zu den vorhergehenden Vorſchriften ſtehen, könnte zu der Annahme füh-
ren, daß es ſich hier nur um die Wahl von Kammermitgliedern handle,
nicht aber um die Wahl zu andern öffentlichen Funktionen, namentlich
in der Gemeinde-, Kreis-, Bezirks- und Provinzialvertretung. Indeſſen
läßt die allgemeine Faſſung der §§. 84-86. eine ſolche Auslegung
nicht zu; auch würde ſie nicht der Beſtimmung des §. 12. Nr. 3. ent-
ſprechen, nach welcher der Verluſt der bürgerlichen Ehre allgemein die
Unfähigkeit umfaßt, in öffentlichen Angelegenheiten zu ſtimmen, zu
wählen und gewählt zu werden. Es handelt ja der Titel nach ſeiner
Ueberſchrift allgemein von den Verbrechen und Vergehen in Beziehung
auf die Ausübung der ſtaatsbürgerlichen Rechte.
I. Jemand verhindert in der, §. 83. angegebenen Weiſe Staats-
angehörige, in Ausübung ihrer ſtaatsbürgerlichen Rechte zu wählen oder
zu ſtimmen (§. 84.).
1) Der Gebrauch des Plurals „Staatsangehörige“ in der unbe-
ſtimmten Redeform iſt ohne Bedeutung; das Vergehen liegt ſchon vor,
s) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zum Titel IV.
Beſeler Kommentar. 17
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