Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. V. Widerstand gegen d. Staatsgewalt.
gesetzte Kommission dieser Kammer ihren Vorschlag, den der Entwurf adoptirt, aus den Französischen Gesetzen entnommen habe, und diese auch nur die "Apologie" von Verbrechen oder Vergehen unter Strafe stellen."
Mit dieser Ausführung erklärte sich auch die Kommission der ersten Kammer (im Bericht zum Tit. V.) durchaus einverstanden.
IV. Die Strafe der in §. 87. vorgesehenen Vergehen ist Geld- buße bis zu zweihundert Thalern oder Gefängniß von vier Wochen bis zu zwei Jahren. In der Regierungsvorlage war ein Minimum der Geldbuße von zwanzig Thalern festgesetzt; dasselbe wurde aber in der Kommission der zweiten Kammer (s. den Bericht derselben a. a. O.) mit Rücksicht auf die möglichen sehr leichten Fälle der Verschuldung ge- strichen.
B. Aufforderung von Personen des Soldatenstandes zum Unge- horsam. Dieß Vergehen wird verübt, auch wenn die Aufforderung keine öffentliche ist, und mit Gefängniß von sechs Wochen bis zu zwei Jah- ren bestraft. Die Bestimmungen (§. 88.) sind wörtlich dem Gesetze vom 19. November 1849. (G.-S. S. 417.) entnommen.
§. 89.
Wer einen Beamten, welcher zur Vollstreckung der Gesetze, oder der Be- fehle und Verordnungen der Verwaltungsbehörden, oder der Urtheile und Verordnungen der Gerichte berufen ist, während der Vornahme einer Amts- handlung angreift, oder demselben durch Gewalt oder Drohung Widerstand leistet, wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu zwei Jahren bestraft.
Dieselbe Strafe tritt ein, wenn der Angriff oder die Widersetzlichkeit gegen Personen, welche zur Beihülfe des Beamten zugezogen waren, oder gegen Mannschaften des Militairs oder einer Gemeinde-, Schutz- oder Bürgerwehr in Ausübung des Dienstes erfolgt.
Die in diesem Paragraphen enthaltene Vorschrift lautete nach dem Allg. Landrecht Th. II. Tit. 20. §. 166. "Wer sich seiner Obrigkeit in ihrer Amtsführung oder deren Abgeordneten in Vollziehung ihrer Be- fehle, thätlich widersetzt, der soll, nach Beschaffenheit des Widerstandes und der dabei gebrauchten Gewalt, mit Gefängniß-, Zuchthaus- oder Festungsstrafe auf zwei Monate bis zwei Jahre belegt werden."
In der Praxis knüpften sich an diese Gesetzesstelle viele Streitfra- gen, deren Beseitigung in den bei der ersten Revision ausgestellten Gut- achten der Justizkollegien dringend verlangt wurde. Namentlich waren Zweifel darüber erhoben, welcher Sinn den Worten des Gesetzes "seiner Obrigkeit" und "Abgeordnete der Obrigkeit" beizulegen sei; ferner über die Bedeutung der thatsächlichen Widersetzung. In letzterer Hinsicht
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. V. Widerſtand gegen d. Staatsgewalt.
geſetzte Kommiſſion dieſer Kammer ihren Vorſchlag, den der Entwurf adoptirt, aus den Franzöſiſchen Geſetzen entnommen habe, und dieſe auch nur die „Apologie“ von Verbrechen oder Vergehen unter Strafe ſtellen.“
Mit dieſer Ausführung erklärte ſich auch die Kommiſſion der erſten Kammer (im Bericht zum Tit. V.) durchaus einverſtanden.
IV. Die Strafe der in §. 87. vorgeſehenen Vergehen iſt Geld- buße bis zu zweihundert Thalern oder Gefängniß von vier Wochen bis zu zwei Jahren. In der Regierungsvorlage war ein Minimum der Geldbuße von zwanzig Thalern feſtgeſetzt; daſſelbe wurde aber in der Kommiſſion der zweiten Kammer (ſ. den Bericht derſelben a. a. O.) mit Rückſicht auf die möglichen ſehr leichten Fälle der Verſchuldung ge- ſtrichen.
B. Aufforderung von Perſonen des Soldatenſtandes zum Unge- horſam. Dieß Vergehen wird verübt, auch wenn die Aufforderung keine öffentliche iſt, und mit Gefängniß von ſechs Wochen bis zu zwei Jah- ren beſtraft. Die Beſtimmungen (§. 88.) ſind wörtlich dem Geſetze vom 19. November 1849. (G.-S. S. 417.) entnommen.
§. 89.
Wer einen Beamten, welcher zur Vollſtreckung der Geſetze, oder der Be- fehle und Verordnungen der Verwaltungsbehörden, oder der Urtheile und Verordnungen der Gerichte berufen iſt, während der Vornahme einer Amts- handlung angreift, oder demſelben durch Gewalt oder Drohung Widerſtand leiſtet, wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu zwei Jahren beſtraft.
Dieſelbe Strafe tritt ein, wenn der Angriff oder die Widerſetzlichkeit gegen Perſonen, welche zur Beihülfe des Beamten zugezogen waren, oder gegen Mannſchaften des Militairs oder einer Gemeinde-, Schutz- oder Bürgerwehr in Ausübung des Dienſtes erfolgt.
Die in dieſem Paragraphen enthaltene Vorſchrift lautete nach dem Allg. Landrecht Th. II. Tit. 20. §. 166. „Wer ſich ſeiner Obrigkeit in ihrer Amtsführung oder deren Abgeordneten in Vollziehung ihrer Be- fehle, thätlich widerſetzt, der ſoll, nach Beſchaffenheit des Widerſtandes und der dabei gebrauchten Gewalt, mit Gefängniß-, Zuchthaus- oder Feſtungsſtrafe auf zwei Monate bis zwei Jahre belegt werden.“
In der Praxis knüpften ſich an dieſe Geſetzesſtelle viele Streitfra- gen, deren Beſeitigung in den bei der erſten Reviſion ausgeſtellten Gut- achten der Juſtizkollegien dringend verlangt wurde. Namentlich waren Zweifel darüber erhoben, welcher Sinn den Worten des Geſetzes „ſeiner Obrigkeit“ und „Abgeordnete der Obrigkeit“ beizulegen ſei; ferner über die Bedeutung der thatſächlichen Widerſetzung. In letzterer Hinſicht
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geſetzte Kommiſſion dieſer Kammer ihren Vorſchlag, den der Entwurf
adoptirt, aus den Franzöſiſchen Geſetzen entnommen habe, und dieſe
auch nur die „Apologie“ von Verbrechen oder Vergehen unter Strafe
ſtellen.“
Mit dieſer Ausführung erklärte ſich auch die Kommiſſion der erſten
Kammer (im Bericht zum Tit. V.) durchaus einverſtanden.
IV. Die Strafe der in §. 87. vorgeſehenen Vergehen iſt Geld-
buße bis zu zweihundert Thalern oder Gefängniß von vier Wochen bis
zu zwei Jahren. In der Regierungsvorlage war ein Minimum der
Geldbuße von zwanzig Thalern feſtgeſetzt; daſſelbe wurde aber in der
Kommiſſion der zweiten Kammer (ſ. den Bericht derſelben a. a. O.) mit
Rückſicht auf die möglichen ſehr leichten Fälle der Verſchuldung ge-
ſtrichen.
B. Aufforderung von Perſonen des Soldatenſtandes zum Unge-
horſam. Dieß Vergehen wird verübt, auch wenn die Aufforderung keine
öffentliche iſt, und mit Gefängniß von ſechs Wochen bis zu zwei Jah-
ren beſtraft. Die Beſtimmungen (§. 88.) ſind wörtlich dem Geſetze
vom 19. November 1849. (G.-S. S. 417.) entnommen.
§. 89.
Wer einen Beamten, welcher zur Vollſtreckung der Geſetze, oder der Be-
fehle und Verordnungen der Verwaltungsbehörden, oder der Urtheile und
Verordnungen der Gerichte berufen iſt, während der Vornahme einer Amts-
handlung angreift, oder demſelben durch Gewalt oder Drohung Widerſtand
leiſtet, wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu zwei Jahren beſtraft.
Dieſelbe Strafe tritt ein, wenn der Angriff oder die Widerſetzlichkeit gegen
Perſonen, welche zur Beihülfe des Beamten zugezogen waren, oder gegen
Mannſchaften des Militairs oder einer Gemeinde-, Schutz- oder Bürgerwehr
in Ausübung des Dienſtes erfolgt.
Die in dieſem Paragraphen enthaltene Vorſchrift lautete nach dem
Allg. Landrecht Th. II. Tit. 20. §. 166. „Wer ſich ſeiner Obrigkeit
in ihrer Amtsführung oder deren Abgeordneten in Vollziehung ihrer Be-
fehle, thätlich widerſetzt, der ſoll, nach Beſchaffenheit des Widerſtandes
und der dabei gebrauchten Gewalt, mit Gefängniß-, Zuchthaus- oder
Feſtungsſtrafe auf zwei Monate bis zwei Jahre belegt werden.“
In der Praxis knüpften ſich an dieſe Geſetzesſtelle viele Streitfra-
gen, deren Beſeitigung in den bei der erſten Reviſion ausgeſtellten Gut-
achten der Juſtizkollegien dringend verlangt wurde. Namentlich waren
Zweifel darüber erhoben, welcher Sinn den Worten des Geſetzes „ſeiner
Obrigkeit“ und „Abgeordnete der Obrigkeit“ beizulegen ſei; ferner über
die Bedeutung der thatſächlichen Widerſetzung. In letzterer Hinſicht
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/264>, abgerufen am 24.11.2024.
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