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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 114-116. Verleitung zum Auswandern u. s. w.
Ansicht, daß das Vergehen in der unbefangenen Auffassung des Volkes
unter allen Umständen für entehrend gelte, und daß das Strafgesetzbuch
dieser Auffassung nicht entgegentreten dürfe. f)

§. 114.

Wer es sich zum Geschäft macht, Preußische Unterthanen zur Auswande-
rung zu verleiten, soll mit Gefängniß von Einem Monate bis zu zwei Jah-
ren bestraft werden.

Eine gleiche Strafe tritt gegen denjenigen ein, welcher es sich zum Ge-
schäft macht, Vorsteher, Gehülfen oder Arbeiter inländischer Fabriken dazu zu
verleiten, daß sie vor Ablauf der Kontraktzeit den Dienst ihres Fabrikherrn
verlassen und in den Dienst ausländischer Fabrikherren übergehen.

§. 115.

Ausländer, welche, nachdem sie des Landes verwiesen sind, ohne Erlaubniß
zurückkehren, werden mit Gefängniß von drei Monaten bis zu zwei Jahren
bestraft.

§. 116.

Wer unter Polizei-Aufsicht gestellt ist und den in Folge derselben ihm auf-
erlegten Beschränkungen entgegengehandelt, wird mit Gefängniß von Einer
Woche bis zu sechs Monaten bestraft.



An die Vorschriften über die Anwerbung zum Militairdienst frem-
der Mächte, so wie über die Verleitung zum Desertiren, schließt sich die
des §. 114. an. Es werden hier diejenigen mit Strafe bedroht, welche
es sich zum Geschäfte machen, Preußische Unterthanen zur Auswande-
rung zu verleiten oder Personen, welche in inländischen Fabriken arbei-
ten, vor Ablauf der Kontraktzeit zum Uebertritt in den Dienst auslän-
discher Fabrikherren zu verleiten. g) In beiden Fällen gehört es zum
Thatbestande des Vergehens, daß diejenigen, welche bestraft werden sol-
len, solche Handlungen gewerbsmäßig betreiben ("es sich zum Geschäfte
machen"), und mit dem Ausdruck "verleiten" ist die widerrechtliche Ab-
sicht derselben bezeichnet. Das Recht der freien Auswanderung ist hier
also eben so wenig beschränkt, als die Beförderung der Auswanderung
durch Kolonisationsgesellschaften u. dergl. unter Strafe gestellt. h)

Die beiden folgenden Paragraphen enthalten Strafandrohungen ge-
gen diejenigen, welche als Ausländer des Landes verwiesen, ohne Er-
laubniß zurückkehren (§. 115.), und gegen diejenigen, welche unter Po-

f) Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 101.
g) Vgl. Code penal. Art. 417.
h) Protokolle der Kommission der zweiten Kammer, Sitzung vom
24. Jan. 1851.

§§. 114-116. Verleitung zum Auswandern u. ſ. w.
Anſicht, daß das Vergehen in der unbefangenen Auffaſſung des Volkes
unter allen Umſtänden für entehrend gelte, und daß das Strafgeſetzbuch
dieſer Auffaſſung nicht entgegentreten dürfe. f)

§. 114.

Wer es ſich zum Geſchäft macht, Preußiſche Unterthanen zur Auswande-
rung zu verleiten, ſoll mit Gefängniß von Einem Monate bis zu zwei Jah-
ren beſtraft werden.

Eine gleiche Strafe tritt gegen denjenigen ein, welcher es ſich zum Ge-
ſchäft macht, Vorſteher, Gehülfen oder Arbeiter inländiſcher Fabriken dazu zu
verleiten, daß ſie vor Ablauf der Kontraktzeit den Dienſt ihres Fabrikherrn
verlaſſen und in den Dienſt ausländiſcher Fabrikherren übergehen.

§. 115.

Ausländer, welche, nachdem ſie des Landes verwieſen ſind, ohne Erlaubniß
zurückkehren, werden mit Gefängniß von drei Monaten bis zu zwei Jahren
beſtraft.

§. 116.

Wer unter Polizei-Aufſicht geſtellt iſt und den in Folge derſelben ihm auf-
erlegten Beſchränkungen entgegengehandelt, wird mit Gefängniß von Einer
Woche bis zu ſechs Monaten beſtraft.



An die Vorſchriften über die Anwerbung zum Militairdienſt frem-
der Mächte, ſo wie über die Verleitung zum Deſertiren, ſchließt ſich die
des §. 114. an. Es werden hier diejenigen mit Strafe bedroht, welche
es ſich zum Geſchäfte machen, Preußiſche Unterthanen zur Auswande-
rung zu verleiten oder Perſonen, welche in inländiſchen Fabriken arbei-
ten, vor Ablauf der Kontraktzeit zum Uebertritt in den Dienſt auslän-
diſcher Fabrikherren zu verleiten. g) In beiden Fällen gehört es zum
Thatbeſtande des Vergehens, daß diejenigen, welche beſtraft werden ſol-
len, ſolche Handlungen gewerbsmäßig betreiben („es ſich zum Geſchäfte
machen“), und mit dem Ausdruck „verleiten“ iſt die widerrechtliche Ab-
ſicht derſelben bezeichnet. Das Recht der freien Auswanderung iſt hier
alſo eben ſo wenig beſchränkt, als die Beförderung der Auswanderung
durch Koloniſationsgeſellſchaften u. dergl. unter Strafe geſtellt. h)

Die beiden folgenden Paragraphen enthalten Strafandrohungen ge-
gen diejenigen, welche als Ausländer des Landes verwieſen, ohne Er-
laubniß zurückkehren (§. 115.), und gegen diejenigen, welche unter Po-

f) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 101.
g) Vgl. Code pénal. Art. 417.
h) Protokolle der Kommiſſion der zweiten Kammer, Sitzung vom
24. Jan. 1851.
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[277/0287] §§. 114-116. Verleitung zum Auswandern u. ſ. w. Anſicht, daß das Vergehen in der unbefangenen Auffaſſung des Volkes unter allen Umſtänden für entehrend gelte, und daß das Strafgeſetzbuch dieſer Auffaſſung nicht entgegentreten dürfe. f) §. 114. Wer es ſich zum Geſchäft macht, Preußiſche Unterthanen zur Auswande- rung zu verleiten, ſoll mit Gefängniß von Einem Monate bis zu zwei Jah- ren beſtraft werden. Eine gleiche Strafe tritt gegen denjenigen ein, welcher es ſich zum Ge- ſchäft macht, Vorſteher, Gehülfen oder Arbeiter inländiſcher Fabriken dazu zu verleiten, daß ſie vor Ablauf der Kontraktzeit den Dienſt ihres Fabrikherrn verlaſſen und in den Dienſt ausländiſcher Fabrikherren übergehen. §. 115. Ausländer, welche, nachdem ſie des Landes verwieſen ſind, ohne Erlaubniß zurückkehren, werden mit Gefängniß von drei Monaten bis zu zwei Jahren beſtraft. §. 116. Wer unter Polizei-Aufſicht geſtellt iſt und den in Folge derſelben ihm auf- erlegten Beſchränkungen entgegengehandelt, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis zu ſechs Monaten beſtraft. An die Vorſchriften über die Anwerbung zum Militairdienſt frem- der Mächte, ſo wie über die Verleitung zum Deſertiren, ſchließt ſich die des §. 114. an. Es werden hier diejenigen mit Strafe bedroht, welche es ſich zum Geſchäfte machen, Preußiſche Unterthanen zur Auswande- rung zu verleiten oder Perſonen, welche in inländiſchen Fabriken arbei- ten, vor Ablauf der Kontraktzeit zum Uebertritt in den Dienſt auslän- diſcher Fabrikherren zu verleiten. g) In beiden Fällen gehört es zum Thatbeſtande des Vergehens, daß diejenigen, welche beſtraft werden ſol- len, ſolche Handlungen gewerbsmäßig betreiben („es ſich zum Geſchäfte machen“), und mit dem Ausdruck „verleiten“ iſt die widerrechtliche Ab- ſicht derſelben bezeichnet. Das Recht der freien Auswanderung iſt hier alſo eben ſo wenig beſchränkt, als die Beförderung der Auswanderung durch Koloniſationsgeſellſchaften u. dergl. unter Strafe geſtellt. h) Die beiden folgenden Paragraphen enthalten Strafandrohungen ge- gen diejenigen, welche als Ausländer des Landes verwieſen, ohne Er- laubniß zurückkehren (§. 115.), und gegen diejenigen, welche unter Po- f) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 101. g) Vgl. Code pénal. Art. 417. h) Protokolle der Kommiſſion der zweiten Kammer, Sitzung vom 24. Jan. 1851.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/287>, abgerufen am 24.11.2024.