Th. II. V. d. einzelnen Verbrechen u. Vergehen. Tit. VIII. Meineid.
dem andern nicht; da ferner die Stellung des Sachverständigen nicht allein mit der des Zeugen, sondern auch mit der des Beamten Aehn- lichkeit hat, und diese letztere hier maaßgebend gewesen sein kann, da endlich das praktische Bedürfniß für den vergeblichen Versuch, einen Sachverständigen zum Meineid zu verleiten, nicht so dringend eine Strafe nöthig macht, als wenn es auf die Verleitung eines Zeugen abgesehen ist: so muß die Bestimmung des §. 130. einschränkend erklärt und kann nicht auf den Fall des §. 127. bezogen werden.
II. Die weiteren Bestimmungen des Paragraphen sind in dem Bericht der Kommission der zweiten Kammer in folgender Weise motiviert worden:
"Das Strafmaaß schließt sich in entsprechendem Verhältnisse an die Strafe des Verbrechens oder Vergehens, zu welchem verleitet werden soll, an. Die Voraussetzungen, unter welchen sie nach dem obigen Vorschlage eintritt, sind einmal, daß der Thäter den Vorsatz habe, einen Andern zu verleiten, das Verbrechen oder Vergehen des Meineides zu begehen, d. h. wissentlich einen falschen Eid zu leisten oder eine Ver- sicherung an Eides statt abzugeben; und zweitens, daß der Anstifter bei dem Andern den Versuch mache, diesen Zweck zu erreichen. Da hiernach nicht erforderlich ist, daß überhaupt irgend ein Erfolg bei dem Andern erreicht werde, noch viel weniger daß dieser Andere wirklich einen falschen Eid leiste, so fällt nach der Ansicht der Kommission das Bedürfniß weg, noch speziell auszusprechen, daß der Verleitete nicht wissentlich die Unwahrheit sage, oder aus einem andern ihm persönlichen Grunde nicht schuldig sei."
"Dagegen glaubt die Kommission daran festhalten zu müssen, daß beim Versuch der Verleitung, wie bei der Verleitung selbst, ein noth- wendiges Requisit der Vorsatz des Verleiters sei, den Andern zu be- stimmen, wissentlich falsch zu schwören. Darüber hinaus zu gehen und eine Fassung zu wählen, welche auch solche Kunstgriffe mittreffe, die angewendet werden, um einen Andern, der voraussichtlich als Zeuge auftreten wird, in Irrthum über Thatsachen zu versetzen, damit dieser sie in gutem Glauben als wahr bezeuge, schien der Kommission eine zu gefährliche Verallgemeinerung des Thatbestandes, und sie hielt außerdem dafür, daß es materiell ungerecht sei, denjenigen, welcher gar nicht die Absicht habe, einen Andern zum Meineidigen zu machen, als einen Verleiter zum Meineide zu bestrafen."
§. 131.
Wer vorsätzlich einer durch eidliches Angelöbniß vor Gericht geleisteten Kaution, oder dem in einem Manifestations-Eide gegebenen Versprechen zuwider handelt, soll mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft werden.
Th. II. V. d. einzelnen Verbrechen u. Vergehen. Tit. VIII. Meineid.
dem andern nicht; da ferner die Stellung des Sachverſtändigen nicht allein mit der des Zeugen, ſondern auch mit der des Beamten Aehn- lichkeit hat, und dieſe letztere hier maaßgebend geweſen ſein kann, da endlich das praktiſche Bedürfniß für den vergeblichen Verſuch, einen Sachverſtändigen zum Meineid zu verleiten, nicht ſo dringend eine Strafe nöthig macht, als wenn es auf die Verleitung eines Zeugen abgeſehen iſt: ſo muß die Beſtimmung des §. 130. einſchränkend erklärt und kann nicht auf den Fall des §. 127. bezogen werden.
II. Die weiteren Beſtimmungen des Paragraphen ſind in dem Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer in folgender Weiſe motiviert worden:
„Das Strafmaaß ſchließt ſich in entſprechendem Verhältniſſe an die Strafe des Verbrechens oder Vergehens, zu welchem verleitet werden ſoll, an. Die Vorausſetzungen, unter welchen ſie nach dem obigen Vorſchlage eintritt, ſind einmal, daß der Thäter den Vorſatz habe, einen Andern zu verleiten, das Verbrechen oder Vergehen des Meineides zu begehen, d. h. wiſſentlich einen falſchen Eid zu leiſten oder eine Ver- ſicherung an Eides ſtatt abzugeben; und zweitens, daß der Anſtifter bei dem Andern den Verſuch mache, dieſen Zweck zu erreichen. Da hiernach nicht erforderlich iſt, daß überhaupt irgend ein Erfolg bei dem Andern erreicht werde, noch viel weniger daß dieſer Andere wirklich einen falſchen Eid leiſte, ſo fällt nach der Anſicht der Kommiſſion das Bedürfniß weg, noch ſpeziell auszuſprechen, daß der Verleitete nicht wiſſentlich die Unwahrheit ſage, oder aus einem andern ihm perſönlichen Grunde nicht ſchuldig ſei.“
„Dagegen glaubt die Kommiſſion daran feſthalten zu müſſen, daß beim Verſuch der Verleitung, wie bei der Verleitung ſelbſt, ein noth- wendiges Requiſit der Vorſatz des Verleiters ſei, den Andern zu be- ſtimmen, wiſſentlich falſch zu ſchwören. Darüber hinaus zu gehen und eine Faſſung zu wählen, welche auch ſolche Kunſtgriffe mittreffe, die angewendet werden, um einen Andern, der vorausſichtlich als Zeuge auftreten wird, in Irrthum über Thatſachen zu verſetzen, damit dieſer ſie in gutem Glauben als wahr bezeuge, ſchien der Kommiſſion eine zu gefährliche Verallgemeinerung des Thatbeſtandes, und ſie hielt außerdem dafür, daß es materiell ungerecht ſei, denjenigen, welcher gar nicht die Abſicht habe, einen Andern zum Meineidigen zu machen, als einen Verleiter zum Meineide zu beſtrafen.“
§. 131.
Wer vorſätzlich einer durch eidliches Angelöbniß vor Gericht geleiſteten Kaution, oder dem in einem Manifeſtations-Eide gegebenen Verſprechen zuwider handelt, ſoll mit Gefängniß bis zu zwei Jahren beſtraft werden.
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Th. II. V. d. einzelnen Verbrechen u. Vergehen. Tit. VIII. Meineid.
dem andern nicht; da ferner die Stellung des Sachverſtändigen nicht
allein mit der des Zeugen, ſondern auch mit der des Beamten Aehn-
lichkeit hat, und dieſe letztere hier maaßgebend geweſen ſein kann, da
endlich das praktiſche Bedürfniß für den vergeblichen Verſuch, einen
Sachverſtändigen zum Meineid zu verleiten, nicht ſo dringend eine Strafe
nöthig macht, als wenn es auf die Verleitung eines Zeugen abgeſehen
iſt: ſo muß die Beſtimmung des §. 130. einſchränkend erklärt und kann
nicht auf den Fall des §. 127. bezogen werden.
II. Die weiteren Beſtimmungen des Paragraphen ſind in dem
Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer in folgender Weiſe motiviert
worden:
„Das Strafmaaß ſchließt ſich in entſprechendem Verhältniſſe an
die Strafe des Verbrechens oder Vergehens, zu welchem verleitet werden
ſoll, an. Die Vorausſetzungen, unter welchen ſie nach dem obigen
Vorſchlage eintritt, ſind einmal, daß der Thäter den Vorſatz habe, einen
Andern zu verleiten, das Verbrechen oder Vergehen des Meineides zu
begehen, d. h. wiſſentlich einen falſchen Eid zu leiſten oder eine Ver-
ſicherung an Eides ſtatt abzugeben; und zweitens, daß der Anſtifter bei
dem Andern den Verſuch mache, dieſen Zweck zu erreichen. Da hiernach
nicht erforderlich iſt, daß überhaupt irgend ein Erfolg bei dem Andern
erreicht werde, noch viel weniger daß dieſer Andere wirklich einen falſchen
Eid leiſte, ſo fällt nach der Anſicht der Kommiſſion das Bedürfniß
weg, noch ſpeziell auszuſprechen, daß der Verleitete nicht wiſſentlich die
Unwahrheit ſage, oder aus einem andern ihm perſönlichen Grunde nicht
ſchuldig ſei.“
„Dagegen glaubt die Kommiſſion daran feſthalten zu müſſen, daß
beim Verſuch der Verleitung, wie bei der Verleitung ſelbſt, ein noth-
wendiges Requiſit der Vorſatz des Verleiters ſei, den Andern zu be-
ſtimmen, wiſſentlich falſch zu ſchwören. Darüber hinaus zu gehen und
eine Faſſung zu wählen, welche auch ſolche Kunſtgriffe mittreffe, die
angewendet werden, um einen Andern, der vorausſichtlich als Zeuge
auftreten wird, in Irrthum über Thatſachen zu verſetzen, damit dieſer
ſie in gutem Glauben als wahr bezeuge, ſchien der Kommiſſion eine zu
gefährliche Verallgemeinerung des Thatbeſtandes, und ſie hielt außerdem
dafür, daß es materiell ungerecht ſei, denjenigen, welcher gar nicht die
Abſicht habe, einen Andern zum Meineidigen zu machen, als einen
Verleiter zum Meineide zu beſtrafen.“
§. 131.
Wer vorſätzlich einer durch eidliches Angelöbniß vor Gericht geleiſteten
Kaution, oder dem in einem Manifeſtations-Eide gegebenen Verſprechen zuwider
handelt, ſoll mit Gefängniß bis zu zwei Jahren beſtraft werden.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/306>, abgerufen am 24.11.2024.
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