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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 164-174. Zweikampf.
die Gerichtshöfe Bedenken tragen, im Fall eines unglücklichen Ausgangs
die allgemeinen Grundsätze des Strafrechts über Mord, Todtschlag und
Körperverletzung zur Anwendung zu bringen, muß auf der anderen Seite
die thatsächliche Straflosigkeit der Duellanten auf das gemeine Rechts-
gefühl einen ungünstigen Eindruck machen. Der Versuch einer Vermitt-
lung durch Ehrengerichte, wenn auch in gewissen korporativ zusammen-
geschlossenen Kreisen ausführbar und von heilsamer Wirkung, ist als
allgemeine Einrichtung kaum irgendwo ernstlich unternommen worden
und würde sich auch nicht bewähren.

Bei der Revision der Strafgesetze ist der Zweikampf zum Gegen-
stand sorgfältiger Erwägungen gemacht, und die verschiedenen Systeme,
welche die Gesetzgebung dabei in Anwendung bringen kann, sind wie-
derholt in Betracht gezogen worden. w) Doch hat sich von Anfang an die
Ansicht mit überwiegendem Nachdruck geltend gemacht, daß der Zweikampf
als ein selbständiges Delikt zu behandeln sei, welches seine besondere
Normirung erheische; daß namentlich die Strafmittel so zu wählen seien,
daß ihre Anwendung nicht im Widerspruch mit der Natur des Verbre-
chens und der öffentlichen Meinung stehe, zugleich aber die Würde des
Staatswillens, welcher die Eigenmacht in dieser Form nicht sanktioniren
kann, durch den Ernst der Ahndung gewahrt werde. In diesem Sinne
ist namentlich auch in der Kommission der zweiten Kammer beschlossen
worden, die Einschließung als die ordentliche Strafe des Duells auf-
zustellen, in den Fällen aber, wo die Berücksichtigung der Sitte nicht
eine mildere Behandlung angemessen erscheinen läßt -- also bei der vor-
sätzlichen Verletzung der Duellregeln und bei dem leichtfertigen Anhetzen
zum Duell -- die gewöhnlichen Strafmittel eintreten zu lassen. Wenn
in diesem Verfahren und in der Verschonung der Sekundanten, Zeugen
und Aerzte mit aller Strafe ein Nachgeben gegen Vorurtheile gefunden
werden kann, so läßt sich doch erwiedern, daß es der Gesetzgebung wür-
diger ist, da wo sie einer bestehenden Sitte die strenge Durchführung
allgemeiner Rechtsprincipien mit Bewußtsein zum Opfer bringt, dieß
auch offen und konsequent zu thun, als den Schein des Rigorismus
zu bewahren, ohne ihre Satzungen in der Wirklichkeit darnach einzurichten.


w) Motive zum ersten Entwurf. III. 2. S. 67-90. -- (v. Kamptz)
Revidirter Entwurf des Strafgesetzbuchs. I. S. 101-203. -- Bera-
thungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission
. II. S. 112-24. --
Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 31. März, 3. April, 7. April und
14. April 1841. -- Revision von 1845. II. S. 108-12. -- Verhandlun-
gen der Staatsraths-Kommission von
1846. S. 111. -- Verhandlun-
gen des vereinigten ständischen Ausschusses
. III. S. 632-87. -- Be-
richt der Kommission der zweiten Kammer
zu diesem Titel. -- Bericht
der Kommission der ersten Kammer
ebendas.

§§. 164-174. Zweikampf.
die Gerichtshöfe Bedenken tragen, im Fall eines unglücklichen Ausgangs
die allgemeinen Grundſätze des Strafrechts über Mord, Todtſchlag und
Körperverletzung zur Anwendung zu bringen, muß auf der anderen Seite
die thatſächliche Strafloſigkeit der Duellanten auf das gemeine Rechts-
gefühl einen ungünſtigen Eindruck machen. Der Verſuch einer Vermitt-
lung durch Ehrengerichte, wenn auch in gewiſſen korporativ zuſammen-
geſchloſſenen Kreiſen ausführbar und von heilſamer Wirkung, iſt als
allgemeine Einrichtung kaum irgendwo ernſtlich unternommen worden
und würde ſich auch nicht bewähren.

Bei der Reviſion der Strafgeſetze iſt der Zweikampf zum Gegen-
ſtand ſorgfältiger Erwägungen gemacht, und die verſchiedenen Syſteme,
welche die Geſetzgebung dabei in Anwendung bringen kann, ſind wie-
derholt in Betracht gezogen worden. w) Doch hat ſich von Anfang an die
Anſicht mit überwiegendem Nachdruck geltend gemacht, daß der Zweikampf
als ein ſelbſtändiges Delikt zu behandeln ſei, welches ſeine beſondere
Normirung erheiſche; daß namentlich die Strafmittel ſo zu wählen ſeien,
daß ihre Anwendung nicht im Widerſpruch mit der Natur des Verbre-
chens und der öffentlichen Meinung ſtehe, zugleich aber die Würde des
Staatswillens, welcher die Eigenmacht in dieſer Form nicht ſanktioniren
kann, durch den Ernſt der Ahndung gewahrt werde. In dieſem Sinne
iſt namentlich auch in der Kommiſſion der zweiten Kammer beſchloſſen
worden, die Einſchließung als die ordentliche Strafe des Duells auf-
zuſtellen, in den Fällen aber, wo die Berückſichtigung der Sitte nicht
eine mildere Behandlung angemeſſen erſcheinen läßt — alſo bei der vor-
ſätzlichen Verletzung der Duellregeln und bei dem leichtfertigen Anhetzen
zum Duell — die gewöhnlichen Strafmittel eintreten zu laſſen. Wenn
in dieſem Verfahren und in der Verſchonung der Sekundanten, Zeugen
und Aerzte mit aller Strafe ein Nachgeben gegen Vorurtheile gefunden
werden kann, ſo läßt ſich doch erwiedern, daß es der Geſetzgebung wür-
diger iſt, da wo ſie einer beſtehenden Sitte die ſtrenge Durchführung
allgemeiner Rechtsprincipien mit Bewußtſein zum Opfer bringt, dieß
auch offen und konſequent zu thun, als den Schein des Rigorismus
zu bewahren, ohne ihre Satzungen in der Wirklichkeit darnach einzurichten.


w) Motive zum erſten Entwurf. III. 2. S. 67-90. — (v. Kamptz)
Revidirter Entwurf des Strafgeſetzbuchs. I. S. 101-203. — Bera-
thungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion
. II. S. 112-24. —
Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 31. März, 3. April, 7. April und
14. April 1841. — Reviſion von 1845. II. S. 108-12. — Verhandlun-
gen der Staatsraths-Kommiſſion von
1846. S. 111. — Verhandlun-
gen des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſes
. III. S. 632-87. — Be-
richt der Kommiſſion der zweiten Kammer
zu dieſem Titel. — Bericht
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ebendaſ.
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[339/0349] §§. 164-174. Zweikampf. die Gerichtshöfe Bedenken tragen, im Fall eines unglücklichen Ausgangs die allgemeinen Grundſätze des Strafrechts über Mord, Todtſchlag und Körperverletzung zur Anwendung zu bringen, muß auf der anderen Seite die thatſächliche Strafloſigkeit der Duellanten auf das gemeine Rechts- gefühl einen ungünſtigen Eindruck machen. Der Verſuch einer Vermitt- lung durch Ehrengerichte, wenn auch in gewiſſen korporativ zuſammen- geſchloſſenen Kreiſen ausführbar und von heilſamer Wirkung, iſt als allgemeine Einrichtung kaum irgendwo ernſtlich unternommen worden und würde ſich auch nicht bewähren. Bei der Reviſion der Strafgeſetze iſt der Zweikampf zum Gegen- ſtand ſorgfältiger Erwägungen gemacht, und die verſchiedenen Syſteme, welche die Geſetzgebung dabei in Anwendung bringen kann, ſind wie- derholt in Betracht gezogen worden. w) Doch hat ſich von Anfang an die Anſicht mit überwiegendem Nachdruck geltend gemacht, daß der Zweikampf als ein ſelbſtändiges Delikt zu behandeln ſei, welches ſeine beſondere Normirung erheiſche; daß namentlich die Strafmittel ſo zu wählen ſeien, daß ihre Anwendung nicht im Widerſpruch mit der Natur des Verbre- chens und der öffentlichen Meinung ſtehe, zugleich aber die Würde des Staatswillens, welcher die Eigenmacht in dieſer Form nicht ſanktioniren kann, durch den Ernſt der Ahndung gewahrt werde. In dieſem Sinne iſt namentlich auch in der Kommiſſion der zweiten Kammer beſchloſſen worden, die Einſchließung als die ordentliche Strafe des Duells auf- zuſtellen, in den Fällen aber, wo die Berückſichtigung der Sitte nicht eine mildere Behandlung angemeſſen erſcheinen läßt — alſo bei der vor- ſätzlichen Verletzung der Duellregeln und bei dem leichtfertigen Anhetzen zum Duell — die gewöhnlichen Strafmittel eintreten zu laſſen. Wenn in dieſem Verfahren und in der Verſchonung der Sekundanten, Zeugen und Aerzte mit aller Strafe ein Nachgeben gegen Vorurtheile gefunden werden kann, ſo läßt ſich doch erwiedern, daß es der Geſetzgebung wür- diger iſt, da wo ſie einer beſtehenden Sitte die ſtrenge Durchführung allgemeiner Rechtsprincipien mit Bewußtſein zum Opfer bringt, dieß auch offen und konſequent zu thun, als den Schein des Rigorismus zu bewahren, ohne ihre Satzungen in der Wirklichkeit darnach einzurichten. w) Motive zum erſten Entwurf. III. 2. S. 67-90. — (v. Kamptz) Revidirter Entwurf des Strafgeſetzbuchs. I. S. 101-203. — Bera- thungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II. S. 112-24. — Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 31. März, 3. April, 7. April und 14. April 1841. — Reviſion von 1845. II. S. 108-12. — Verhandlun- gen der Staatsraths-Kommiſſion von 1846. S. 111. — Verhandlun- gen des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſes. III. S. 632-87. — Be- richt der Kommiſſion der zweiten Kammer zu dieſem Titel. — Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer ebendaſ.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/349>, abgerufen am 22.11.2024.