Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XVI. Körperverletzung.
Dauer von fünf Jahren nicht übersteigen darf, oder für immer zu einem solchen
Amte für unfähig, oder der Befugniß zur selbständigen Betreibung seiner
Kunst oder seines Gewerbes verlustig erklärt werden.



Die vorstehenden Bestimmungen, welche im Wesentlichen dem All-
gemeinen Landrecht entlehnt sind, finden sich in dem Entwurf von 1843.
größtentheils unter den Verbrechen der Gewerbtreibenden, für welche die
Staatsraths- Kommission einen besonderen Titel (26.) gebildet hatte.
Man hatte sich in dieser Beziehung hauptsächlich von der Ansicht leiten
lassen, daß die ganz unbestimmte Hinweisung, welche das Allg. Land-
recht Th. II. Tit. 20. §. 508. auf die besonderen Verordnungen ent-
halte, nicht wiederholt werden könne, daß aber doch einige allgemeinen
Vorschriften über die Vergehen der Gewerbtreibenden und über die Ent-
ziehung der Befugniß zur Fortführung des Gewerbebetriebs in das
Strafgesetzbuch aufzunehmen seien. Namentlich sei dieß in Ansehung
zweier Klassen von Gewerbetreibenden wünschenswerth. Zuvörderst sei
hier derjenigen Personen zu erwähnen, denen öffentlicher Glaube in
gewissen Geschäften beigelegt sei, wie z. B. den Mäklern, Taxatoren,
Güterbestätigern und Feldmessern. Diese müßten, wenn sie das bei ihrer
Anstellung in sie gesetzte Vertrauen täuschen und sich einer Verletzung
der meistens eidlich übernommenen Verpflichtung schuldig machen, strenger
bestraft und nach Bewandniß der Umstände schon im ersten Kontraven-
tionsfall mit Entziehung der Gewerbebefugniß bestraft werden. Dem-
nächst kämen diejenigen Personen in Betracht, denen zwar kein öffent-
licher Glaube beigelegt ist, die aber zum Dienst des Publikums für
gewisse Geschäfte öffentlich ernannt oder ermächtigt und deshalb besonders
verpflichtet werden, weil diese Geschäfte einen bestimmten Umfang von
Kenntnissen oder Fähigkeiten voraussetzen. Zu diesen Personen, welche
vor ihrer Anstellung eine Prüfung bestehen müssen, seien -- nach Inhalt
des Gesetzes vom 7. September 1811. (G. S. S. 263.) -- außer den
Aerzten und Wundärzten, namentlich die Apotheker, Hebammen, Roß-
und Viehärzte, Verfertiger von chirurgischen Instrumenten, Architekten
und Baumeister, Auktions-Kommissarien und Kommissionärs zu rechnen.
Auch für diese Klasse, die, gleich der ersten, dem Beamtenverhältnisse sehr
nahe stehe, sei es erforderlich, mehrere Vorschriften aufzunehmen. Für die
übrigen Gewerbtreibenden liege ein gleiches Bedürfniß nicht vor; aber
Einzelnes sei doch in Beziehung auf ihren Gewerbebetrieb und den
Verlust desselben zu bestimmen, namentlich im Fall wiederholter Ver-
übung gewisser Polizei-Kontraventionen. l)


l) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission. II.
S. 233. 234.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVI. Körperverletzung.
Dauer von fünf Jahren nicht überſteigen darf, oder für immer zu einem ſolchen
Amte für unfähig, oder der Befugniß zur ſelbſtändigen Betreibung ſeiner
Kunſt oder ſeines Gewerbes verluſtig erklärt werden.



Die vorſtehenden Beſtimmungen, welche im Weſentlichen dem All-
gemeinen Landrecht entlehnt ſind, finden ſich in dem Entwurf von 1843.
größtentheils unter den Verbrechen der Gewerbtreibenden, für welche die
Staatsraths- Kommiſſion einen beſonderen Titel (26.) gebildet hatte.
Man hatte ſich in dieſer Beziehung hauptſächlich von der Anſicht leiten
laſſen, daß die ganz unbeſtimmte Hinweiſung, welche das Allg. Land-
recht Th. II. Tit. 20. §. 508. auf die beſonderen Verordnungen ent-
halte, nicht wiederholt werden könne, daß aber doch einige allgemeinen
Vorſchriften über die Vergehen der Gewerbtreibenden und über die Ent-
ziehung der Befugniß zur Fortführung des Gewerbebetriebs in das
Strafgeſetzbuch aufzunehmen ſeien. Namentlich ſei dieß in Anſehung
zweier Klaſſen von Gewerbetreibenden wünſchenswerth. Zuvörderſt ſei
hier derjenigen Perſonen zu erwähnen, denen öffentlicher Glaube in
gewiſſen Geſchäften beigelegt ſei, wie z. B. den Mäklern, Taxatoren,
Güterbeſtätigern und Feldmeſſern. Dieſe müßten, wenn ſie das bei ihrer
Anſtellung in ſie geſetzte Vertrauen täuſchen und ſich einer Verletzung
der meiſtens eidlich übernommenen Verpflichtung ſchuldig machen, ſtrenger
beſtraft und nach Bewandniß der Umſtände ſchon im erſten Kontraven-
tionsfall mit Entziehung der Gewerbebefugniß beſtraft werden. Dem-
nächſt kämen diejenigen Perſonen in Betracht, denen zwar kein öffent-
licher Glaube beigelegt iſt, die aber zum Dienſt des Publikums für
gewiſſe Geſchäfte öffentlich ernannt oder ermächtigt und deshalb beſonders
verpflichtet werden, weil dieſe Geſchäfte einen beſtimmten Umfang von
Kenntniſſen oder Fähigkeiten vorausſetzen. Zu dieſen Perſonen, welche
vor ihrer Anſtellung eine Prüfung beſtehen müſſen, ſeien — nach Inhalt
des Geſetzes vom 7. September 1811. (G. S. S. 263.) — außer den
Aerzten und Wundärzten, namentlich die Apotheker, Hebammen, Roß-
und Viehärzte, Verfertiger von chirurgiſchen Inſtrumenten, Architekten
und Baumeiſter, Auktions-Kommiſſarien und Kommiſſionärs zu rechnen.
Auch für dieſe Klaſſe, die, gleich der erſten, dem Beamtenverhältniſſe ſehr
nahe ſtehe, ſei es erforderlich, mehrere Vorſchriften aufzunehmen. Für die
übrigen Gewerbtreibenden liege ein gleiches Bedürfniß nicht vor; aber
Einzelnes ſei doch in Beziehung auf ihren Gewerbebetrieb und den
Verluſt deſſelben zu beſtimmen, namentlich im Fall wiederholter Ver-
übung gewiſſer Polizei-Kontraventionen. l)


l) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II.
S. 233. 234.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0394" n="384"/><fw place="top" type="header">Th. II. V. d. einzelnen Verbr. &#xA75B;c. Tit. XVI.           Körperverletzung.</fw><lb/>
Dauer von fünf Jahren nicht über&#x017F;teigen darf, oder          für immer zu einem &#x017F;olchen<lb/>
Amte für unfähig, oder der Befugniß zur          &#x017F;elb&#x017F;tändigen Betreibung &#x017F;einer<lb/>
Kun&#x017F;t oder          &#x017F;eines Gewerbes verlu&#x017F;tig erklärt werden.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Die vor&#x017F;tehenden Be&#x017F;timmungen, welche im We&#x017F;entlichen          dem All-<lb/>
gemeinen Landrecht entlehnt &#x017F;ind, finden &#x017F;ich in dem          Entwurf von 1843.<lb/>
größtentheils unter den Verbrechen der Gewerbtreibenden, für welche          die<lb/>
Staatsraths- Kommi&#x017F;&#x017F;ion einen be&#x017F;onderen Titel          (26.) gebildet hatte.<lb/>
Man hatte &#x017F;ich in die&#x017F;er Beziehung          haupt&#x017F;ächlich von der An&#x017F;icht          leiten<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, daß die ganz unbe&#x017F;timmte          Hinwei&#x017F;ung, welche das Allg. Land-<lb/>
recht Th. II. Tit. 20. §. 508. auf die          be&#x017F;onderen Verordnungen ent-<lb/>
halte, nicht wiederholt werden könne, daß aber          doch einige allgemeinen<lb/>
Vor&#x017F;chriften über die Vergehen der Gewerbtreibenden          und über die Ent-<lb/>
ziehung der Befugniß zur Fortführung des Gewerbebetriebs in          das<lb/>
Strafge&#x017F;etzbuch aufzunehmen &#x017F;eien. Namentlich &#x017F;ei          dieß in An&#x017F;ehung<lb/>
zweier Kla&#x017F;&#x017F;en von Gewerbetreibenden          wün&#x017F;chenswerth. Zuvörder&#x017F;t &#x017F;ei<lb/>
hier derjenigen          Per&#x017F;onen zu erwähnen, denen öffentlicher Glaube          in<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Ge&#x017F;chäften beigelegt &#x017F;ei, wie          z. B. den Mäklern, Taxatoren,<lb/>
Güterbe&#x017F;tätigern und          Feldme&#x017F;&#x017F;ern. Die&#x017F;e müßten, wenn &#x017F;ie das bei          ihrer<lb/>
An&#x017F;tellung in &#x017F;ie ge&#x017F;etzte Vertrauen          täu&#x017F;chen und &#x017F;ich einer Verletzung<lb/>
der mei&#x017F;tens          eidlich übernommenen Verpflichtung &#x017F;chuldig machen,          &#x017F;trenger<lb/>
be&#x017F;traft und nach Bewandniß der Um&#x017F;tände          &#x017F;chon im er&#x017F;ten Kontraven-<lb/>
tionsfall mit Entziehung der          Gewerbebefugniß be&#x017F;traft werden. Dem-<lb/>
näch&#x017F;t kämen diejenigen          Per&#x017F;onen in Betracht, denen zwar kein öffent-<lb/>
licher Glaube beigelegt          i&#x017F;t, die aber zum Dien&#x017F;t des Publikums          für<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Ge&#x017F;chäfte öffentlich ernannt oder          ermächtigt und deshalb be&#x017F;onders<lb/>
verpflichtet werden, weil die&#x017F;e          Ge&#x017F;chäfte einen be&#x017F;timmten Umfang          von<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;en oder Fähigkeiten voraus&#x017F;etzen. Zu          die&#x017F;en Per&#x017F;onen, welche<lb/>
vor ihrer An&#x017F;tellung eine          Prüfung be&#x017F;tehen mü&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;eien &#x2014;          nach Inhalt<lb/>
des Ge&#x017F;etzes vom 7. September 1811. (G. S. S. 263.) &#x2014;          außer den<lb/>
Aerzten und Wundärzten, namentlich die Apotheker, Hebammen, Roß-<lb/>
und          Viehärzte, Verfertiger von chirurgi&#x017F;chen In&#x017F;trumenten,          Architekten<lb/>
und Baumei&#x017F;ter, Auktions-Kommi&#x017F;&#x017F;arien und          Kommi&#x017F;&#x017F;ionärs zu rechnen.<lb/>
Auch für die&#x017F;e          Kla&#x017F;&#x017F;e, die, gleich der er&#x017F;ten, dem          Beamtenverhältni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ehr<lb/>
nahe &#x017F;tehe,          &#x017F;ei es erforderlich, mehrere Vor&#x017F;chriften aufzunehmen. Für          die<lb/>
übrigen Gewerbtreibenden liege ein gleiches Bedürfniß nicht vor; aber<lb/>
Einzelnes          &#x017F;ei doch in Beziehung auf ihren Gewerbebetrieb und den<lb/>
Verlu&#x017F;t          de&#x017F;&#x017F;elben zu be&#x017F;timmen, namentlich im Fall wiederholter          Ver-<lb/>
übung gewi&#x017F;&#x017F;er Polizei-Kontraventionen. <note place="foot" n="l)"><hi rendition="#g">Berathungs-Protokolle der            Staatsraths-Kommi&#x017F;&#x017F;ion</hi>. II.<lb/>
S. 233. 234.</note>         </p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[384/0394] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVI. Körperverletzung. Dauer von fünf Jahren nicht überſteigen darf, oder für immer zu einem ſolchen Amte für unfähig, oder der Befugniß zur ſelbſtändigen Betreibung ſeiner Kunſt oder ſeines Gewerbes verluſtig erklärt werden. Die vorſtehenden Beſtimmungen, welche im Weſentlichen dem All- gemeinen Landrecht entlehnt ſind, finden ſich in dem Entwurf von 1843. größtentheils unter den Verbrechen der Gewerbtreibenden, für welche die Staatsraths- Kommiſſion einen beſonderen Titel (26.) gebildet hatte. Man hatte ſich in dieſer Beziehung hauptſächlich von der Anſicht leiten laſſen, daß die ganz unbeſtimmte Hinweiſung, welche das Allg. Land- recht Th. II. Tit. 20. §. 508. auf die beſonderen Verordnungen ent- halte, nicht wiederholt werden könne, daß aber doch einige allgemeinen Vorſchriften über die Vergehen der Gewerbtreibenden und über die Ent- ziehung der Befugniß zur Fortführung des Gewerbebetriebs in das Strafgeſetzbuch aufzunehmen ſeien. Namentlich ſei dieß in Anſehung zweier Klaſſen von Gewerbetreibenden wünſchenswerth. Zuvörderſt ſei hier derjenigen Perſonen zu erwähnen, denen öffentlicher Glaube in gewiſſen Geſchäften beigelegt ſei, wie z. B. den Mäklern, Taxatoren, Güterbeſtätigern und Feldmeſſern. Dieſe müßten, wenn ſie das bei ihrer Anſtellung in ſie geſetzte Vertrauen täuſchen und ſich einer Verletzung der meiſtens eidlich übernommenen Verpflichtung ſchuldig machen, ſtrenger beſtraft und nach Bewandniß der Umſtände ſchon im erſten Kontraven- tionsfall mit Entziehung der Gewerbebefugniß beſtraft werden. Dem- nächſt kämen diejenigen Perſonen in Betracht, denen zwar kein öffent- licher Glaube beigelegt iſt, die aber zum Dienſt des Publikums für gewiſſe Geſchäfte öffentlich ernannt oder ermächtigt und deshalb beſonders verpflichtet werden, weil dieſe Geſchäfte einen beſtimmten Umfang von Kenntniſſen oder Fähigkeiten vorausſetzen. Zu dieſen Perſonen, welche vor ihrer Anſtellung eine Prüfung beſtehen müſſen, ſeien — nach Inhalt des Geſetzes vom 7. September 1811. (G. S. S. 263.) — außer den Aerzten und Wundärzten, namentlich die Apotheker, Hebammen, Roß- und Viehärzte, Verfertiger von chirurgiſchen Inſtrumenten, Architekten und Baumeiſter, Auktions-Kommiſſarien und Kommiſſionärs zu rechnen. Auch für dieſe Klaſſe, die, gleich der erſten, dem Beamtenverhältniſſe ſehr nahe ſtehe, ſei es erforderlich, mehrere Vorſchriften aufzunehmen. Für die übrigen Gewerbtreibenden liege ein gleiches Bedürfniß nicht vor; aber Einzelnes ſei doch in Beziehung auf ihren Gewerbebetrieb und den Verluſt deſſelben zu beſtimmen, namentlich im Fall wiederholter Ver- übung gewiſſer Polizei-Kontraventionen. l) l) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II. S. 233. 234.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/394
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/394>, abgerufen am 22.11.2024.