Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XVII. Verbr. u. Verg. wider d. Freih. werde. r) Dabei hatte der Entwurf von 1830. das im Allg. Landrechtdurchgeführte Princip der Talion verlassen, und auch die Staatsraths- Kommission erklärte sich, im Gegensatz zu dem Entwurf von 1836., hiermit einverstanden. Dieselbe kehrte aber auch in Beziehung auf den Thatbestand des Verbrechens im Wesentlichen zu den Bestimmungen jenes früheren Entwurfes zurück. s) Es wurde demnach folgende Fas- sung gewählt: Entwurf von 1843. §. 356. "Wer sich unbefugterweise eines 1) mit zwanzigjähriger bis lebenslänglicher Zuchthausstrafe, wenn dabei beabsichtigt wurde, den Geraubten in entfernte Weltgegen- den auszusetzen, oder ihn in Sklaverei oder Leibeigenschaft zu bringen; 2) mit Zuchthausstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, wenn der Geraubte in auswärtige Kriegs- oder Schiffsdienste gebracht werden sollte, oder wenn ein noch nicht volle sechszehn Jahre altes Kind geraubt worden ist, um dasselbe zum Betteln oder zu andern unsittlichen Zwecken zu gebrauchen, oder wenn das Ver- brechen gegen ein solches Kind von Seiltänzern, Kunstreitern, Marionettenspielern oder Gauklern verübt worden ist; 3) mit Strafarbeit oder mit Zuchthausstrafe von fünf bis zu zehn Jahren, wenn das Verbrechen zu andern Zwecken verübt wurde." Zugleich hatte man es in Erwägung gezogen, ob nicht nach dem Entwurf von 1843. §. 357. "Ueberlassen Eltern oder Vor- r) Motive zum ersten Entwurf. III. 2. S. 282-86. -- Entwurf von 1830. §. 311. 312. -- Entwurf von 1836. §. 529. 530. s) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission. II.
S. 282-84. 335. 336. Vgl. Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 28. April 1841. Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVII. Verbr. u. Verg. wider d. Freih. werde. r) Dabei hatte der Entwurf von 1830. das im Allg. Landrechtdurchgeführte Princip der Talion verlaſſen, und auch die Staatsraths- Kommiſſion erklärte ſich, im Gegenſatz zu dem Entwurf von 1836., hiermit einverſtanden. Dieſelbe kehrte aber auch in Beziehung auf den Thatbeſtand des Verbrechens im Weſentlichen zu den Beſtimmungen jenes früheren Entwurfes zurück. s) Es wurde demnach folgende Faſ- ſung gewählt: Entwurf von 1843. §. 356. „Wer ſich unbefugterweiſe eines 1) mit zwanzigjähriger bis lebenslänglicher Zuchthausſtrafe, wenn dabei beabſichtigt wurde, den Geraubten in entfernte Weltgegen- den auszuſetzen, oder ihn in Sklaverei oder Leibeigenſchaft zu bringen; 2) mit Zuchthausſtrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, wenn der Geraubte in auswärtige Kriegs- oder Schiffsdienſte gebracht werden ſollte, oder wenn ein noch nicht volle ſechszehn Jahre altes Kind geraubt worden iſt, um daſſelbe zum Betteln oder zu andern unſittlichen Zwecken zu gebrauchen, oder wenn das Ver- brechen gegen ein ſolches Kind von Seiltänzern, Kunſtreitern, Marionettenſpielern oder Gauklern verübt worden iſt; 3) mit Strafarbeit oder mit Zuchthausſtrafe von fünf bis zu zehn Jahren, wenn das Verbrechen zu andern Zwecken verübt wurde.“ Zugleich hatte man es in Erwägung gezogen, ob nicht nach dem Entwurf von 1843. §. 357. „Ueberlaſſen Eltern oder Vor- r) Motive zum erſten Entwurf. III. 2. S. 282-86. — Entwurf von 1830. §. 311. 312. — Entwurf von 1836. §. 529. 530. s) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II.
S. 282-84. 335. 336. Vgl. Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 28. April 1841. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0398" n="388"/><fw place="top" type="header">Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVII. Verbr. u. Verg. wider d. Freih.</fw><lb/> werde. <note place="foot" n="r)"><hi rendition="#g">Motive zum erſten Entwurf</hi>. III. 2. S. 282-86. — <hi rendition="#g">Entwurf von</hi><lb/> 1830. §. 311. 312. — <hi rendition="#g">Entwurf von</hi> 1836. §. 529. 530.</note> Dabei hatte der Entwurf von 1830. das im Allg. Landrecht<lb/> durchgeführte Princip der Talion verlaſſen, und auch die Staatsraths-<lb/> Kommiſſion erklärte ſich, im Gegenſatz zu dem Entwurf von 1836.,<lb/> hiermit einverſtanden. Dieſelbe kehrte aber auch in Beziehung auf den<lb/> Thatbeſtand des Verbrechens im Weſentlichen zu den Beſtimmungen<lb/> jenes früheren Entwurfes zurück. <note place="foot" n="s)"><hi rendition="#g">Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion</hi>. II.<lb/> S. 282-84. 335. 336. Vgl. <hi rendition="#g">Protokolle des Staatsraths</hi>, Sitzung vom<lb/> 28. April 1841.</note> Es wurde demnach folgende Faſ-<lb/> ſung gewählt:</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Entwurf von</hi> 1843. §. 356. „Wer ſich unbefugterweiſe eines<lb/> Menſchen entweder durch Liſt oder Gewalt, oder vor deſſen zurückge-<lb/> legtem ſechszehnten Jahre ohne die Einwilligung ſeiner Eltern oder<lb/> Vormünder bemächtigt, und ihn entweder dem Schutze des Staats<lb/> durch Entfernung aus dem Staatsgebiete, oder dem Schutze derjenigen<lb/> entzogen hat, unter deren Aufſicht oder Gewalt er ſteht, ſoll beſtraft<lb/> werden:</p><lb/> <list> <item>1) mit zwanzigjähriger bis lebenslänglicher Zuchthausſtrafe, wenn<lb/> dabei beabſichtigt wurde, den Geraubten in entfernte Weltgegen-<lb/> den auszuſetzen, oder ihn in Sklaverei oder Leibeigenſchaft zu<lb/> bringen;</item><lb/> <item>2) mit Zuchthausſtrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, wenn der<lb/> Geraubte in auswärtige Kriegs- oder Schiffsdienſte gebracht<lb/> werden ſollte, oder wenn ein noch nicht volle ſechszehn Jahre<lb/> altes Kind geraubt worden iſt, um daſſelbe zum Betteln oder zu<lb/> andern unſittlichen Zwecken zu gebrauchen, oder wenn das Ver-<lb/> brechen gegen ein ſolches Kind von Seiltänzern, Kunſtreitern,<lb/> Marionettenſpielern oder Gauklern verübt worden iſt;</item><lb/> <item>3) mit Strafarbeit oder mit Zuchthausſtrafe von fünf bis zu zehn<lb/> Jahren, wenn das Verbrechen zu andern Zwecken verübt wurde.“</item> </list><lb/> <p>Zugleich hatte man es in Erwägung gezogen, ob nicht nach dem<lb/> Vorgange des Sächſiſchen Strafgeſetzbuchs (Art. 146.) eine Strafvor-<lb/> ſchrift aufzuſtellen ſei gegen Eltern, Vormünder und Erzieher, welche die<lb/> ihrer Pflege anvertrauten Kinder zu unſittlichen Zwecken oder zu einer<lb/> leichtfertigen Beſchäftigung Anderen überließen. Dieß führte zu folgen-<lb/> der Beſtimmung:</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Entwurf von</hi> 1843. §. 357. „Ueberlaſſen Eltern oder Vor-<lb/> münder ein noch nicht volle ſechszehn Jahre altes Kind einem Ande-<lb/> ren zu den im §. 356. Nr. 1. und 2. bezeichneten Zwecken, ſo ſoll ſo-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [388/0398]
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVII. Verbr. u. Verg. wider d. Freih.
werde. r) Dabei hatte der Entwurf von 1830. das im Allg. Landrecht
durchgeführte Princip der Talion verlaſſen, und auch die Staatsraths-
Kommiſſion erklärte ſich, im Gegenſatz zu dem Entwurf von 1836.,
hiermit einverſtanden. Dieſelbe kehrte aber auch in Beziehung auf den
Thatbeſtand des Verbrechens im Weſentlichen zu den Beſtimmungen
jenes früheren Entwurfes zurück. s) Es wurde demnach folgende Faſ-
ſung gewählt:
Entwurf von 1843. §. 356. „Wer ſich unbefugterweiſe eines
Menſchen entweder durch Liſt oder Gewalt, oder vor deſſen zurückge-
legtem ſechszehnten Jahre ohne die Einwilligung ſeiner Eltern oder
Vormünder bemächtigt, und ihn entweder dem Schutze des Staats
durch Entfernung aus dem Staatsgebiete, oder dem Schutze derjenigen
entzogen hat, unter deren Aufſicht oder Gewalt er ſteht, ſoll beſtraft
werden:
1) mit zwanzigjähriger bis lebenslänglicher Zuchthausſtrafe, wenn
dabei beabſichtigt wurde, den Geraubten in entfernte Weltgegen-
den auszuſetzen, oder ihn in Sklaverei oder Leibeigenſchaft zu
bringen;
2) mit Zuchthausſtrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, wenn der
Geraubte in auswärtige Kriegs- oder Schiffsdienſte gebracht
werden ſollte, oder wenn ein noch nicht volle ſechszehn Jahre
altes Kind geraubt worden iſt, um daſſelbe zum Betteln oder zu
andern unſittlichen Zwecken zu gebrauchen, oder wenn das Ver-
brechen gegen ein ſolches Kind von Seiltänzern, Kunſtreitern,
Marionettenſpielern oder Gauklern verübt worden iſt;
3) mit Strafarbeit oder mit Zuchthausſtrafe von fünf bis zu zehn
Jahren, wenn das Verbrechen zu andern Zwecken verübt wurde.“
Zugleich hatte man es in Erwägung gezogen, ob nicht nach dem
Vorgange des Sächſiſchen Strafgeſetzbuchs (Art. 146.) eine Strafvor-
ſchrift aufzuſtellen ſei gegen Eltern, Vormünder und Erzieher, welche die
ihrer Pflege anvertrauten Kinder zu unſittlichen Zwecken oder zu einer
leichtfertigen Beſchäftigung Anderen überließen. Dieß führte zu folgen-
der Beſtimmung:
Entwurf von 1843. §. 357. „Ueberlaſſen Eltern oder Vor-
münder ein noch nicht volle ſechszehn Jahre altes Kind einem Ande-
ren zu den im §. 356. Nr. 1. und 2. bezeichneten Zwecken, ſo ſoll ſo-
r) Motive zum erſten Entwurf. III. 2. S. 282-86. — Entwurf von
1830. §. 311. 312. — Entwurf von 1836. §. 529. 530.
s) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II.
S. 282-84. 335. 336. Vgl. Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom
28. April 1841.
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