Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XVIII. Diebstahl u. Unterschlagung. nische Recht e) vorgeschrieben; ein Gefühl der Billigkeit hat die unnach-sichtige Ausübung der Strafgerechtigkeit beschränkt, um den Anforderun- gen der Familie auf Schonung ihrer Verhältnisse genügen zu können. Auch bei der Revision des Strafrechts ist dieser Gesichtspunkt von Anfang an festgehalten worden, und wenn darüber wiederholte und zum Theil sehr umfassende Verhandlungen statt gefunden haben, so bezogen dieselben sich weniger auf das Princip, als auf die Ausführung des- selben im Einzelnen. Namentlich kam es dabei zur Frage, für welche Verwandten eine Ausnahme von den allgemeinen Regeln über die Be- strafung gemacht werden solle, und wer ihnen sonst noch gleichzustellen sei; ferner ob für alle ausgenommenen Personen gleichmäßige Bestim- mungen zu erlassen seien, oder wieder eine Unterscheidung zu machen sei, indem für einige volle Straflosigkeit, für andere nur die Bedingung des Strafantrags Behufs der Bestrafung vorgeschrieben werde; endlich wie es mit denjenigen fremden Personen zu halten sei, welche an einem Diebstahle unter Verwandten Theil genommen. Die Revision hat bis in ihren letzten Stadien über die beste Lö- und Kindern, unter Ehegatten, oder unter Geschwistern vorgefallen sind, sollen als Diebstahl nicht angesehen, noch von Amtswegen untersucht und bestraft werden. §. 1134. Ein Gleiches gilt von Anverwandten, welche sich in einer gemeinschaftlichen Hauswirthschaft befinden. §. 1135. Nicht minder von Diebstählen, welche von Pflege- befohlenen und Zöglingen an ihren Vormündern, Pflegevätern und anderen Erzie- hern, oder an deren Hausgenossen begangen worden. §. 1136. Wird aber die Entwendung von demjenigen gerügt, unter dessen Hauszucht der Verbrecher steht, so muß dieselbe an dem Thäter, gleich jedem anderen gemeinen Diebstahle, bestraft werden. e) Code penal. Art. 380. Les soustractions commises par des maris au prejudice de leurs femmes, par des femmes au prejudice de leurs maris, par un veuf ou une veuve quant aux choses qui avaient appartenu a l'epoux decede, par des enfans ou autres descendans au prejudice de leurs peres ou meres, par des peres et meres ou autres ascendans au prejudice de leurs enfans ou autres descendans ou par des allies aux memes degres, ne pourront donner lieu qu'a des reparations civiles. -- A l'egard de tous autres individus qui auraient recele ou applique a leur profit tout ou partie des objets voles, ils seront punis comme coupable de vol. f) Motive zum ersten Entwurf. IV. S. 20-25. -- Entwurf von
1830. §. 337. Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVIII. Diebſtahl u. Unterſchlagung. niſche Recht e) vorgeſchrieben; ein Gefühl der Billigkeit hat die unnach-ſichtige Ausübung der Strafgerechtigkeit beſchränkt, um den Anforderun- gen der Familie auf Schonung ihrer Verhältniſſe genügen zu können. Auch bei der Reviſion des Strafrechts iſt dieſer Geſichtspunkt von Anfang an feſtgehalten worden, und wenn darüber wiederholte und zum Theil ſehr umfaſſende Verhandlungen ſtatt gefunden haben, ſo bezogen dieſelben ſich weniger auf das Princip, als auf die Ausführung des- ſelben im Einzelnen. Namentlich kam es dabei zur Frage, für welche Verwandten eine Ausnahme von den allgemeinen Regeln über die Be- ſtrafung gemacht werden ſolle, und wer ihnen ſonſt noch gleichzuſtellen ſei; ferner ob für alle ausgenommenen Perſonen gleichmäßige Beſtim- mungen zu erlaſſen ſeien, oder wieder eine Unterſcheidung zu machen ſei, indem für einige volle Strafloſigkeit, für andere nur die Bedingung des Strafantrags Behufs der Beſtrafung vorgeſchrieben werde; endlich wie es mit denjenigen fremden Perſonen zu halten ſei, welche an einem Diebſtahle unter Verwandten Theil genommen. Die Reviſion hat bis in ihren letzten Stadien über die beſte Lö- und Kindern, unter Ehegatten, oder unter Geſchwiſtern vorgefallen ſind, ſollen als Diebſtahl nicht angeſehen, noch von Amtswegen unterſucht und beſtraft werden. §. 1134. Ein Gleiches gilt von Anverwandten, welche ſich in einer gemeinſchaftlichen Hauswirthſchaft befinden. §. 1135. Nicht minder von Diebſtählen, welche von Pflege- befohlenen und Zöglingen an ihren Vormündern, Pflegevätern und anderen Erzie- hern, oder an deren Hausgenoſſen begangen worden. §. 1136. Wird aber die Entwendung von demjenigen gerügt, unter deſſen Hauszucht der Verbrecher ſteht, ſo muß dieſelbe an dem Thäter, gleich jedem anderen gemeinen Diebſtahle, beſtraft werden. e) Code pénal. Art. 380. Les soustractions commises par des maris au préjudice de leurs femmes, par des femmes au préjudice de leurs maris, par un veuf ou une veuve quant aux choses qui avaient appartenu à l'époux décédé, par des enfans ou autres descendans au préjudice de leurs pères ou méres, par des pères et mères ou autres ascendans au préjudice de leurs enfans ou autres descendans ou par des alliés aux mêmes degrés, ne pourront donner lieu qu'à des réparations civiles. — A l'égard de tous autres individus qui auraient recélé ou appliqué à leur profit tout ou partie des objets volés, ils seront punis comme coupable de vol. f) Motive zum erſten Entwurf. IV. S. 20-25. — Entwurf von
1830. §. 337. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0444" n="434"/><fw place="top" type="header">Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVIII. Diebſtahl u. Unterſchlagung.</fw><lb/> niſche Recht <note place="foot" n="e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Code pénal</hi>. Art. 380. Les soustractions commises par des maris<lb/> au préjudice de leurs femmes, par des femmes au préjudice de leurs maris,<lb/> par un veuf ou une veuve quant aux choses qui avaient appartenu à l'époux<lb/> décédé, par des enfans ou autres descendans au préjudice de leurs pères<lb/> ou méres, par des pères et mères ou autres ascendans au préjudice de<lb/> leurs enfans ou autres descendans ou par des alliés aux mêmes degrés, ne<lb/> pourront donner lieu qu'à des réparations civiles. — A l'égard de tous<lb/> autres individus qui auraient recélé ou appliqué à leur profit tout ou partie<lb/> des objets volés, ils seront punis comme coupable de vol</hi>.</note> vorgeſchrieben; ein Gefühl der Billigkeit hat die unnach-<lb/> ſichtige Ausübung der Strafgerechtigkeit beſchränkt, um den Anforderun-<lb/> gen der Familie auf Schonung ihrer Verhältniſſe genügen zu können.<lb/> Auch bei der Reviſion des Strafrechts iſt dieſer Geſichtspunkt von<lb/> Anfang an feſtgehalten worden, und wenn darüber wiederholte und zum<lb/> Theil ſehr umfaſſende Verhandlungen ſtatt gefunden haben, ſo bezogen<lb/> dieſelben ſich weniger auf das Princip, als auf die Ausführung des-<lb/> ſelben im Einzelnen. Namentlich kam es dabei zur Frage, für welche<lb/> Verwandten eine Ausnahme von den allgemeinen Regeln über die Be-<lb/> ſtrafung gemacht werden ſolle, und wer ihnen ſonſt noch gleichzuſtellen<lb/> ſei; ferner ob für alle ausgenommenen Perſonen gleichmäßige Beſtim-<lb/> mungen zu erlaſſen ſeien, oder wieder eine Unterſcheidung zu machen<lb/> ſei, indem für einige volle Strafloſigkeit, für andere nur die Bedingung<lb/> des Strafantrags Behufs der Beſtrafung vorgeſchrieben werde; endlich<lb/> wie es mit denjenigen fremden Perſonen zu halten ſei, welche an einem<lb/> Diebſtahle unter Verwandten Theil genommen.</p><lb/> <p>Die Reviſion hat bis in ihren letzten Stadien über die beſte Lö-<lb/> ſung dieſer Fragen geſchwankt, wie es überhaupt der Fall zu ſein pflegt,<lb/> wenn nach Rückſichten der Billigkeit anomale Vorſchriften über einen<lb/> Gegenſtand aufgeſtellt werden ſollen, deſſen allgemeine Normirung auf<lb/> ſtrengen Rechtsprincipien beruht. Auch boten die einzelnen Rechtsquellen,<lb/> an deren Stelle das Strafgeſetzbuch zu treten beſtimmt war, verſchiedene<lb/> Wege zur Erreichung des beabſichtigten Zieles dar, und die Geſetzgebung<lb/> hat ſich bald mehr auf dem einen, bald mehr auf dem anderen befun-<lb/> den. Anfangs entſchied man ſich dafür, Entwendungen unter Ver-<lb/> wandten nur auf den Antrag des Verletzten beſtrafen zu laſſen; <note place="foot" n="f)"><hi rendition="#g">Motive zum erſten Entwurf</hi>. IV. S. 20-25. — <hi rendition="#g">Entwurf von</hi><lb/> 1830. §. 337.</note> ſpäter<lb/><note xml:id="note-0444" prev="#note-0443" place="foot" n="d)">und Kindern, unter Ehegatten, oder unter Geſchwiſtern vorgefallen ſind, ſollen als<lb/> Diebſtahl nicht angeſehen, noch von Amtswegen unterſucht und beſtraft werden.<lb/> §. 1134. Ein Gleiches gilt von Anverwandten, welche ſich in einer gemeinſchaftlichen<lb/> Hauswirthſchaft befinden. §. 1135. Nicht minder von Diebſtählen, welche von Pflege-<lb/> befohlenen und Zöglingen an ihren Vormündern, Pflegevätern und anderen Erzie-<lb/> hern, oder an deren Hausgenoſſen begangen worden. §. 1136. Wird aber die<lb/> Entwendung von demjenigen gerügt, unter deſſen Hauszucht der Verbrecher ſteht, ſo<lb/> muß dieſelbe an dem Thäter, gleich jedem anderen gemeinen Diebſtahle, beſtraft werden.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [434/0444]
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVIII. Diebſtahl u. Unterſchlagung.
niſche Recht e) vorgeſchrieben; ein Gefühl der Billigkeit hat die unnach-
ſichtige Ausübung der Strafgerechtigkeit beſchränkt, um den Anforderun-
gen der Familie auf Schonung ihrer Verhältniſſe genügen zu können.
Auch bei der Reviſion des Strafrechts iſt dieſer Geſichtspunkt von
Anfang an feſtgehalten worden, und wenn darüber wiederholte und zum
Theil ſehr umfaſſende Verhandlungen ſtatt gefunden haben, ſo bezogen
dieſelben ſich weniger auf das Princip, als auf die Ausführung des-
ſelben im Einzelnen. Namentlich kam es dabei zur Frage, für welche
Verwandten eine Ausnahme von den allgemeinen Regeln über die Be-
ſtrafung gemacht werden ſolle, und wer ihnen ſonſt noch gleichzuſtellen
ſei; ferner ob für alle ausgenommenen Perſonen gleichmäßige Beſtim-
mungen zu erlaſſen ſeien, oder wieder eine Unterſcheidung zu machen
ſei, indem für einige volle Strafloſigkeit, für andere nur die Bedingung
des Strafantrags Behufs der Beſtrafung vorgeſchrieben werde; endlich
wie es mit denjenigen fremden Perſonen zu halten ſei, welche an einem
Diebſtahle unter Verwandten Theil genommen.
Die Reviſion hat bis in ihren letzten Stadien über die beſte Lö-
ſung dieſer Fragen geſchwankt, wie es überhaupt der Fall zu ſein pflegt,
wenn nach Rückſichten der Billigkeit anomale Vorſchriften über einen
Gegenſtand aufgeſtellt werden ſollen, deſſen allgemeine Normirung auf
ſtrengen Rechtsprincipien beruht. Auch boten die einzelnen Rechtsquellen,
an deren Stelle das Strafgeſetzbuch zu treten beſtimmt war, verſchiedene
Wege zur Erreichung des beabſichtigten Zieles dar, und die Geſetzgebung
hat ſich bald mehr auf dem einen, bald mehr auf dem anderen befun-
den. Anfangs entſchied man ſich dafür, Entwendungen unter Ver-
wandten nur auf den Antrag des Verletzten beſtrafen zu laſſen; f) ſpäter
d)
e) Code pénal. Art. 380. Les soustractions commises par des maris
au préjudice de leurs femmes, par des femmes au préjudice de leurs maris,
par un veuf ou une veuve quant aux choses qui avaient appartenu à l'époux
décédé, par des enfans ou autres descendans au préjudice de leurs pères
ou méres, par des pères et mères ou autres ascendans au préjudice de
leurs enfans ou autres descendans ou par des alliés aux mêmes degrés, ne
pourront donner lieu qu'à des réparations civiles. — A l'égard de tous
autres individus qui auraient recélé ou appliqué à leur profit tout ou partie
des objets volés, ils seront punis comme coupable de vol.
f) Motive zum erſten Entwurf. IV. S. 20-25. — Entwurf von
1830. §. 337.
d) und Kindern, unter Ehegatten, oder unter Geſchwiſtern vorgefallen ſind, ſollen als
Diebſtahl nicht angeſehen, noch von Amtswegen unterſucht und beſtraft werden.
§. 1134. Ein Gleiches gilt von Anverwandten, welche ſich in einer gemeinſchaftlichen
Hauswirthſchaft befinden. §. 1135. Nicht minder von Diebſtählen, welche von Pflege-
befohlenen und Zöglingen an ihren Vormündern, Pflegevätern und anderen Erzie-
hern, oder an deren Hausgenoſſen begangen worden. §. 1136. Wird aber die
Entwendung von demjenigen gerügt, unter deſſen Hauszucht der Verbrecher ſteht, ſo
muß dieſelbe an dem Thäter, gleich jedem anderen gemeinen Diebſtahle, beſtraft werden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |