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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§. VIII. Vorsatz und Fahrlässigkeit.
von einem Raube oder einem andern schweren Verbrechen herrühren,
nur dann angewandt werden könne, wenn der Hehler von dieser Qua-
lifikation gewußt habe, und hauptsächlich aus diesem Grunde hielt man
es für nothwendig, den §. 34. der Regierungsvorlage, welcher dieß nicht
ausgesprochen hatte, seinem Inhalte nach aufzulösen und zu einem be-
sonderen Titel umzuarbeiten (§. 237-40). q) Um in dieser Hinsicht
keinen Zweifel über die Absicht des Gesetzbuchs aufkommen zu lassen,
beschloß die Kommission im Einverständniß mit dem Kommissar des
Justizministeriums, aus dem Entwurf von 1847. eine allgemeine Be-
stimmung aufzunehmen, welche in der Regierungsvorlage als sich von
selbst verstehend weggelassen war, und daher aus jenem Entwurfe den
§. 60. in etwas veränderter Fassung als §. 44. wiederherzustellen.

"Es giebt," heißt es hierüber im Kommissionsbericht, "gewisse
Handlungen, welche nicht unter allen Umständen strafbar sind, sondern
den Charakter eines Verbrechens oder Vergehens nur dann annehmen,
wenn sie unter besonderen Umständen begangen worden oder wenn in
der Person des Thäters oder desjenigen, auf welche sich die That be-
zieht, besondere Eigenschaften oder Beziehungen vorhanden sind, wie dieß
z. B. beim Ehebruch und Inzest der Fall ist. -- Waren dem Thäter
diese besonderen Umstände, Eigenschaften und Beziehungen nicht bekannt,
so hat er das, was den Thatbestand des Verbrechens ausmacht, nicht
gewollt; ein strafbarer Vorsatz war nicht vorhanden. Es kann daher
gerechterweise auch keine Bestrafung eintreten. Aehnlich verhält es sich
in den Fällen, wo die Handlung zwar jedenfalls strafbar ist, ihre
Strafbarkeit aber durch solche besonderen Umstände, Eigenschaften oder
Beziehungen erhöht wird. Hier kann das, was nicht im Vorsatze des
Thäters lag, ebenfalls nicht bestraft werden. Diese Grundsätze lassen
sich zwar auch ohne eine ausdrückliche Bestimmung aus der ganzen
Theorie des Strafrechts deduziren. Die Kommission hält es indessen
doch für richtiger, dieselben nach dem Vorgang anderer Gesetzbücher
ausdrücklich auszusprechen." r)

Bei dieser Anschauungsweise mußte es in der Kommission zum
Gegenstande reiflicher Erwägung gemacht werden, als von dem Vertreter
der Regierung vorgeschlagen wurde, die Theilnehmer an einer Schlägerei,

q) a. a. O. S. 156. Die Kommission (heißt es hier in Beziehung auf §. 34
der Regierungsvorlage), findet diese Bestimmung weder mit den Grundprincipien des
Strafrechts überhaupt noch mit denen des Entwurfs vereinbar; nach ihrer Ansicht
muß vielmehr, wenn das Hauptverbrechen unter besonders erschwerenden Umständen
begangen ist, die Anwendung der dadurch verwirkten Strafe auf den Hehler, durch
dessen Wissenschaft von diesen besonderen Verhältnissen bedingt sein.
r) a. a. O. S. 78.

§. VIII. Vorſatz und Fahrläſſigkeit.
von einem Raube oder einem andern ſchweren Verbrechen herrühren,
nur dann angewandt werden könne, wenn der Hehler von dieſer Qua-
lifikation gewußt habe, und hauptſächlich aus dieſem Grunde hielt man
es für nothwendig, den §. 34. der Regierungsvorlage, welcher dieß nicht
ausgeſprochen hatte, ſeinem Inhalte nach aufzulöſen und zu einem be-
ſonderen Titel umzuarbeiten (§. 237-40). q) Um in dieſer Hinſicht
keinen Zweifel über die Abſicht des Geſetzbuchs aufkommen zu laſſen,
beſchloß die Kommiſſion im Einverſtändniß mit dem Kommiſſar des
Juſtizminiſteriums, aus dem Entwurf von 1847. eine allgemeine Be-
ſtimmung aufzunehmen, welche in der Regierungsvorlage als ſich von
ſelbſt verſtehend weggelaſſen war, und daher aus jenem Entwurfe den
§. 60. in etwas veränderter Faſſung als §. 44. wiederherzuſtellen.

„Es giebt,“ heißt es hierüber im Kommiſſionsbericht, „gewiſſe
Handlungen, welche nicht unter allen Umſtänden ſtrafbar ſind, ſondern
den Charakter eines Verbrechens oder Vergehens nur dann annehmen,
wenn ſie unter beſonderen Umſtänden begangen worden oder wenn in
der Perſon des Thäters oder desjenigen, auf welche ſich die That be-
zieht, beſondere Eigenſchaften oder Beziehungen vorhanden ſind, wie dieß
z. B. beim Ehebruch und Inzeſt der Fall iſt. — Waren dem Thäter
dieſe beſonderen Umſtände, Eigenſchaften und Beziehungen nicht bekannt,
ſo hat er das, was den Thatbeſtand des Verbrechens ausmacht, nicht
gewollt; ein ſtrafbarer Vorſatz war nicht vorhanden. Es kann daher
gerechterweiſe auch keine Beſtrafung eintreten. Aehnlich verhält es ſich
in den Fällen, wo die Handlung zwar jedenfalls ſtrafbar iſt, ihre
Strafbarkeit aber durch ſolche beſonderen Umſtände, Eigenſchaften oder
Beziehungen erhöht wird. Hier kann das, was nicht im Vorſatze des
Thäters lag, ebenfalls nicht beſtraft werden. Dieſe Grundſätze laſſen
ſich zwar auch ohne eine ausdrückliche Beſtimmung aus der ganzen
Theorie des Strafrechts deduziren. Die Kommiſſion hält es indeſſen
doch für richtiger, dieſelben nach dem Vorgang anderer Geſetzbücher
ausdrücklich auszuſprechen.“ r)

Bei dieſer Anſchauungsweiſe mußte es in der Kommiſſion zum
Gegenſtande reiflicher Erwägung gemacht werden, als von dem Vertreter
der Regierung vorgeſchlagen wurde, die Theilnehmer an einer Schlägerei,

q) a. a. O. S. 156. Die Kommiſſion (heißt es hier in Beziehung auf §. 34
der Regierungsvorlage), findet dieſe Beſtimmung weder mit den Grundprincipien des
Strafrechts überhaupt noch mit denen des Entwurfs vereinbar; nach ihrer Anſicht
muß vielmehr, wenn das Hauptverbrechen unter beſonders erſchwerenden Umſtänden
begangen iſt, die Anwendung der dadurch verwirkten Strafe auf den Hehler, durch
deſſen Wiſſenſchaft von dieſen beſonderen Verhältniſſen bedingt ſein.
r) a. a. O. S. 78.
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[43/0053] §. VIII. Vorſatz und Fahrläſſigkeit. von einem Raube oder einem andern ſchweren Verbrechen herrühren, nur dann angewandt werden könne, wenn der Hehler von dieſer Qua- lifikation gewußt habe, und hauptſächlich aus dieſem Grunde hielt man es für nothwendig, den §. 34. der Regierungsvorlage, welcher dieß nicht ausgeſprochen hatte, ſeinem Inhalte nach aufzulöſen und zu einem be- ſonderen Titel umzuarbeiten (§. 237-40). q) Um in dieſer Hinſicht keinen Zweifel über die Abſicht des Geſetzbuchs aufkommen zu laſſen, beſchloß die Kommiſſion im Einverſtändniß mit dem Kommiſſar des Juſtizminiſteriums, aus dem Entwurf von 1847. eine allgemeine Be- ſtimmung aufzunehmen, welche in der Regierungsvorlage als ſich von ſelbſt verſtehend weggelaſſen war, und daher aus jenem Entwurfe den §. 60. in etwas veränderter Faſſung als §. 44. wiederherzuſtellen. „Es giebt,“ heißt es hierüber im Kommiſſionsbericht, „gewiſſe Handlungen, welche nicht unter allen Umſtänden ſtrafbar ſind, ſondern den Charakter eines Verbrechens oder Vergehens nur dann annehmen, wenn ſie unter beſonderen Umſtänden begangen worden oder wenn in der Perſon des Thäters oder desjenigen, auf welche ſich die That be- zieht, beſondere Eigenſchaften oder Beziehungen vorhanden ſind, wie dieß z. B. beim Ehebruch und Inzeſt der Fall iſt. — Waren dem Thäter dieſe beſonderen Umſtände, Eigenſchaften und Beziehungen nicht bekannt, ſo hat er das, was den Thatbeſtand des Verbrechens ausmacht, nicht gewollt; ein ſtrafbarer Vorſatz war nicht vorhanden. Es kann daher gerechterweiſe auch keine Beſtrafung eintreten. Aehnlich verhält es ſich in den Fällen, wo die Handlung zwar jedenfalls ſtrafbar iſt, ihre Strafbarkeit aber durch ſolche beſonderen Umſtände, Eigenſchaften oder Beziehungen erhöht wird. Hier kann das, was nicht im Vorſatze des Thäters lag, ebenfalls nicht beſtraft werden. Dieſe Grundſätze laſſen ſich zwar auch ohne eine ausdrückliche Beſtimmung aus der ganzen Theorie des Strafrechts deduziren. Die Kommiſſion hält es indeſſen doch für richtiger, dieſelben nach dem Vorgang anderer Geſetzbücher ausdrücklich auszuſprechen.“ r) Bei dieſer Anſchauungsweiſe mußte es in der Kommiſſion zum Gegenſtande reiflicher Erwägung gemacht werden, als von dem Vertreter der Regierung vorgeſchlagen wurde, die Theilnehmer an einer Schlägerei, q) a. a. O. S. 156. Die Kommiſſion (heißt es hier in Beziehung auf §. 34 der Regierungsvorlage), findet dieſe Beſtimmung weder mit den Grundprincipien des Strafrechts überhaupt noch mit denen des Entwurfs vereinbar; nach ihrer Anſicht muß vielmehr, wenn das Hauptverbrechen unter beſonders erſchwerenden Umſtänden begangen iſt, die Anwendung der dadurch verwirkten Strafe auf den Hehler, durch deſſen Wiſſenſchaft von dieſen beſonderen Verhältniſſen bedingt ſein. r) a. a. O. S. 78.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/53>, abgerufen am 22.11.2024.