Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.Art. II. III. Geltung haben. Auf dieses für die praktische Jurisprudenz wichtigeWerk kann hier im Allgemeinen verwiesen werden, indem nur vom Standpunkte der allgemeinen wissenschaftlichen Betrachtung aus einzelne Bemerkungen an die vorhergegangene Erörterung anzureihen sind. I. Die allgemeinen Kategorien, nach welchen die neben dem Straf- a. Strafbestimmungen, welche sich in den verschiedenen Civilgesetz- büchern finden. Es enthalten sowohl die Französischen Civilgesetzbücher, als insbesondere das Allgemeine Landrecht, die Allgemeine Gerichts- ordnung, die Hypotheken- und Deposital-Ordnung dergleichen Vorschrif- ten, über deren fortdauernde Wirksamkeit, insofern sie Materien betreffen, über welche das Strafgesetzbuch nichts bestimmt, kein Zweifel bestehen kann. b. Andere Strafbestimmungen sind in allgemeinen Administrativ- Gesetzen enthalten, z. B. in der Gewerbeordnung vom 17. Juni 1845. c. Außerdem giebt es eine Anzahl besonderer Strafgesetze über einzelne Materien, welche das Strafgesetzbuch nicht berührt. II. Die civilrechtlichen Folgen der strafbaren Handlungen bestehen III. Die Frage, inwieweit die allgemeinen im Strafgesetzbuch ent- Beseler Kommentar. 39
Art. II. III. Geltung haben. Auf dieſes für die praktiſche Jurisprudenz wichtigeWerk kann hier im Allgemeinen verwieſen werden, indem nur vom Standpunkte der allgemeinen wiſſenſchaftlichen Betrachtung aus einzelne Bemerkungen an die vorhergegangene Erörterung anzureihen ſind. I. Die allgemeinen Kategorien, nach welchen die neben dem Straf- a. Strafbeſtimmungen, welche ſich in den verſchiedenen Civilgeſetz- büchern finden. Es enthalten ſowohl die Franzöſiſchen Civilgeſetzbücher, als insbeſondere das Allgemeine Landrecht, die Allgemeine Gerichts- ordnung, die Hypotheken- und Depoſital-Ordnung dergleichen Vorſchrif- ten, über deren fortdauernde Wirkſamkeit, inſofern ſie Materien betreffen, über welche das Strafgeſetzbuch nichts beſtimmt, kein Zweifel beſtehen kann. b. Andere Strafbeſtimmungen ſind in allgemeinen Adminiſtrativ- Geſetzen enthalten, z. B. in der Gewerbeordnung vom 17. Juni 1845. c. Außerdem giebt es eine Anzahl beſonderer Strafgeſetze über einzelne Materien, welche das Strafgeſetzbuch nicht berührt. II. Die civilrechtlichen Folgen der ſtrafbaren Handlungen beſtehen III. Die Frage, inwieweit die allgemeinen im Strafgeſetzbuch ent- Beſeler Kommentar. 39
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0611" n="601"/><fw place="top" type="header">Art. II. III.</fw><lb/> Geltung haben. Auf dieſes für die praktiſche Jurisprudenz wichtige<lb/> Werk kann hier im Allgemeinen verwieſen werden, indem nur vom<lb/> Standpunkte der allgemeinen wiſſenſchaftlichen Betrachtung aus einzelne<lb/> Bemerkungen an die vorhergegangene Erörterung anzureihen ſind.</p><lb/> <p>I. Die allgemeinen Kategorien, nach welchen die neben dem Straf-<lb/> geſetzbuch gültig bleibenden Strafgeſetze aufgeführt werden, laſſen ſich<lb/> nach verſchiedenen Geſichtspunkten feſtſtellen; in dem Bericht der Kom-<lb/> miſſion der zweiten Kammer ſind ſie in folgender Weiſe bezeichnet:</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Strafbeſtimmungen, welche ſich in den verſchiedenen Civilgeſetz-<lb/> büchern finden. Es enthalten ſowohl die Franzöſiſchen Civilgeſetzbücher,<lb/> als insbeſondere das Allgemeine Landrecht, die Allgemeine Gerichts-<lb/> ordnung, die Hypotheken- und Depoſital-Ordnung dergleichen Vorſchrif-<lb/> ten, über deren fortdauernde Wirkſamkeit, inſofern ſie Materien betreffen,<lb/> über welche das Strafgeſetzbuch nichts beſtimmt, kein Zweifel beſtehen<lb/> kann.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Andere Strafbeſtimmungen ſind in allgemeinen Adminiſtrativ-<lb/> Geſetzen enthalten, z. B. in der Gewerbeordnung vom 17. Juni 1845.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Außerdem giebt es eine Anzahl beſonderer Strafgeſetze über<lb/> einzelne Materien, welche das Strafgeſetzbuch nicht berührt.</item> </list><lb/> <p>II. Die civilrechtlichen Folgen der ſtrafbaren Handlungen beſtehen<lb/> unabhängig von den Satzungen des Strafgeſetzbuchs fort. In Betreff<lb/> des Rechtes auf Schadenerſatz iſt dieſer Grundſatz in §. 6. ausdrücklich<lb/> ausgeſprochen worden; er gilt aber allgemein und folgt aus der ſelbſt-<lb/> ſtändigen Herrſchaft des Civilrechts über das ihm zukommende Gebiet.<lb/> Der beſondere Vorbehalt wegen der Wuchergeſetze (Art. XI.) iſt auch<lb/> nur gemacht worden, weil ohne denſelben bei der in Art. II. ausge-<lb/> ſprochenen unbedingten Aufhebung des zwanzigſten Titels zweiten Thei-<lb/> les des Allg. Landrechts jene dort vorkommenden civilrechtlichen Vor-<lb/> ſchriften gleichfalls außer Wirkſamkeit geſetzt worden wären. Denn daß<lb/> geſetzliche Beſtimmungen jeder Art ohne einen ſolchen Vorbehalt mit<lb/> dem Geſetze, in welchem ſie ſich befinden, aufgehoben werden, verſteht<lb/> ſich von ſelbſt.</p><lb/> <p>III. Die Frage, inwieweit die allgemeinen im Strafgeſetzbuch ent-<lb/> haltenen Rechtsgrundſätze, z. B. über Verſuch, Theilnahme, Zurechnungs-<lb/> fähigkeit neben den beſonderen Strafgeſetzen zur Anwendung kommen,<lb/> ſoll, wie der Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer annimmt, im<lb/> einzelnen Fall entſchieden werden, je nach der Qualifikation der Hand-<lb/> lung, welche in dem beſonderen Geſetze mit Strafe bedroht iſt, und<lb/> nach den Umſtänden und Vorausſetzungen, unter denen daſſelbe erlaſſen<lb/> iſt. In der That kann hier ebenſowenig der Grundſatz, daß das neuere<lb/> Geſetz dem älteren derogirt, als die freilich beſtrittene Regel, daß ein<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Beſeler</hi> Kommentar. 39</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [601/0611]
Art. II. III.
Geltung haben. Auf dieſes für die praktiſche Jurisprudenz wichtige
Werk kann hier im Allgemeinen verwieſen werden, indem nur vom
Standpunkte der allgemeinen wiſſenſchaftlichen Betrachtung aus einzelne
Bemerkungen an die vorhergegangene Erörterung anzureihen ſind.
I. Die allgemeinen Kategorien, nach welchen die neben dem Straf-
geſetzbuch gültig bleibenden Strafgeſetze aufgeführt werden, laſſen ſich
nach verſchiedenen Geſichtspunkten feſtſtellen; in dem Bericht der Kom-
miſſion der zweiten Kammer ſind ſie in folgender Weiſe bezeichnet:
a. Strafbeſtimmungen, welche ſich in den verſchiedenen Civilgeſetz-
büchern finden. Es enthalten ſowohl die Franzöſiſchen Civilgeſetzbücher,
als insbeſondere das Allgemeine Landrecht, die Allgemeine Gerichts-
ordnung, die Hypotheken- und Depoſital-Ordnung dergleichen Vorſchrif-
ten, über deren fortdauernde Wirkſamkeit, inſofern ſie Materien betreffen,
über welche das Strafgeſetzbuch nichts beſtimmt, kein Zweifel beſtehen
kann.
b. Andere Strafbeſtimmungen ſind in allgemeinen Adminiſtrativ-
Geſetzen enthalten, z. B. in der Gewerbeordnung vom 17. Juni 1845.
c. Außerdem giebt es eine Anzahl beſonderer Strafgeſetze über
einzelne Materien, welche das Strafgeſetzbuch nicht berührt.
II. Die civilrechtlichen Folgen der ſtrafbaren Handlungen beſtehen
unabhängig von den Satzungen des Strafgeſetzbuchs fort. In Betreff
des Rechtes auf Schadenerſatz iſt dieſer Grundſatz in §. 6. ausdrücklich
ausgeſprochen worden; er gilt aber allgemein und folgt aus der ſelbſt-
ſtändigen Herrſchaft des Civilrechts über das ihm zukommende Gebiet.
Der beſondere Vorbehalt wegen der Wuchergeſetze (Art. XI.) iſt auch
nur gemacht worden, weil ohne denſelben bei der in Art. II. ausge-
ſprochenen unbedingten Aufhebung des zwanzigſten Titels zweiten Thei-
les des Allg. Landrechts jene dort vorkommenden civilrechtlichen Vor-
ſchriften gleichfalls außer Wirkſamkeit geſetzt worden wären. Denn daß
geſetzliche Beſtimmungen jeder Art ohne einen ſolchen Vorbehalt mit
dem Geſetze, in welchem ſie ſich befinden, aufgehoben werden, verſteht
ſich von ſelbſt.
III. Die Frage, inwieweit die allgemeinen im Strafgeſetzbuch ent-
haltenen Rechtsgrundſätze, z. B. über Verſuch, Theilnahme, Zurechnungs-
fähigkeit neben den beſonderen Strafgeſetzen zur Anwendung kommen,
ſoll, wie der Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer annimmt, im
einzelnen Fall entſchieden werden, je nach der Qualifikation der Hand-
lung, welche in dem beſonderen Geſetze mit Strafe bedroht iſt, und
nach den Umſtänden und Vorausſetzungen, unter denen daſſelbe erlaſſen
iſt. In der That kann hier ebenſowenig der Grundſatz, daß das neuere
Geſetz dem älteren derogirt, als die freilich beſtrittene Regel, daß ein
Beſeler Kommentar. 39
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |