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Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.

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Zehntes Kapitel.
Methode des Juristenrechts.

Das Daseyn eines selbständigen deutschen Juristenrechts ist
ein geschichtliches Factum, welches als solches seine volle An-
erkennung verlangt. In der That hat man es auch seit sei-
ner Entstehung, welche mit der Aufnahme des römischen Rechts
zusammenfällt, zu allen Zeiten als einen Theil des positiven
Rechts gelten lassen und zur Anwendung gebracht, wenn man
auch nicht immer dieselben Ausdrücke dafür gebrauchte, und
über den Grund und Umfang seiner Geltung, so wie über die
Art seiner Erkenntniß in mannichfachen Schwankungen und
Irrthümern begriffen war. Anfangs nahm man mit dem rö-
mischen Recht die von den italienischen Juristen ausgebildete
Lehre von der communis Doctorum opinio auf, welche von
dem unter den gegebenen Verhältnissen ganz richtigen Grund-
satze ausging, daß die gemeinsame Ueberzeugung des Juristen-
standes oder doch die überwiegend vorherrschende Meinung sei-
ner bedeutendsten Vertreter über die Geltung eines im römi-
schen Recht nicht klar ausgesprochenen Rechtssatzes entscheide.
Die Schwäche dieser Theorie lag, abgesehen von dem Werth
der ganzen Rechtsbildung, mit welcher die bezeichnete Anschau-
ungsweise unmittelbar zusammen hing, hauptsächlich in der
Art, wie man sie zur Anwendung brachte. Denn statt eine

Zehntes Kapitel.
Methode des Juriſtenrechts.

Das Daſeyn eines ſelbſtaͤndigen deutſchen Juriſtenrechts iſt
ein geſchichtliches Factum, welches als ſolches ſeine volle An-
erkennung verlangt. In der That hat man es auch ſeit ſei-
ner Entſtehung, welche mit der Aufnahme des roͤmiſchen Rechts
zuſammenfaͤllt, zu allen Zeiten als einen Theil des poſitiven
Rechts gelten laſſen und zur Anwendung gebracht, wenn man
auch nicht immer dieſelben Ausdruͤcke dafuͤr gebrauchte, und
uͤber den Grund und Umfang ſeiner Geltung, ſo wie uͤber die
Art ſeiner Erkenntniß in mannichfachen Schwankungen und
Irrthuͤmern begriffen war. Anfangs nahm man mit dem roͤ-
miſchen Recht die von den italieniſchen Juriſten ausgebildete
Lehre von der communis Doctorum opinio auf, welche von
dem unter den gegebenen Verhaͤltniſſen ganz richtigen Grund-
ſatze ausging, daß die gemeinſame Ueberzeugung des Juriſten-
ſtandes oder doch die uͤberwiegend vorherrſchende Meinung ſei-
ner bedeutendſten Vertreter uͤber die Geltung eines im roͤmi-
ſchen Recht nicht klar ausgeſprochenen Rechtsſatzes entſcheide.
Die Schwaͤche dieſer Theorie lag, abgeſehen von dem Werth
der ganzen Rechtsbildung, mit welcher die bezeichnete Anſchau-
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[[299]/0311] Zehntes Kapitel. Methode des Juriſtenrechts. Das Daſeyn eines ſelbſtaͤndigen deutſchen Juriſtenrechts iſt ein geſchichtliches Factum, welches als ſolches ſeine volle An- erkennung verlangt. In der That hat man es auch ſeit ſei- ner Entſtehung, welche mit der Aufnahme des roͤmiſchen Rechts zuſammenfaͤllt, zu allen Zeiten als einen Theil des poſitiven Rechts gelten laſſen und zur Anwendung gebracht, wenn man auch nicht immer dieſelben Ausdruͤcke dafuͤr gebrauchte, und uͤber den Grund und Umfang ſeiner Geltung, ſo wie uͤber die Art ſeiner Erkenntniß in mannichfachen Schwankungen und Irrthuͤmern begriffen war. Anfangs nahm man mit dem roͤ- miſchen Recht die von den italieniſchen Juriſten ausgebildete Lehre von der communis Doctorum opinio auf, welche von dem unter den gegebenen Verhaͤltniſſen ganz richtigen Grund- ſatze ausging, daß die gemeinſame Ueberzeugung des Juriſten- ſtandes oder doch die uͤberwiegend vorherrſchende Meinung ſei- ner bedeutendſten Vertreter uͤber die Geltung eines im roͤmi- ſchen Recht nicht klar ausgeſprochenen Rechtsſatzes entſcheide. Die Schwaͤche dieſer Theorie lag, abgeſehen von dem Werth der ganzen Rechtsbildung, mit welcher die bezeichnete Anſchau- ungsweiſe unmittelbar zuſammen hing, hauptſaͤchlich in der Art, wie man ſie zur Anwendung brachte. Denn ſtatt eine

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. [299]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/311>, abgerufen am 23.11.2024.