Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_360.001 [Beginn Spaltensatz] Liebchen, woher und wohin p1b_360.002 [Spaltenumbruch]
p1b_360.101Trägst du so lieblichen Duft, p1b_360.003 Sieh' her, mit liebendem Sinn p1b_360.004 Schönes, Geliebtes dich ruft. (Man beachte die fehlerhafte Accentverschiebung: p1b_360.102 p1b_360.103 p1b_360.104 I. Hexameter und Tetrameter. p1b_360.109 Geld und Geräte fordert sogleich der Besiegende; allen p1b_360.111 p1b_360.112Ernstes ver | langt's der Ver | wegene | mutvoll. II. Hexameter mit vier- und sechstaktigen Jamben. p1b_360.113 p1b_360.114 p1b_360.115 Heute belauscht' ich am Bach wetteifernde Hirtengesänge p1b_360.118 Und schwel | lend hob | sich mei | ne Brust, | p1b_360.119 Beim anschmeichelnden Hauch einfältiger ländlicher Klänge, p1b_360.120 Von Liebesleid und Sommerlust. p1b_360.121 Kunstlos war der Gesang, auch prunklos waren die Singer, p1b_360.122 Und selber schmucklos war die Flur; p1b_360.123 Doch vom Himmel ein Glanz ward irdischer Mängel Bezwinger, p1b_360.124 Jch sah verklärte Lichtnatur. p1b_360.125 Hört, nicht wie es entsprang, wie mir in bezauberten Ohren p1b_360.126 Das umgeborne Hirtenlied p1b_360.127 Sein ursprüngliches Nackt im tönenden Schmucke verloren, p1b_360.128 Und wie ich selbst den Streit entschied. p1b_360.129 p1b_360.130 a. Horch, wie die Nachtluft weht durch die glänzenden Blätter des Eichbaums, p1b_360.132 p1b_360.133Und wie der Wächter dort im Dorf die Stunden zählt. b. Schon ins zweite Geschlecht fortwütet die Fehde der Bürger, p1b_360.134 p1b_360.135Und Rom erliegt verblutend unter Römerhand. (Geibels klass. Liederbuch S. 120.) p1b_360.001 [Beginn Spaltensatz] Liebchen, woher und wohin p1b_360.002 [Spaltenumbruch]
p1b_360.101Trägst du so lieblichen Duft, p1b_360.003 Sieh' her, mit liebendem Sinn p1b_360.004 Schönes, Geliebtes dich ruft. (Man beachte die fehlerhafte Accentverschiebung: p1b_360.102 p1b_360.103 p1b_360.104 I. Hexameter und Tetrameter. p1b_360.109 Geld und Geräte fordert sogleich der Besiegende; allen p1b_360.111 p1b_360.112Ērnstĕs vĕr │ lāngt's dĕr Vĕr │ wēgĕnĕ │ mutvōll. II. Hexameter mit vier- und sechstaktigen Jamben. p1b_360.113 p1b_360.114 p1b_360.115 Heute belauscht' ich am Bach wetteifernde Hirtengesänge p1b_360.118 Ŭnd schwēl │ lĕnd hōb │ sĭch mēi │ nĕ Brūst, │ p1b_360.119 Beim anschmeichelnden Hauch einfältiger ländlicher Klänge, p1b_360.120 Von Liebesleid und Sommerlust. p1b_360.121 Kunstlos war der Gesang, auch prunklos waren die Singer, p1b_360.122 Und selber schmucklos war die Flur; p1b_360.123 Doch vom Himmel ein Glanz ward irdischer Mängel Bezwinger, p1b_360.124 Jch sah verklärte Lichtnatur. p1b_360.125 Hört, nicht wie es entsprang, wie mir in bezauberten Ohren p1b_360.126 Das umgeborne Hirtenlied p1b_360.127 Sein ursprüngliches Nackt im tönenden Schmucke verloren, p1b_360.128 Und wie ich selbst den Streit entschied. p1b_360.129 p1b_360.130 α. Horch, wie die Nachtluft weht durch die glänzenden Blätter des Eichbaums, p1b_360.132 p1b_360.133Und wie der Wächter dort im Dorf die Stunden zählt. β. Schon ins zweite Geschlecht fortwütet die Fehde der Bürger, p1b_360.134 p1b_360.135Und Rom erliegt verblutend unter Römerhand. (Geibels klass. Liederbuch S. 120.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0394" n="360"/> <lb n="p1b_360.001"/> <cb type="start"/> <lg> <l>Liebchen, woher und wohin</l> <lb n="p1b_360.002"/> <l>Trägst du so lieblichen Duft,</l> <lb n="p1b_360.003"/> <l>Sieh' her, mit liebendem Sinn</l> <lb n="p1b_360.004"/> <l>Schönes, Geliebtes dich ruft.</l> </lg> <cb/> <lb n="p1b_360.101"/> <p>(Man beachte die fehlerhafte Accentverschiebung: <lb n="p1b_360.102"/> Sieh her.)</p> <cb type="end"/> </div> <div n="4"> <p><lb n="p1b_360.103"/><hi rendition="#aq">D</hi>. 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Liebchen, woher und wohin p1b_360.002
Trägst du so lieblichen Duft, p1b_360.003
Sieh' her, mit liebendem Sinn p1b_360.004
Schönes, Geliebtes dich ruft.
p1b_360.101
(Man beachte die fehlerhafte Accentverschiebung: p1b_360.102
Sieh her.)
p1b_360.103
D. Weitere Verbindung des Hexameters mit anderen Versen.
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Neben der so bekannten und geläufigen Vermählung des Hexameters p1b_360.105
mit dem Pentameter finden wir ihn auch noch verbunden I. mit p1b_360.106
dem Tetrameter, II. mit vier- und sechstaktigen Jamben, III. mit dem p1b_360.107
archilochischen Verse.
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I. Hexameter und Tetrameter.
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Beispiel:
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Geld und Geräte fordert sogleich der Besiegende; allen p1b_360.111
Ērnstĕs vĕr │ lāngt's dĕr Vĕr │ wēgĕnĕ │ mutvōll.
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II. Hexameter mit vier- und sechstaktigen Jamben.
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a. Mit jambischen Viertaktern.
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Beispiele:
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Rückert wählte nach Art der horazischen Epoden diese rhythmisch=wirkungsvolle p1b_360.116
Form zur Einleitung seines modernen Jdylls „Wettgesang“:
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Heute belauscht' ich am Bach wetteifernde Hirtengesänge p1b_360.118
Ŭnd schwēl │ lĕnd hōb │ sĭch mēi │ nĕ Brūst, │ p1b_360.119
Beim anschmeichelnden Hauch einfältiger ländlicher Klänge, p1b_360.120
Von Liebesleid und Sommerlust. p1b_360.121
Kunstlos war der Gesang, auch prunklos waren die Singer, p1b_360.122
Und selber schmucklos war die Flur; p1b_360.123
Doch vom Himmel ein Glanz ward irdischer Mängel Bezwinger, p1b_360.124
Jch sah verklärte Lichtnatur. p1b_360.125
Hört, nicht wie es entsprang, wie mir in bezauberten Ohren p1b_360.126
Das umgeborne Hirtenlied p1b_360.127
Sein ursprüngliches Nackt im tönenden Schmucke verloren, p1b_360.128
Und wie ich selbst den Streit entschied.
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b. Mit jambischen Sechstaktern.
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Beispiele:
p1b_360.131
α.
Horch, wie die Nachtluft weht durch die glänzenden Blätter des Eichbaums, p1b_360.132
Und wie der Wächter dort im Dorf die Stunden zählt.
p1b_360.133
β.
Schon ins zweite Geschlecht fortwütet die Fehde der Bürger, p1b_360.134
Und Rom erliegt verblutend unter Römerhand.
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(Geibels klass. Liederbuch S. 120.)
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