Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_493.001 p1b_493.011 p1b_493.015 § 149. Analogien der Strophe. p1b_493.016 p1b_493.021 [Beginn Spaltensatz] In dulci jubilo. p1b_493.029 In dulci jubilo p1b_493.031 Nun singet und seid froh, p1b_493.032 Unsers Herzens Wonne p1b_493.033 Latet in poculo, p1b_493.034 Gezapfet aus der Tonne p1b_493.035 Pro hoc convivio, p1b_493.036 Nunc, nunc, bibito. p1b_493.037 [Spaltenumbruch]
p1b_493.101O crater parvule, p1b_493.038 Nach dir thut mir so weh! p1b_493.039 Erfreue mein Gemüte, p1b_493.040 O potus optime, p1b_493.041 Durch deines Weines Güte, p1b_493.042 Et vos concinite, p1b_493.043 Vivant socii. In dulci jubilo. p1b_493.102 In dulci jubilo p1b_493.104 Nun singet und seid froh! p1b_493.105 Unsers Herzens Wonne p1b_493.106 Liegt in praesepio! p1b_493.107 Und leuchtet als die Sonne p1b_493.108 In matris gremio. p1b_493.109 Alpha es et O. p1b_493.110 [Ende Spaltensatz]
O Jesu parvule! p1b_493.111 Nach dir ist mir so weh! p1b_493.112 Tröst mir mein Gemüte, p1b_493.113 O puer optime, p1b_493.114 Durch alle deine Güte, p1b_493.115 O princeps gloriae! p1b_493.116 Trahe me post te! p1b_493.001 p1b_493.011 p1b_493.015 § 149. Analogien der Strophe. p1b_493.016 p1b_493.021 [Beginn Spaltensatz] In dulci jubilo. p1b_493.029 In dulci jubilo p1b_493.031 Nun singet und seid froh, p1b_493.032 Unsers Herzens Wonne p1b_493.033 Latet in poculo, p1b_493.034 Gezapfet aus der Tonne p1b_493.035 Pro hoc convivio, p1b_493.036 Nunc, nunc, bibito. p1b_493.037 [Spaltenumbruch]
p1b_493.101O crater parvule, p1b_493.038 Nach dir thut mir so weh! p1b_493.039 Erfreue mein Gemüte, p1b_493.040 O potus optime, p1b_493.041 Durch deines Weines Güte, p1b_493.042 Et vos concinite, p1b_493.043 Vivant socii. In dulci jubilo. p1b_493.102 In dulci jubilo p1b_493.104 Nun singet und seid froh! p1b_493.105 Unsers Herzens Wonne p1b_493.106 Liegt in praesepio! p1b_493.107 Und leuchtet als die Sonne p1b_493.108 In matris gremio. p1b_493.109 Alpha es et O. p1b_493.110 [Ende Spaltensatz]
O Jesu parvule! p1b_493.111 Nach dir ist mir so weh! p1b_493.112 Tröst mir mein Gemüte, p1b_493.113 O puer optime, p1b_493.114 Durch alle deine Güte, p1b_493.115 O princeps gloriae! p1b_493.116 Trahe me post te! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0527" n="493"/><lb n="p1b_493.001"/> gemäß, während die vornehmere Poesie bald in allerlei Künsteleien verfiel, die <lb n="p1b_493.002"/> den Rückschluß auf die Schönheit der Urform erschweren. Zur Zeit der mittelhochdeutschen <lb n="p1b_493.003"/> Lyrik mit ihrer kunstvollen Strophik wandte die Volkspoesie <lb n="p1b_493.004"/> die 4zeilige Nibelungenstrophe (§ 190) und die 13zeilige Bernerstrophe <lb n="p1b_493.005"/> (§ 193 <hi rendition="#aq">b</hi>) an, die man auch den Berner Ton nannte, weil in diesem Ton <lb n="p1b_493.006"/> mehrere Sagen von Dietrich von Bern gedichtet sind. Die deutsche Kunstpoesie <lb n="p1b_493.007"/> baute bald dreigeteilte Strophen; die beiden ersten Teile oder Stollen bildeten <lb n="p1b_493.008"/> den Aufgesang, der letzte den Abgesang. Zeilenlänge, Zeilenzahl, Reimordnung <lb n="p1b_493.009"/> &c. bedingten eine große Mannigfaltigkeit in den Strophen. Die dreiteiligen <lb n="p1b_493.010"/> Strophen der Meistersänger hatten bis 100 Reimzeilen.</p> <p><lb n="p1b_493.011"/> Durch Zusammensetzung und Mischung der verschiedenartigsten Verse hat <lb n="p1b_493.012"/> sich eine reiche Zahl deutscher Strophen gebildet. Diese wurde vermehrt durch <lb n="p1b_493.013"/> Nachbildung antiker Strophenformen (§ 160 ff.), sowie durch Einführung der <lb n="p1b_493.014"/> Strophenformen anderer Litteraturen. (§ 164 ff.)</p> </div> <div n="2"> <lb n="p1b_493.015"/> <p> <hi rendition="#c">§ 149. Analogien der Strophe.</hi> </p> <p><lb n="p1b_493.016"/> Ein Analogon für Strophen ergiebt sich in den Teilen eines <lb n="p1b_493.017"/> Walzers oder Marsches. Je vier und vier Einzeltakte schließen sich <lb n="p1b_493.018"/> zu einer größeren rhythmischen Periode zusammen und bilden den <lb n="p1b_493.019"/> ersten, gleichsam fragenden Teil, dem der zweite antwortende Teil <lb n="p1b_493.020"/> entspricht wie bei den Griechen Strophe und Antistrophe.</p> <p><lb n="p1b_493.021"/> Als unser Volkslied noch gesungen wurde (im 15. und 16. Jahrhundert), <lb n="p1b_493.022"/> stimmten die einzelnen Strophen desselben zu einander wie die Teile einer <lb n="p1b_493.023"/> Tanzpiece. Man gewann die Weisen lieb und dichtete neue Volkslieder, ja <lb n="p1b_493.024"/> selbst Kirchenlieder nach diesen feststehenden rhythmischen Normen, um nach den <lb n="p1b_493.025"/> bekannten Melodien derselben zu singen. Auf diese Weise gingen häufiger, als <lb n="p1b_493.026"/> man es heutzutage ahnt, geistliche und weltliche Lieder in einander über. Zum <lb n="p1b_493.027"/> Belege geben wir hier nur ein Beispiel:</p> <lb n="p1b_493.028"/> <cb type="start"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">In dulci jubilo</hi></hi>. <lb n="p1b_493.029"/> Altes deutsches Studentenlied.</hi> </p> <lb n="p1b_493.030"/> <lg> <l> <hi rendition="#aq">In dulci jubilo</hi> </l> <lb n="p1b_493.031"/> <l>Nun singet und seid froh,</l> <lb n="p1b_493.032"/> <l>Unsers Herzens Wonne</l> <lb n="p1b_493.033"/> <l><hi rendition="#aq">Latet in poculo</hi>,</l> <lb n="p1b_493.034"/> <l>Gezapfet aus der Tonne</l> <lb n="p1b_493.035"/> <l> <hi rendition="#aq">Pro hoc convivio,</hi> </l> <lb n="p1b_493.036"/> <l> <hi rendition="#aq">Nunc, nunc, bibito. </hi> </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_493.037"/> <l><hi rendition="#aq">O crater parvule</hi>,</l> <lb n="p1b_493.038"/> <l>Nach dir thut mir so weh!</l> <lb n="p1b_493.039"/> <l>Erfreue mein Gemüte,</l> <lb n="p1b_493.040"/> <l><hi rendition="#aq">O potus optime</hi>,</l> <lb n="p1b_493.041"/> <l>Durch deines Weines Güte,</l> <lb n="p1b_493.042"/> <l> <hi rendition="#aq">Et vos concinite,</hi> </l> <lb n="p1b_493.043"/> <l><hi rendition="#aq">Vivant socii</hi>.</l> </lg> <cb/> <lb n="p1b_493.101"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">In dulci jubilo</hi></hi>. <lb n="p1b_493.102"/> Altes Kirchenlied.</hi> </p> <lb n="p1b_493.103"/> <lg> <l> <hi rendition="#aq">In dulci jubilo</hi> </l> <lb n="p1b_493.104"/> <l>Nun singet und seid froh!</l> <lb n="p1b_493.105"/> <l>Unsers Herzens Wonne</l> <lb n="p1b_493.106"/> <l>Liegt in <hi rendition="#aq">praesepio</hi>!</l> <lb n="p1b_493.107"/> <l>Und leuchtet als die Sonne</l> <lb n="p1b_493.108"/> <l> <hi rendition="#aq">In matris gremio.</hi> </l> <lb n="p1b_493.109"/> <l> <hi rendition="#aq">Alpha es et O. </hi> </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_493.110"/> <l><hi rendition="#aq">O Jesu parvule</hi>!</l> <lb n="p1b_493.111"/> <l>Nach dir ist mir so weh!</l> <lb n="p1b_493.112"/> <l>Tröst mir mein Gemüte,</l> <lb n="p1b_493.113"/> <l><hi rendition="#aq">O puer optime</hi>,</l> <lb n="p1b_493.114"/> <l>Durch alle deine Güte,</l> <lb n="p1b_493.115"/> <l> <hi rendition="#aq">O princeps gloriae!</hi> </l> <lb n="p1b_493.116"/> <l><hi rendition="#aq">Trahe me post te</hi>!</l> </lg> <cb type="end"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [493/0527]
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gemäß, während die vornehmere Poesie bald in allerlei Künsteleien verfiel, die p1b_493.002
den Rückschluß auf die Schönheit der Urform erschweren. Zur Zeit der mittelhochdeutschen p1b_493.003
Lyrik mit ihrer kunstvollen Strophik wandte die Volkspoesie p1b_493.004
die 4zeilige Nibelungenstrophe (§ 190) und die 13zeilige Bernerstrophe p1b_493.005
(§ 193 b) an, die man auch den Berner Ton nannte, weil in diesem Ton p1b_493.006
mehrere Sagen von Dietrich von Bern gedichtet sind. Die deutsche Kunstpoesie p1b_493.007
baute bald dreigeteilte Strophen; die beiden ersten Teile oder Stollen bildeten p1b_493.008
den Aufgesang, der letzte den Abgesang. Zeilenlänge, Zeilenzahl, Reimordnung p1b_493.009
&c. bedingten eine große Mannigfaltigkeit in den Strophen. Die dreiteiligen p1b_493.010
Strophen der Meistersänger hatten bis 100 Reimzeilen.
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Durch Zusammensetzung und Mischung der verschiedenartigsten Verse hat p1b_493.012
sich eine reiche Zahl deutscher Strophen gebildet. Diese wurde vermehrt durch p1b_493.013
Nachbildung antiker Strophenformen (§ 160 ff.), sowie durch Einführung der p1b_493.014
Strophenformen anderer Litteraturen. (§ 164 ff.)
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§ 149. Analogien der Strophe.
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Ein Analogon für Strophen ergiebt sich in den Teilen eines p1b_493.017
Walzers oder Marsches. Je vier und vier Einzeltakte schließen sich p1b_493.018
zu einer größeren rhythmischen Periode zusammen und bilden den p1b_493.019
ersten, gleichsam fragenden Teil, dem der zweite antwortende Teil p1b_493.020
entspricht wie bei den Griechen Strophe und Antistrophe.
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Als unser Volkslied noch gesungen wurde (im 15. und 16. Jahrhundert), p1b_493.022
stimmten die einzelnen Strophen desselben zu einander wie die Teile einer p1b_493.023
Tanzpiece. Man gewann die Weisen lieb und dichtete neue Volkslieder, ja p1b_493.024
selbst Kirchenlieder nach diesen feststehenden rhythmischen Normen, um nach den p1b_493.025
bekannten Melodien derselben zu singen. Auf diese Weise gingen häufiger, als p1b_493.026
man es heutzutage ahnt, geistliche und weltliche Lieder in einander über. Zum p1b_493.027
Belege geben wir hier nur ein Beispiel:
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Altes deutsches Studentenlied.
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In dulci jubilo p1b_493.031
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Unsers Herzens Wonne p1b_493.033
Latet in poculo, p1b_493.034
Gezapfet aus der Tonne p1b_493.035
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Nunc, nunc, bibito.
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O crater parvule, p1b_493.038
Nach dir thut mir so weh! p1b_493.039
Erfreue mein Gemüte, p1b_493.040
O potus optime, p1b_493.041
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Et vos concinite, p1b_493.043
Vivant socii.
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Altes Kirchenlied.
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Trahe me post te!
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