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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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erscheinen. Gereimte antike Strophen finden sich zwar schon im p1b_530.002
16. und 17. Jahrhundert. Aber erst Rückert, Platen und Schiller, dessen p1b_530.003
Griechenstrophe man im Hinblick auf den Reim bis in die Neuzeit für eine p1b_530.004
deutsche ansah, haben das durch Hegel erneuerte Vorurteil durchbrochen, daß p1b_530.005
der Reim mit der antiken Strophe unvereinbar sei. Besonders war es p1b_530.006
Rud. v. Gottschall vorbehalten, unserer Litteratur eine Fülle guter gereimter p1b_530.007
Strophen zu geben. Wir stimmen aus Überzeugung in seine nachstehende p1b_530.008
Empfehlung des Reimes für antike und namentlich für antikisierende Strophen ein, p1b_530.009
welche durch dieses Schönheitsmittel auch äußerlich zusammengehalten werden:

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O zage vor dem kühneren Schwunge nicht, p1b_530.011
Der alten Brauches sklavische Fessel bricht, p1b_530.012
Der um die Regel, die uns bindet, p1b_530.013
Zartere Blüten des Reimes windet.
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II. Fremde moderne Strophen und Dichtungsformen. p1b_530.015
(Südliche Formen.)
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§ 164. Erklärung und Einteilung.

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Erklärung. Eine Anzahl jener, der romanischen und orientalischen p1b_530.018
Poesie entlehnten Dichtungsformen, denen ein geregeltes Strophenmaß p1b_530.019
zu Grunde liegt, zeichnen sich durch genau bestimmte, ihnen eigentümliche p1b_530.020
Zeilenzahl, durch Stellung der Reime u. s. w. aus. Dadurch p1b_530.021
unterscheiden sie sich namentlich von den ungereimten, nur nach Längen p1b_530.022
und Kürzen, in gewisser Ordnung wiederkehrender Silben aufgebauten p1b_530.023
antikisierenden wie von den deutschen, so elastischen Strophen.

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Man nennt sie im Hinblick auf ihre Abstammung: südliche p1b_530.025
Formen
und rechnet sie bezüglich ihres Jnhalts zu den lyrischen p1b_530.026
Strophen.
(Vgl. II. Hauptstück im 2. Band d. B.)

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Einteilung. Man unterscheidet bei den fremden Formen:

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I. Provencalisch=italienische Formen. Zu diesen gehört: p1b_530.029
1. das Sonett, 2. die Terzine, 3. das Ritornell, 4. die Sestine, p1b_530.030
5. die Stanze, 6. die Siciliane, 7 die Kanzone, 8. die italienische p1b_530.031
Vierzeile.

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II. Spanische Formen. Zu denselben gehört: 1. die Dezime, p1b_530.033
2. die Glosse, 3. die Tenzone, 4. das Kancion, 5. die Seguidilla.

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III. Französische Formen. Zu ihnen rechnet man: 1. das p1b_530.035
Madrigal, 2. das Akrostichon, 3. das Triolet, 4. das Rondeau.

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IV. Französisch=deutsche Strophen. Als solche sind die p1b_530.037
Alexandrinerstrophen anzusehen.

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V. Orientalische Formen. Dieses sind: 1. die persische p1b_530.039
Vierzeile, 2. das Ghasel, 3. die malaische Form, 4. die Makame, p1b_530.040
5. das Sloka-Distichon.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/564>, abgerufen am 22.11.2024.