Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_581.001 Einsam nähr' ich meine Wunde, p1b_581.002 p1b_581.006Und mit stets erneuter Klage p1b_581.003 Traur' ich um's verlorne Glück! p1b_581.004 Ach, wer bringt die schönen Tage, p1b_581.005 Jene holde Zeit zurück!(Goethe.) c. Die Freude flieht wohl über Thal und Hügel, p1b_581.007 p1b_581.015Und nirgends bleibt der luftgen Sohle Spur! p1b_581.008 Die Freude flieht wohl über Thal und Hügel! p1b_581.009 Kein Locken hemmt die nimmer lassen Flügel, p1b_581.010 Kein Goldpalast und keine Rosenflur. p1b_581.011 Nur Mäßigkeit, nur Weisheit ist ihr Zügel. p1b_581.012 O merkt euch das, ihr Söhne der Natur! p1b_581.013 Die Freude flieht wohl über Thal und Hügel, p1b_581.014 Und nirgends bleibt der luftgen Sohle Spur! (Klamer Schmidt + 1826.) p1b_581.016 § 181. Das Rondeau (Ringelgedicht, Rundgedicht). p1b_581.017 p1b_581.022 p1b_581.029 Nähe Gottes. p1b_581.031a. Du bist mir nah, wenn Alles mir verschwindet; p1b_581.032 p1b_581.044Du bist mein Trost und meiner Seele Licht! p1b_581.033 Ob Schwermut sich um meine Sinne windet, p1b_581.034 Und ob mein Herz vor Gram und Kummer bricht - p1b_581.035 Jch habe dich, mein Gott, und zage nicht! p1b_581.036 Seh ich gleich nicht dein strahlend Angesicht - p1b_581.037 Der Hain, die Flur, das Morgenrot verkündet p1b_581.038 Dein heilig Wehn, und jeder Odem spricht: Du bist mir nah! p1b_581.039 Ob auch mein Geist dein Wesen nicht ergründet, p1b_581.040 Das sich geheimnisvoll durch alle Wesen flicht, p1b_581.041 So jauchzt mein Herz, wenn Lust die Zunge bindet, p1b_581.042 Und es mit schaurig ahnendem Gewicht p1b_581.043 Den Lebensodem deines Hauchs empfindet: Du bist mir nah! (Köster.) p1b_581.001 Einsam nähr' ich meine Wunde, p1b_581.002 p1b_581.006Und mit stets erneuter Klage p1b_581.003 Traur' ich um's verlorne Glück! p1b_581.004 Ach, wer bringt die schönen Tage, p1b_581.005 Jene holde Zeit zurück!(Goethe.) c. Die Freude flieht wohl über Thal und Hügel, p1b_581.007 p1b_581.015Und nirgends bleibt der luftgen Sohle Spur! p1b_581.008 Die Freude flieht wohl über Thal und Hügel! p1b_581.009 Kein Locken hemmt die nimmer lassen Flügel, p1b_581.010 Kein Goldpalast und keine Rosenflur. p1b_581.011 Nur Mäßigkeit, nur Weisheit ist ihr Zügel. p1b_581.012 O merkt euch das, ihr Söhne der Natur! p1b_581.013 Die Freude flieht wohl über Thal und Hügel, p1b_581.014 Und nirgends bleibt der luftgen Sohle Spur! (Klamer Schmidt † 1826.) p1b_581.016 § 181. Das Rondeau (Ringelgedicht, Rundgedicht). p1b_581.017 p1b_581.022 p1b_581.029 Nähe Gottes. p1b_581.031a. 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Die <lb n="p1b_581.026"/> Folge der Reime ist dem Belieben des Dichters anheimgestellt, sofern er nur <lb n="p1b_581.027"/> 8 männliche und 5 weibliche, oder umgekehrt 5 männliche und 8 weibliche. <lb n="p1b_581.028"/> anwendet. Jn der Regel hat das Rondeau nur 3 Reime.</p> <p> <lb n="p1b_581.029"/> <hi rendition="#g">Beispiele:</hi> </p> <lb n="p1b_581.030"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Nähe Gottes.</hi> </hi> </p> <lb n="p1b_581.031"/> <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">a</hi>.</p> <lg> <l><hi rendition="#g">Du bist mir nah,</hi> wenn Alles mir verschwindet;</l> <lb n="p1b_581.032"/> <l>Du bist mein Trost und meiner Seele Licht!</l> <lb n="p1b_581.033"/> <l>Ob Schwermut sich um meine Sinne windet,</l> <lb n="p1b_581.034"/> <l>Und ob mein Herz vor Gram und Kummer bricht ─</l> <lb n="p1b_581.035"/> <l>Jch habe dich, mein Gott, und zage nicht!</l> <lb n="p1b_581.036"/> <l>Seh ich gleich nicht dein strahlend Angesicht ─</l> <lb n="p1b_581.037"/> <l>Der Hain, die Flur, das Morgenrot verkündet</l> <lb n="p1b_581.038"/> <l>Dein heilig Wehn, und jeder Odem spricht: <hi rendition="#g">Du bist mir nah!</hi></l> <lb n="p1b_581.039"/> <l> Ob auch mein Geist dein Wesen nicht ergründet,</l> <lb n="p1b_581.040"/> <l> Das sich geheimnisvoll durch alle Wesen flicht,</l> <lb n="p1b_581.041"/> <l> So jauchzt mein Herz, wenn Lust die Zunge bindet,</l> <lb n="p1b_581.042"/> <l> Und es mit schaurig ahnendem Gewicht</l> <lb n="p1b_581.043"/> <l>Den Lebensodem deines Hauchs empfindet: <hi rendition="#g">Du bist mir nah!</hi></l> </lg> <lb n="p1b_581.044"/> <p> <hi rendition="#right">(Köster.)</hi> </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [581/0615]
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Einsam nähr' ich meine Wunde, p1b_581.002
Und mit stets erneuter Klage p1b_581.003
Traur' ich um's verlorne Glück! p1b_581.004
Ach, wer bringt die schönen Tage, p1b_581.005
Jene holde Zeit zurück!(Goethe.)
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c.
Die Freude flieht wohl über Thal und Hügel, p1b_581.007
Und nirgends bleibt der luftgen Sohle Spur! p1b_581.008
Die Freude flieht wohl über Thal und Hügel! p1b_581.009
Kein Locken hemmt die nimmer lassen Flügel, p1b_581.010
Kein Goldpalast und keine Rosenflur. p1b_581.011
Nur Mäßigkeit, nur Weisheit ist ihr Zügel. p1b_581.012
O merkt euch das, ihr Söhne der Natur! p1b_581.013
Die Freude flieht wohl über Thal und Hügel, p1b_581.014
Und nirgends bleibt der luftgen Sohle Spur!
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(Klamer Schmidt † 1826.)
p1b_581.016
§ 181. Das Rondeau (Ringelgedicht, Rundgedicht). p1b_581.017
Das im Bau mit dem Triolet verwandte Rondeau ist wie jenes p1b_581.018
französischen Ursprungs und besteht aus 13 jambischen oder trochäischen p1b_581.019
Versen. Es zerfällt in zwei ungleiche Strophen-Teile, von denen p1b_581.020
der erste 8, der zweite 5 Verse enthält. Der erste und der zweite p1b_581.021
Teil endigt, wie die erste Zeile beginnt.
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Eine scheinbare Abweichung findet sich, wenn das Thema, das in der p1b_581.023
Regel nur die erste Halbzeile füllen soll, auf 2 Zeilen verteilt wird p1b_581.024
(vgl. das Beispiel b), oder wenn die zu wiederholenden Worte in der Wiederholung p1b_581.025
als isolierte Zeilen geschrieben werden. (Vgl. Beispiele c. und d.) Die p1b_581.026
Folge der Reime ist dem Belieben des Dichters anheimgestellt, sofern er nur p1b_581.027
8 männliche und 5 weibliche, oder umgekehrt 5 männliche und 8 weibliche. p1b_581.028
anwendet. Jn der Regel hat das Rondeau nur 3 Reime.
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Beispiele:
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Nähe Gottes.
p1b_581.031
a.
Du bist mir nah, wenn Alles mir verschwindet; p1b_581.032
Du bist mein Trost und meiner Seele Licht! p1b_581.033
Ob Schwermut sich um meine Sinne windet, p1b_581.034
Und ob mein Herz vor Gram und Kummer bricht ─ p1b_581.035
Jch habe dich, mein Gott, und zage nicht! p1b_581.036
Seh ich gleich nicht dein strahlend Angesicht ─ p1b_581.037
Der Hain, die Flur, das Morgenrot verkündet p1b_581.038
Dein heilig Wehn, und jeder Odem spricht: Du bist mir nah! p1b_581.039
Ob auch mein Geist dein Wesen nicht ergründet, p1b_581.040
Das sich geheimnisvoll durch alle Wesen flicht, p1b_581.041
So jauchzt mein Herz, wenn Lust die Zunge bindet, p1b_581.042
Und es mit schaurig ahnendem Gewicht p1b_581.043
Den Lebensodem deines Hauchs empfindet: Du bist mir nah!
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