Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_721.001 Jahrlang will die Linde p1b_721.008 vom Winde p1b_721.009 sich velwen, (== entfärben.) p1b_721.010 Die sich vor dem Walde p1b_721.011 zu balde p1b_721.012 kann velwen; p1b_721.013 Trauren auf der Heide p1b_721.014 mit Leide p1b_721.015 man übet: p1b_721.016 so hat mir die Minne p1b_721.017 die Sinne p1b_721.018 betrübet. (Konrad von Würzburg.) p1b_721.019 Formen der zwölfzeiligen Strophe. p1b_721.026 p1b_721.027 p1b_721.028 p1b_721.029 p1b_721.032 Der Ritterbote Steigemeier p1b_721.034 Hat auch am Feiertag nicht Feier, p1b_721.035 Stets hat er umzusteigen, p1b_721.036 Jn drei verschiedenen Kantonen, p1b_721.037 Wo die verschiednen Ritter wohnen, p1b_721.038 Abwechselnd sich zu zeigen, p1b_721.039 Jn dem Kantone Steigerwald, p1b_721.040 Jn dem von Rhön und Werre, p1b_721.041 (Und Baunach heißt der dritte) p1b_721.042 Bald ist er hüben, drüben bald; p1b_721.043 Weil unser gnäd'ger Herre p1b_721.044 Hier wohnet recht in aller dreien Mitte. (Rückert.) p1b_721.001 Jahrlang will die Linde p1b_721.008 vom Winde p1b_721.009 sich velwen, (== entfärben.) p1b_721.010 Die sich vor dem Walde p1b_721.011 zu balde p1b_721.012 kann velwen; p1b_721.013 Trauren auf der Heide p1b_721.014 mit Leide p1b_721.015 man übet: p1b_721.016 so hat mir die Minne p1b_721.017 die Sinne p1b_721.018 betrübet. (Konrad von Würzburg.) p1b_721.019 Formen der zwölfzeiligen Strophe. p1b_721.026 p1b_721.027 p1b_721.028 p1b_721.029 p1b_721.032 Der Ritterbote Steigemeier p1b_721.034 Hat auch am Feiertag nicht Feier, p1b_721.035 Stets hat er umzusteigen, p1b_721.036 Jn drei verschiedenen Kantonen, p1b_721.037 Wo die verschiednen Ritter wohnen, p1b_721.038 Abwechselnd sich zu zeigen, p1b_721.039 Jn dem Kantone Steigerwald, p1b_721.040 Jn dem von Rhön und Werre, p1b_721.041 (Und Baunach heißt der dritte) p1b_721.042 Bald ist er hüben, drüben bald; p1b_721.043 Weil unser gnäd'ger Herre p1b_721.044 Hier wohnet recht in aller dreien Mitte. (Rückert.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0755" n="721"/><lb n="p1b_721.001"/> von Aue, Der tugendhafte Schreiber); die beiden letzteren Formen <lb n="p1b_721.002"/> finden sich in gleicher Häufigkeit. Die älteren Formen dieser zwölfzeiligen <lb n="p1b_721.003"/> Strophen sind so planvoll und so architektonisch verständnisvoll <lb n="p1b_721.004"/> aufgebaut, wie wir etwas Ähnliches bei den Neueren nicht nachzuweisen <lb n="p1b_721.005"/> vermögen. Zum Beweis geben wir übersetzt nur eines von <lb n="p1b_721.006"/> den vielen Beispielen:</p> <lb n="p1b_721.007"/> <lg> <l>Jahrlang will die Linde</l> <lb n="p1b_721.008"/> <l> vom Winde</l> <lb n="p1b_721.009"/> <l> sich velwen, (== entfärben.)</l> <lb n="p1b_721.010"/> <l>Die sich vor dem Walde</l> <lb n="p1b_721.011"/> <l> zu balde</l> <lb n="p1b_721.012"/> <l> kann velwen;</l> <lb n="p1b_721.013"/> <l>Trauren auf der Heide</l> <lb n="p1b_721.014"/> <l> mit Leide</l> <lb n="p1b_721.015"/> <l> man übet:</l> <lb n="p1b_721.016"/> <l> so hat mir die Minne</l> <lb n="p1b_721.017"/> <l> die Sinne</l> <lb n="p1b_721.018"/> <l> betrübet.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(Konrad von Würzburg.)</hi> </p> <p><lb n="p1b_721.019"/> Welch reiche Kombinationszahl bei der zwölfzeiligen Strophe möglich ist, <lb n="p1b_721.020"/> ergiebt schon der Hinblick auf die Kombinationsmöglichkeit der achtzeiligen. <lb n="p1b_721.021"/> Die neu hinzukommenden 15 Kombinationen der letzten 4 Zeilen können einzeln <lb n="p1b_721.022"/> an die 225 Kombinationen der achtzeiligen Strophe angefügt werden, wodurch <lb n="p1b_721.023"/> sich 15 × 225 == 3375 Kombinationen ergeben, die noch durch eine Durchsetzung <lb n="p1b_721.024"/> der einzelnen Zeilen mit reimlosen Zeilen erheblich vermehrt werden.</p> <lb n="p1b_721.025"/> <p> <hi rendition="#c">Formen der zwölfzeiligen Strophe.</hi> </p> <p><lb n="p1b_721.026"/> 1. <hi rendition="#aq">a a b c c b d e e b d d</hi>.</p> <p><lb n="p1b_721.027"/><hi rendition="#g">Beispiel:</hi> Rost von Sarnen (Hagens Minnes. <hi rendition="#aq">II</hi>. 133. 8).</p> <p><lb n="p1b_721.028"/> 2. <hi rendition="#aq">a a b c c b d e f d e f</hi>.</p> <p><lb n="p1b_721.029"/> Diese von Walther von der Vogelweide (Hagens Minnes. <hi rendition="#aq">I</hi>. 271. 79) <lb n="p1b_721.030"/> gebrauchte Strophe hat Rückert mit charakteristisch verlängerter Schlußzeile angewandt.</p> <lb n="p1b_721.031"/> <p> <lb n="p1b_721.032"/> <hi rendition="#g">Beispiel:</hi> </p> <lb n="p1b_721.033"/> <lg> <l>Der Ritterbote Steigemeier</l> <lb n="p1b_721.034"/> <l>Hat auch am Feiertag nicht Feier,</l> <lb n="p1b_721.035"/> <l>Stets hat er umzusteigen,</l> <lb n="p1b_721.036"/> <l>Jn drei verschiedenen Kantonen,</l> <lb n="p1b_721.037"/> <l>Wo die verschiednen Ritter wohnen,</l> <lb n="p1b_721.038"/> <l>Abwechselnd sich zu zeigen,</l> <lb n="p1b_721.039"/> <l>Jn dem Kantone Steigerwald,</l> <lb n="p1b_721.040"/> <l>Jn dem von Rhön und Werre,</l> <lb n="p1b_721.041"/> <l>(Und Baunach heißt der dritte)</l> <lb n="p1b_721.042"/> <l>Bald ist er hüben, drüben bald;</l> <lb n="p1b_721.043"/> <l>Weil unser gnäd'ger Herre</l> <lb n="p1b_721.044"/> <l>Hier wohnet recht in aller dreien Mitte.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(Rückert.)</hi> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [721/0755]
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von Aue, Der tugendhafte Schreiber); die beiden letzteren Formen p1b_721.002
finden sich in gleicher Häufigkeit. Die älteren Formen dieser zwölfzeiligen p1b_721.003
Strophen sind so planvoll und so architektonisch verständnisvoll p1b_721.004
aufgebaut, wie wir etwas Ähnliches bei den Neueren nicht nachzuweisen p1b_721.005
vermögen. Zum Beweis geben wir übersetzt nur eines von p1b_721.006
den vielen Beispielen:
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Jahrlang will die Linde p1b_721.008
vom Winde p1b_721.009
sich velwen, (== entfärben.) p1b_721.010
Die sich vor dem Walde p1b_721.011
zu balde p1b_721.012
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Trauren auf der Heide p1b_721.014
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betrübet.
(Konrad von Würzburg.)
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Welch reiche Kombinationszahl bei der zwölfzeiligen Strophe möglich ist, p1b_721.020
ergiebt schon der Hinblick auf die Kombinationsmöglichkeit der achtzeiligen. p1b_721.021
Die neu hinzukommenden 15 Kombinationen der letzten 4 Zeilen können einzeln p1b_721.022
an die 225 Kombinationen der achtzeiligen Strophe angefügt werden, wodurch p1b_721.023
sich 15 × 225 == 3375 Kombinationen ergeben, die noch durch eine Durchsetzung p1b_721.024
der einzelnen Zeilen mit reimlosen Zeilen erheblich vermehrt werden.
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Formen der zwölfzeiligen Strophe.
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1. a a b c c b d e e b d d.
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Beispiel: Rost von Sarnen (Hagens Minnes. II. 133. 8).
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2. a a b c c b d e f d e f.
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Diese von Walther von der Vogelweide (Hagens Minnes. I. 271. 79) p1b_721.030
gebrauchte Strophe hat Rückert mit charakteristisch verlängerter Schlußzeile angewandt.
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Beispiel:
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Der Ritterbote Steigemeier p1b_721.034
Hat auch am Feiertag nicht Feier, p1b_721.035
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Jn dem Kantone Steigerwald, p1b_721.040
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Bald ist er hüben, drüben bald; p1b_721.043
Weil unser gnäd'ger Herre p1b_721.044
Hier wohnet recht in aller dreien Mitte.
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