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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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Ebenso muß er bei Stoffen aus der Natur die Natur mit seinem p2b_015.002
Gefühl durchziehen, sie mit seiner Jdealität vermählen und aus diesem Gefühl p2b_015.003
heraus sie reden lassen, wie es beispielsweise Heine in den Naturbildern p2b_015.004
"Fichtenbaum" und "Lotosblume", - Goethe in "Erwin und Elmire" &c. p2b_015.005
gethan hat. Auch bei den Naturbildern muß die Empfindung und das Gefühl p2b_015.006
des Dichters der Mittelpunkt bleiben, und stets muß der weitauszubreitende p2b_015.007
Blütenbaum seiner Poesie auf dem Stamm seines subjektiven Jch ruhen bleiben.

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"Herz, was willst du weiter, p2b_015.009
Da der Himmel heiter, p2b_015.010
Wie in dieser Flut, p2b_015.011
Dir im Herzen ruht?"
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§ 10. Das paläontologische (primitive) Element der Lyrik.

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1. Die Anschauung=verleihenden, malenden Beiwörter sind die p2b_015.014
wichtigsten Bestandteile der Lyrik.

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2. Viele derselben erscheinen wie eingetrocknete, gewissermaßen zu p2b_015.016
Versteinerungen gewordene Metaphern.

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3. Der gebildete Dichter wird seine erhöhte Empfindung durch p2b_015.018
geschickte Verwendung der Metaphern beweisen, dem weniger gebildeten p2b_015.019
fehlt der sprechende Ausdruck. [Annotation]

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1. Schon Aristoteles sagt (Rhetorik III. 3) von Alkidamas, daß ihm die p2b_015.021
Epitheta nicht bloß eine Würze der Rede (edusma) seien, sondern die Hauptkost p2b_015.022
(edesma). Wie sehr er im Rechte war, haben wir in Bd. I. § 30 p2b_015.023
S. 137 ff. gezeigt. Jn der Lyrik sind die malenden Beiwörter umsomehr p2b_015.024
am Platze, als sie wesentlich dazu beitragen, dem Gefühlsausdruck seine eigenartige p2b_015.025
Färbung zu verleihen.

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2. Die Auffassung der Lyrik als paläontologische Weltanschauung - wie p2b_015.027
sie Karl du Prel in "Psychologie der Lyrik" versucht hat, - zwingt uns, an p2b_015.028
den Standpunkt zu denken, welchen der Mensch im Naturzustand und ohne p2b_015.029
Schulbildung einnimmt. Es ist der Zustand, in welchem der Mensch seine p2b_015.030
Anschauung durch Naturbelebung und Naturbeseelung (Personifikation) ausdrückt.

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Viele Beiwörter aus jener Zeit und aus jener Bildungssphäre lassen p2b_015.032
keinerlei Reflexion zu und haben es lediglich auf Anschaulichkeit abgesehen. p2b_015.033
Sie sind Grenzsäulen der dichterischen Anschauung und muten uns wie Versteinerungen p2b_015.034
an. Bekanntlich ist die Sprache der Wilden um so reicher an personificierenden p2b_015.035
Metaphern, je ärmer sie ist. Vgl. Bd. I. S. 148 ff. u. S. 169 ff. [Annotation]

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3. Die erhöhte Empfindung des Lyrikers zeigt sich in der glücklichen p2b_015.037
Anwendung des metaphorischen Beiworts, das dem lyrischen Gedichte p2b_015.038
jedesmal ein besonderes Gepräge verleiht, und durch welches, wie schon B. I. p2b_015.039
S. 138. 2. angedeutet, [Annotation]

z. B. Goethe seine Weichheit und Anmut, Schiller p2b_015.040
seinen idealen Schwung, Rückert seine herzerwärmende Jnnigkeit, Platen p2b_015.041
seine klassische Würde, Lenau seinen gewitterschwülen, die Brust beängstigenden p2b_015.042
und doch so süß bestrickenden Zauber, Heine seine bald leichtfertig tändelnde,

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Ebenso muß er bei Stoffen aus der Natur die Natur mit seinem p2b_015.002
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§ 10. Das paläontologische (primitive) Element der Lyrik.

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1. Die Anschauung=verleihenden, malenden Beiwörter sind die p2b_015.014
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/37>, abgerufen am 21.11.2024.