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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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§ 22. Das Lyrische und Epische im Drama. Die Episoden.

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1. Wesentlich ist im Drama der Fortschritt der Handlung. Es p2b_032.003
ist daher ein Mangel des Drama, wie ein Verstoß gegen seine Schönheitsgesetze, p2b_032.004
wenn das überwiegende lyrische oder epische Moment diesen p2b_032.005
Fortschritt hindert, d. h. wenn die auftretenden Personen anstatt zu p2b_032.006
handeln, sich in lyrischen Tiraden ergehen, oder den Fortschritt der p2b_032.007
Begebenheit mehr erzählen und beschreiben, als durch wirkliche plastische p2b_032.008
Handlungen vorführen.

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2. Einschaltungen und Zwischenhandlungen, Episoden, können nur p2b_032.010
mit gewisser Beschränkung gestattet werden.

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3. Kein deus ex machina, kein Schicksal, keine Gottheit darf den p2b_032.012
Fluß der Handlung stören.

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1. Es soll nicht gesagt sein, daß überhaupt keine lyrischen und epischen p2b_032.014
Stellen im Drama vorkommen könnten. Jn den besten Dramen finden sich p2b_032.015
dergleichen, z. B. im Tell das Alpenjäger- und Fischerlied, die Erzählung vom p2b_032.016
Ursprung der Schweizer &c.; im Wallenstein Erzählung des schwedischen Hauptmanns; p2b_032.017
in der Jungfrau von Orleans Raouls Erzählung I. 9. Johannas p2b_032.018
Monolog I. 4 u. s. w.

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Erzählende Stellen sind sogar am Platze, wo wesentliche Momente, die p2b_032.020
nicht auf der Bühne darstellbar sind, mitgeteilt werden müssen, um die Handlung p2b_032.021
des Helden zu motivieren.

(Vgl. hierzu: p2b_032.022

Segnius irritant animos demissa per aurem, p2b_032.023
Quam quae sunt oculis subiecta fidelibus, et quae p2b_032.024
Ipse sibi tradit spectator. Non tamen intus p2b_032.025
Digna geri, promes in scenam; multaque tolles p2b_032.026
Ex oculis, quae non narret facundia praesens: p2b_032.027
Ne pueros coram populo Medea trucidet, p2b_032.028
Aut humana palam coquat exta nefarius Atreus, p2b_032.029
Aut in avem Progne vertatur, Cadmus in anguem. p2b_032.030
Quodcumque ostendis mihi sic, incredulus odi.
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Horatius, A. P. 180 u. flg.)

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Jn besonderer Macht kommt u. a. bei Shakespeare in Romeo und Julie p2b_032.033
die Leidenschaft der Liebe zum Ausdruck und zeigt, daß das lyrische Element p2b_032.034
die Vorstufe des dramatischen ist. Das lyrische oder epische Element muß den p2b_032.035
Verlauf der Handlung unterstützen, in genauer Verbindung mit dem Fortschritt p2b_032.036
derselben stehen, zu deren größerer Veranschaulichung dienen, aber es darf p2b_032.037
nicht dominieren wollen. Der Dichter kommt sonst in Gefahr, den Rahmen p2b_032.038
der dramatischen Technik zu durchbrechen und seinem Gedichte die lyrische Form p2b_032.039
zu verleihen, wie es Rückert in "Saul und David" that, wo er z. B. (Ges. p2b_032.040
Ausg. Bd. IX, S. 202) einen allzulangen, lyrisch. gefärbten Monolog mit p2b_032.041
einem Sonett beginnt u. a. m.

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2. Die sich absichtsvoll entwickelnde Handlung muß das Wesentliche des p2b_032.043
Drama sein. Kein Moment darf im Drama sich finden, das nicht auf das

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§ 22. Das Lyrische und Epische im Drama. Die Episoden.

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1. Wesentlich ist im Drama der Fortschritt der Handlung. Es p2b_032.003
ist daher ein Mangel des Drama, wie ein Verstoß gegen seine Schönheitsgesetze, p2b_032.004
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Monolog I. 4 u. s. w.

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Erzählende Stellen sind sogar am Platze, wo wesentliche Momente, die p2b_032.020
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/54>, abgerufen am 22.11.2024.