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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Zweites Buch, erstes Kapitel.
sich nie dazu herbeilassen wollte, warm zu werden.
Er, Stilpe, fuhr immer mit Kanonen auf, und
Girlinger that so, als könne er alles mit seinem
Taschentuch wegwedeln.

Also Stilpe brach wütend los:

-- Gut! Wenn er mir's schon gestattet . . .
Gut! Ich habe ihn geohrfeigt, weil er Bismarck
beleidigt hat!

Ein schallendes Gelächter brach los. Auch der
rotbärtige Stürz lachte.

-- Ah, eine politische Ohrfeige! Ja dann,
meine Herren, bin ich nicht kompetent. Das ge¬
hört vor den Reichstag. Wir wollen einstweilen
im Klimmzug fortfahren.

Stilpe hätte in die braune Lohe greifen und
sie dem Turnlehrer ins Gesicht schmeißen mögen.
Jede Strafe wäre ihm willkommen gewesen, aber
dieser Hohn traf ihn schmerzlich. Er wurde blaß
vor Zorn und ballte die Fäuste.

Aber auch Girlinger war blaß geworden.
Dieses Gelächter traf ihn mit. Er fühlte sich plötz¬
lich mit Stilpe auf der einen und alle Andern auf
der andern Seite.

Als die Turnstunde aus war, und die Schüler
truppweise nach Hause gingen, trat er auf Stilpe zu.

Zweites Buch, erſtes Kapitel.
ſich nie dazu herbeilaſſen wollte, warm zu werden.
Er, Stilpe, fuhr immer mit Kanonen auf, und
Girlinger that ſo, als könne er alles mit ſeinem
Taſchentuch wegwedeln.

Alſo Stilpe brach wütend los:

— Gut! Wenn er mir's ſchon geſtattet . . .
Gut! Ich habe ihn geohrfeigt, weil er Bismarck
beleidigt hat!

Ein ſchallendes Gelächter brach los. Auch der
rotbärtige Stürz lachte.

— Ah, eine politiſche Ohrfeige! Ja dann,
meine Herren, bin ich nicht kompetent. Das ge¬
hört vor den Reichstag. Wir wollen einſtweilen
im Klimmzug fortfahren.

Stilpe hätte in die braune Lohe greifen und
ſie dem Turnlehrer ins Geſicht ſchmeißen mögen.
Jede Strafe wäre ihm willkommen geweſen, aber
dieſer Hohn traf ihn ſchmerzlich. Er wurde blaß
vor Zorn und ballte die Fäuſte.

Aber auch Girlinger war blaß geworden.
Dieſes Gelächter traf ihn mit. Er fühlte ſich plötz¬
lich mit Stilpe auf der einen und alle Andern auf
der andern Seite.

Als die Turnſtunde aus war, und die Schüler
truppweiſe nach Hauſe gingen, trat er auf Stilpe zu.

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[89/0103] Zweites Buch, erſtes Kapitel. ſich nie dazu herbeilaſſen wollte, warm zu werden. Er, Stilpe, fuhr immer mit Kanonen auf, und Girlinger that ſo, als könne er alles mit ſeinem Taſchentuch wegwedeln. Alſo Stilpe brach wütend los: — Gut! Wenn er mir's ſchon geſtattet . . . Gut! Ich habe ihn geohrfeigt, weil er Bismarck beleidigt hat! Ein ſchallendes Gelächter brach los. Auch der rotbärtige Stürz lachte. — Ah, eine politiſche Ohrfeige! Ja dann, meine Herren, bin ich nicht kompetent. Das ge¬ hört vor den Reichstag. Wir wollen einſtweilen im Klimmzug fortfahren. Stilpe hätte in die braune Lohe greifen und ſie dem Turnlehrer ins Geſicht ſchmeißen mögen. Jede Strafe wäre ihm willkommen geweſen, aber dieſer Hohn traf ihn ſchmerzlich. Er wurde blaß vor Zorn und ballte die Fäuſte. Aber auch Girlinger war blaß geworden. Dieſes Gelächter traf ihn mit. Er fühlte ſich plötz¬ lich mit Stilpe auf der einen und alle Andern auf der andern Seite. Als die Turnſtunde aus war, und die Schüler truppweiſe nach Hauſe gingen, trat er auf Stilpe zu.

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/103>, abgerufen am 29.11.2024.