Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Stilpe.
denn ich habe besseres zu thun, als Deine Rohheiten
mit anzusehn.

Jetzt wurde Stilpe wieder weinerlich.

-- Setz Dich doch, ich bitte Dich, setz Dich.
Ich muß . . . ach Gott, sei mir nicht böse . . .
Ich bin ja so . . .

Girlinger setzte sich auf die Bank und sah vor
sich auf den Boden. Stilpe stellte einen Fuß auf
die Bank und stützte den Kopf in die rechte Hand.
Große Thränen rannen ihm aus den Augen.

Lange konnte er nicht sprechen. Dann sagte
er ganz leise:

-- Kennst Du das Haus mit den weißen
Fensterscheiben gegenüber der Austria?

-- Das Puff?

Stilpe schlug sich mit der Faust aufs Knie
und schrie: Da drin ist sie!

Girlinger sah auf und pfiff durch die Zähne.
Dann sagte er sehr bedächtig: So, so! Ja, ja!

Da packte ihn Stilpe an beiden Schultern und
schüttelte ihn wütend:

-- Du bist ein Vieh! Ein Amphibium! Geh
aus dem Garten, oder ich schmeiße Dich naus!

-- Bist Du denn verrückt geworden? Jetzt hör
aber auf! Was fällt Dir denn ein? Glaubst Du,

Stilpe.
denn ich habe beſſeres zu thun, als Deine Rohheiten
mit anzuſehn.

Jetzt wurde Stilpe wieder weinerlich.

— Setz Dich doch, ich bitte Dich, ſetz Dich.
Ich muß . . . ach Gott, ſei mir nicht böſe . . .
Ich bin ja ſo . . .

Girlinger ſetzte ſich auf die Bank und ſah vor
ſich auf den Boden. Stilpe ſtellte einen Fuß auf
die Bank und ſtützte den Kopf in die rechte Hand.
Große Thränen rannen ihm aus den Augen.

Lange konnte er nicht ſprechen. Dann ſagte
er ganz leiſe:

— Kennſt Du das Haus mit den weißen
Fenſterſcheiben gegenüber der Auſtria?

— Das Puff?

Stilpe ſchlug ſich mit der Fauſt aufs Knie
und ſchrie: Da drin iſt ſie!

Girlinger ſah auf und pfiff durch die Zähne.
Dann ſagte er ſehr bedächtig: So, ſo! Ja, ja!

Da packte ihn Stilpe an beiden Schultern und
ſchüttelte ihn wütend:

— Du biſt ein Vieh! Ein Amphibium! Geh
aus dem Garten, oder ich ſchmeiße Dich naus!

— Biſt Du denn verrückt geworden? Jetzt hör
aber auf! Was fällt Dir denn ein? Glaubſt Du,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0118" n="104"/><fw place="top" type="header">Stilpe.<lb/></fw> denn ich habe be&#x017F;&#x017F;eres zu thun, als Deine Rohheiten<lb/>
mit anzu&#x017F;ehn.</p><lb/>
          <p>Jetzt wurde Stilpe wieder weinerlich.</p><lb/>
          <p>&#x2014; Setz Dich doch, ich bitte Dich, &#x017F;etz Dich.<lb/>
Ich muß . . . ach Gott, &#x017F;ei mir nicht bö&#x017F;e . . .<lb/>
Ich bin ja &#x017F;o . . .</p><lb/>
          <p>Girlinger &#x017F;etzte &#x017F;ich auf die Bank und &#x017F;ah vor<lb/>
&#x017F;ich auf den Boden. Stilpe &#x017F;tellte einen Fuß auf<lb/>
die Bank und &#x017F;tützte den Kopf in die rechte Hand.<lb/>
Große Thränen rannen ihm aus den Augen.</p><lb/>
          <p>Lange konnte er nicht &#x017F;prechen. Dann &#x017F;agte<lb/>
er ganz lei&#x017F;e:</p><lb/>
          <p>&#x2014; Kenn&#x017F;t Du das Haus mit den weißen<lb/>
Fen&#x017F;ter&#x017F;cheiben gegenüber der Au&#x017F;tria?</p><lb/>
          <p>&#x2014; Das Puff?</p><lb/>
          <p>Stilpe &#x017F;chlug &#x017F;ich mit der Fau&#x017F;t aufs Knie<lb/>
und &#x017F;chrie: Da drin i&#x017F;t &#x017F;ie!</p><lb/>
          <p>Girlinger &#x017F;ah auf und pfiff durch die Zähne.<lb/>
Dann &#x017F;agte er &#x017F;ehr bedächtig: So, &#x017F;o! Ja, ja!</p><lb/>
          <p>Da packte ihn Stilpe an beiden Schultern und<lb/>
&#x017F;chüttelte ihn wütend:</p><lb/>
          <p>&#x2014; Du bi&#x017F;t ein Vieh! Ein Amphibium! Geh<lb/>
aus dem Garten, oder ich &#x017F;chmeiße Dich naus!</p><lb/>
          <p>&#x2014; Bi&#x017F;t Du denn verrückt geworden? Jetzt hör<lb/>
aber auf! Was fällt Dir denn ein? Glaub&#x017F;t Du,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0118] Stilpe. denn ich habe beſſeres zu thun, als Deine Rohheiten mit anzuſehn. Jetzt wurde Stilpe wieder weinerlich. — Setz Dich doch, ich bitte Dich, ſetz Dich. Ich muß . . . ach Gott, ſei mir nicht böſe . . . Ich bin ja ſo . . . Girlinger ſetzte ſich auf die Bank und ſah vor ſich auf den Boden. Stilpe ſtellte einen Fuß auf die Bank und ſtützte den Kopf in die rechte Hand. Große Thränen rannen ihm aus den Augen. Lange konnte er nicht ſprechen. Dann ſagte er ganz leiſe: — Kennſt Du das Haus mit den weißen Fenſterſcheiben gegenüber der Auſtria? — Das Puff? Stilpe ſchlug ſich mit der Fauſt aufs Knie und ſchrie: Da drin iſt ſie! Girlinger ſah auf und pfiff durch die Zähne. Dann ſagte er ſehr bedächtig: So, ſo! Ja, ja! Da packte ihn Stilpe an beiden Schultern und ſchüttelte ihn wütend: — Du biſt ein Vieh! Ein Amphibium! Geh aus dem Garten, oder ich ſchmeiße Dich naus! — Biſt Du denn verrückt geworden? Jetzt hör aber auf! Was fällt Dir denn ein? Glaubſt Du,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/118
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/118>, abgerufen am 18.12.2024.