Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweites Buch, fünftes Kapitel.
halten. Sie wird in einer rosa aus¬
wattierten Cigarrenkiste als Tafelschmuck
funktionieren.

NB.! Man spanne seine Erwartungen hoch!

Schaunard.

Da man das Muster dieser Einladung nicht
kannte und überhaupt lauter Rätseln gegenüber¬
stand, so wirkte das Schriftstück auf die Drei un¬
gewöhnlich stark.

Völlig verblüfft war man aber, als man, der
Einladung folgend, Stilpe erblickte. Er präsentierte
sich nämlich in Unterhosen und Frack. Im Munde
hatte er eine kurzgebissene rotbraune Thonpfeife,
und sein ganzes Benehmen war ungemein zeremo¬
niell und feierlich.

-- Petita Molinarina kann leider nicht gereicht
werden. Diese beklagenswerte Bourgeoise hat sich
an meinen Unterhosen gestoßen und war nicht
dahin zu bringen, zu begreifen, daß diese nur als
Surrogat für weiße Nangkingpantalons anzusehen
und damit nicht nur entschuldigt, sondern geradezu
in die Sphäre des Schönen und Wohlanständigen
erhoben sind. Dafür ist die Schildkröte mit der

12

Zweites Buch, fünftes Kapitel.
halten. Sie wird in einer roſa aus¬
wattierten Cigarrenkiſte als Tafelſchmuck
funktionieren.

NB.! Man ſpanne ſeine Erwartungen hoch!

Schaunard.

Da man das Muſter dieſer Einladung nicht
kannte und überhaupt lauter Rätſeln gegenüber¬
ſtand, ſo wirkte das Schriftſtück auf die Drei un¬
gewöhnlich ſtark.

Völlig verblüfft war man aber, als man, der
Einladung folgend, Stilpe erblickte. Er präſentierte
ſich nämlich in Unterhoſen und Frack. Im Munde
hatte er eine kurzgebiſſene rotbraune Thonpfeife,
und ſein ganzes Benehmen war ungemein zeremo¬
niell und feierlich.

— Petita Molinarina kann leider nicht gereicht
werden. Dieſe beklagenswerte Bourgeoiſe hat ſich
an meinen Unterhoſen geſtoßen und war nicht
dahin zu bringen, zu begreifen, daß dieſe nur als
Surrogat für weiße Nangkingpantalons anzuſehen
und damit nicht nur entſchuldigt, ſondern geradezu
in die Sphäre des Schönen und Wohlanſtändigen
erhoben ſind. Dafür iſt die Schildkröte mit der

12
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0191" n="177"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch, fünftes Kapitel.<lb/></fw> halten. Sie wird in einer ro&#x017F;a aus¬<lb/>
wattierten Cigarrenki&#x017F;te als Tafel&#x017F;chmuck<lb/>
funktionieren.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">NB</hi>.! Man &#x017F;panne &#x017F;eine Erwartungen hoch!</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#g">Schaunard.</hi> </p><lb/>
          <p>Da man das Mu&#x017F;ter die&#x017F;er Einladung nicht<lb/>
kannte und überhaupt lauter Rät&#x017F;eln gegenüber¬<lb/>
&#x017F;tand, &#x017F;o wirkte das Schrift&#x017F;tück auf die Drei un¬<lb/>
gewöhnlich &#x017F;tark.</p><lb/>
          <p>Völlig verblüfft war man aber, als man, der<lb/>
Einladung folgend, Stilpe erblickte. Er prä&#x017F;entierte<lb/>
&#x017F;ich nämlich in Unterho&#x017F;en und Frack. Im Munde<lb/>
hatte er eine kurzgebi&#x017F;&#x017F;ene rotbraune Thonpfeife,<lb/>
und &#x017F;ein ganzes Benehmen war ungemein zeremo¬<lb/>
niell und feierlich.</p><lb/>
          <p>&#x2014; Petita Molinarina kann leider nicht gereicht<lb/>
werden. Die&#x017F;e beklagenswerte Bourgeoi&#x017F;e hat &#x017F;ich<lb/>
an meinen Unterho&#x017F;en ge&#x017F;toßen und war nicht<lb/>
dahin zu bringen, zu begreifen, daß die&#x017F;e nur als<lb/>
Surrogat für weiße Nangkingpantalons anzu&#x017F;ehen<lb/>
und damit nicht nur ent&#x017F;chuldigt, &#x017F;ondern geradezu<lb/>
in die Sphäre des Schönen und Wohlan&#x017F;tändigen<lb/>
erhoben &#x017F;ind. Dafür i&#x017F;t die Schildkröte mit der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0191] Zweites Buch, fünftes Kapitel. halten. Sie wird in einer roſa aus¬ wattierten Cigarrenkiſte als Tafelſchmuck funktionieren. NB.! Man ſpanne ſeine Erwartungen hoch! Schaunard. Da man das Muſter dieſer Einladung nicht kannte und überhaupt lauter Rätſeln gegenüber¬ ſtand, ſo wirkte das Schriftſtück auf die Drei un¬ gewöhnlich ſtark. Völlig verblüfft war man aber, als man, der Einladung folgend, Stilpe erblickte. Er präſentierte ſich nämlich in Unterhoſen und Frack. Im Munde hatte er eine kurzgebiſſene rotbraune Thonpfeife, und ſein ganzes Benehmen war ungemein zeremo¬ niell und feierlich. — Petita Molinarina kann leider nicht gereicht werden. Dieſe beklagenswerte Bourgeoiſe hat ſich an meinen Unterhoſen geſtoßen und war nicht dahin zu bringen, zu begreifen, daß dieſe nur als Surrogat für weiße Nangkingpantalons anzuſehen und damit nicht nur entſchuldigt, ſondern geradezu in die Sphäre des Schönen und Wohlanſtändigen erhoben ſind. Dafür iſt die Schildkröte mit der 12

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/191
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/191>, abgerufen am 27.11.2024.