Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

[Abbildung]
Zweites Kapitel.

Das Freimaurerinstitut in Dresden-Friedrich¬
stadt verfolgt nicht, wie man aus dem Namen
schließen könnte, den Zweck, Freimaurer zu züchten,
sondern es erblickt seine Bestimmung darin, aus
jungen Knaben, die zu Hause schwer zu glätten
sind, wohlpolierte Jünglinge zu machen. Es führt
sie aber nicht bis zu jenen Höhen der Bildung,
deren Erklimmung die Thore einer Universität
öffnet, sondern es begnügt sich mit der bescheideneren,
aber zuweilen doch recht mühereichen Aufgabe,
seine Pflegebefohlenen nur bis zum Vorhofe des
Tempels zu bringen. Dort giebt es ihnen einen
leisen Schlag auf die Schulter (so, wie es den
jungen Fohlen geschieht, wenn man sie aus dem
Stalle läßt) und befiehlt sie der fördernden Gnade
dessen, der aus Tertianern nach und nach Primaner


[Abbildung]
Zweites Kapitel.

Das Freimaurerinſtitut in Dresden-Friedrich¬
ſtadt verfolgt nicht, wie man aus dem Namen
ſchließen könnte, den Zweck, Freimaurer zu züchten,
ſondern es erblickt ſeine Beſtimmung darin, aus
jungen Knaben, die zu Hauſe ſchwer zu glätten
ſind, wohlpolierte Jünglinge zu machen. Es führt
ſie aber nicht bis zu jenen Höhen der Bildung,
deren Erklimmung die Thore einer Univerſität
öffnet, ſondern es begnügt ſich mit der beſcheideneren,
aber zuweilen doch recht mühereichen Aufgabe,
ſeine Pflegebefohlenen nur bis zum Vorhofe des
Tempels zu bringen. Dort giebt es ihnen einen
leiſen Schlag auf die Schulter (ſo, wie es den
jungen Fohlen geſchieht, wenn man ſie aus dem
Stalle läßt) und befiehlt ſie der fördernden Gnade
deſſen, der aus Tertianern nach und nach Primaner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0021" n="[7]"/>
          <figure/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Zweites Kapitel.</hi><lb/>
          </head>
          <p>Das Freimaurerin&#x017F;titut in Dresden-Friedrich¬<lb/>
&#x017F;tadt verfolgt nicht, wie man aus dem Namen<lb/>
&#x017F;chließen könnte, den Zweck, Freimaurer zu züchten,<lb/>
&#x017F;ondern es erblickt &#x017F;eine Be&#x017F;timmung darin, aus<lb/>
jungen Knaben, die zu Hau&#x017F;e &#x017F;chwer zu glätten<lb/>
&#x017F;ind, wohlpolierte Jünglinge zu machen. Es führt<lb/>
&#x017F;ie aber nicht bis zu jenen Höhen der Bildung,<lb/>
deren Erklimmung die Thore einer Univer&#x017F;ität<lb/>
öffnet, &#x017F;ondern es begnügt &#x017F;ich mit der be&#x017F;cheideneren,<lb/>
aber zuweilen doch recht mühereichen Aufgabe,<lb/>
&#x017F;eine Pflegebefohlenen nur bis zum Vorhofe des<lb/>
Tempels zu bringen. Dort giebt es ihnen einen<lb/>
lei&#x017F;en Schlag auf die Schulter (&#x017F;o, wie es den<lb/>
jungen Fohlen ge&#x017F;chieht, wenn man &#x017F;ie aus dem<lb/>
Stalle läßt) und befiehlt &#x017F;ie der fördernden Gnade<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en, der aus Tertianern nach und nach Primaner<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[7]/0021] [Abbildung] Zweites Kapitel. Das Freimaurerinſtitut in Dresden-Friedrich¬ ſtadt verfolgt nicht, wie man aus dem Namen ſchließen könnte, den Zweck, Freimaurer zu züchten, ſondern es erblickt ſeine Beſtimmung darin, aus jungen Knaben, die zu Hauſe ſchwer zu glätten ſind, wohlpolierte Jünglinge zu machen. Es führt ſie aber nicht bis zu jenen Höhen der Bildung, deren Erklimmung die Thore einer Univerſität öffnet, ſondern es begnügt ſich mit der beſcheideneren, aber zuweilen doch recht mühereichen Aufgabe, ſeine Pflegebefohlenen nur bis zum Vorhofe des Tempels zu bringen. Dort giebt es ihnen einen leiſen Schlag auf die Schulter (ſo, wie es den jungen Fohlen geſchieht, wenn man ſie aus dem Stalle läßt) und befiehlt ſie der fördernden Gnade deſſen, der aus Tertianern nach und nach Primaner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/21
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. [7]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/21>, abgerufen am 21.11.2024.