Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.Stilpe. Daher diese etwas schwermütige, aber immerhinsublim betrunkene Grundstimmung. Voll Whisky- Brandy ist Othello, doch mit einem Schuß Sherry. Ale, Ale und abermals Ale ist King Lear. Es ist das hohe Lied des Ales. Immer, wenn ichs ge¬ lesen habe, muß ich zum alten Krause gehen, der dieses blondeste aller Biere am besten schänkt. Ein paar Sommersprossen Porter auf diesen weißen Teint gespritzt, und man versteht die Lieder des Narren und weint in großer Seligkeit. Auch Knickebein hat Shakespeare getrunken, und zwar viel. Seine Komödien sind der Beweis dafür. Wie vermählt sich da überall das Ei dem seimigen Liköre! Und da hat irgend so ein Fünfgroschen¬ phantast behauptet, Andreas Hofer habe den Knicke¬ bein erfunden. Wie kümmerlich! Schon die alten Juden kannten ihn. Das Prinzip der Parallelität der Verse in den Psalmen ist geradezu ein Symbol des Knickebeins . . . Die ganze Litteraturgeschichte, wohl gemerkt, so weit es sich um Verse handelt, ist nichts als eine große Tafel der Getränke. Ich werde meine Doktordissertation über dieses Thema schreiben. In diesem Stile sprach er überhaupt oft, und Stilpe. Daher dieſe etwas ſchwermütige, aber immerhinſublim betrunkene Grundſtimmung. Voll Whisky- Brandy iſt Othello, doch mit einem Schuß Sherry. Ale, Ale und abermals Ale iſt King Lear. Es iſt das hohe Lied des Ales. Immer, wenn ichs ge¬ leſen habe, muß ich zum alten Krauſe gehen, der dieſes blondeſte aller Biere am beſten ſchänkt. Ein paar Sommerſproſſen Porter auf dieſen weißen Teint geſpritzt, und man verſteht die Lieder des Narren und weint in großer Seligkeit. Auch Knickebein hat Shakeſpeare getrunken, und zwar viel. Seine Komödien ſind der Beweis dafür. Wie vermählt ſich da überall das Ei dem ſeimigen Liköre! Und da hat irgend ſo ein Fünfgroſchen¬ phantaſt behauptet, Andreas Hofer habe den Knicke¬ bein erfunden. Wie kümmerlich! Schon die alten Juden kannten ihn. Das Prinzip der Parallelität der Verſe in den Pſalmen iſt geradezu ein Symbol des Knickebeins . . . Die ganze Litteraturgeſchichte, wohl gemerkt, ſo weit es ſich um Verſe handelt, iſt nichts als eine große Tafel der Getränke. Ich werde meine Doktordiſſertation über dieſes Thema ſchreiben. In dieſem Stile ſprach er überhaupt oft, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0244" n="230"/><fw place="top" type="header">Stilpe.<lb/></fw>Daher dieſe etwas ſchwermütige, aber immerhin<lb/> ſublim betrunkene Grundſtimmung. Voll Whisky-<lb/> Brandy iſt Othello, doch mit einem Schuß Sherry.<lb/> Ale, Ale und abermals Ale iſt King Lear. Es iſt<lb/> das hohe Lied des Ales. Immer, wenn ichs ge¬<lb/> leſen habe, muß ich zum alten Krauſe gehen, der<lb/> dieſes blondeſte aller Biere am beſten ſchänkt.<lb/> Ein paar Sommerſproſſen Porter auf dieſen<lb/> weißen Teint geſpritzt, und man verſteht die Lieder<lb/> des Narren und weint in großer Seligkeit. Auch<lb/> Knickebein hat Shakeſpeare getrunken, und zwar<lb/> viel. Seine Komödien ſind der Beweis dafür.<lb/> Wie vermählt ſich da überall das Ei dem ſeimigen<lb/> Liköre! Und da hat irgend ſo ein Fünfgroſchen¬<lb/> phantaſt behauptet, Andreas Hofer habe den Knicke¬<lb/> bein erfunden. Wie kümmerlich! Schon die alten<lb/> Juden kannten ihn. Das Prinzip der Parallelität<lb/> der Verſe in den Pſalmen iſt geradezu ein Symbol<lb/> des Knickebeins . . . Die ganze Litteraturgeſchichte,<lb/> wohl gemerkt, ſo weit es ſich um Verſe handelt,<lb/> iſt nichts als eine große Tafel der Getränke. Ich<lb/> werde meine Doktordiſſertation über dieſes Thema<lb/> ſchreiben.</p><lb/> <p>In dieſem Stile ſprach er überhaupt oft, und<lb/> manche ſeiner Dikta gingen in den Schatz der ge¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [230/0244]
Stilpe.
Daher dieſe etwas ſchwermütige, aber immerhin
ſublim betrunkene Grundſtimmung. Voll Whisky-
Brandy iſt Othello, doch mit einem Schuß Sherry.
Ale, Ale und abermals Ale iſt King Lear. Es iſt
das hohe Lied des Ales. Immer, wenn ichs ge¬
leſen habe, muß ich zum alten Krauſe gehen, der
dieſes blondeſte aller Biere am beſten ſchänkt.
Ein paar Sommerſproſſen Porter auf dieſen
weißen Teint geſpritzt, und man verſteht die Lieder
des Narren und weint in großer Seligkeit. Auch
Knickebein hat Shakeſpeare getrunken, und zwar
viel. Seine Komödien ſind der Beweis dafür.
Wie vermählt ſich da überall das Ei dem ſeimigen
Liköre! Und da hat irgend ſo ein Fünfgroſchen¬
phantaſt behauptet, Andreas Hofer habe den Knicke¬
bein erfunden. Wie kümmerlich! Schon die alten
Juden kannten ihn. Das Prinzip der Parallelität
der Verſe in den Pſalmen iſt geradezu ein Symbol
des Knickebeins . . . Die ganze Litteraturgeſchichte,
wohl gemerkt, ſo weit es ſich um Verſe handelt,
iſt nichts als eine große Tafel der Getränke. Ich
werde meine Doktordiſſertation über dieſes Thema
ſchreiben.
In dieſem Stile ſprach er überhaupt oft, und
manche ſeiner Dikta gingen in den Schatz der ge¬
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