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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Stilpe.
liche Thätigkeit, und, kaum, daß ein Monat ver¬
gangen war seit dem ersten Auftauchen der Momus-
Idee, da hatte er auch schon "Kapital am Bändel",
und die Aktiengesellschaft Momus war gegründet,
ein verkrachtes kleines Theater gemietet und er
"artistischer Direktor" des Ganzen.

Seine Gabe, sich auch klug zu benehmen, wenn
es not that, kam ihm dabei sehr zu statten. Es
war ein Schauspiel, ihn zu sehen, wie er in seinem
Staatsrocke und mit seinen lässigen Gesten des
sicheren Geschäftsmannes bei "Leuten von Gelde"
am Werke war, die aussichtsreiche neue Idee mit
einem großen Aufwande von Zahlen aus dem Ge¬
schäftsberichte der Londoner Empire-Gesellschaft zu
entwickeln, und wer ihn anzuhörte, wie er in gesetzter
Rede, aber mit einem Grundton tiefer künstlerischer
Überzeugung und dabei gestützt auf entwickelungsge¬
schichtliche Ideen origineller Art nachwies, daß das
Unternehmen eines "künstlerisch-literarisch bedeut¬
samen Kunstinstitutes mit Variete-Prinzip" geradezu
eine Forderung des Zeitgeistes sei, der zweifelte
nicht, daß hier eine "Sache" im Entstehen war.

-- Sehen Sie die Theater an! Sie sind leer!
Gehen Sie in den Wintergarten! Er ist voll!
Dort Ableben, hier Aufleben! Wer die Kunst liebt,

Stilpe.
liche Thätigkeit, und, kaum, daß ein Monat ver¬
gangen war ſeit dem erſten Auftauchen der Momus-
Idee, da hatte er auch ſchon „Kapital am Bändel“,
und die Aktiengeſellſchaft Momus war gegründet,
ein verkrachtes kleines Theater gemietet und er
„artiſtiſcher Direktor“ des Ganzen.

Seine Gabe, ſich auch klug zu benehmen, wenn
es not that, kam ihm dabei ſehr zu ſtatten. Es
war ein Schauſpiel, ihn zu ſehen, wie er in ſeinem
Staatsrocke und mit ſeinen läſſigen Geſten des
ſicheren Geſchäftsmannes bei „Leuten von Gelde“
am Werke war, die ausſichtsreiche neue Idee mit
einem großen Aufwande von Zahlen aus dem Ge¬
ſchäftsberichte der Londoner Empire-Geſellſchaft zu
entwickeln, und wer ihn anzuhörte, wie er in geſetzter
Rede, aber mit einem Grundton tiefer künſtleriſcher
Überzeugung und dabei geſtützt auf entwickelungsge¬
ſchichtliche Ideen origineller Art nachwies, daß das
Unternehmen eines „künſtleriſch-literariſch bedeut¬
ſamen Kunſtinſtitutes mit Variété-Prinzip“ geradezu
eine Forderung des Zeitgeiſtes ſei, der zweifelte
nicht, daß hier eine „Sache“ im Entſtehen war.

— Sehen Sie die Theater an! Sie ſind leer!
Gehen Sie in den Wintergarten! Er iſt voll!
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[360/0374] Stilpe. liche Thätigkeit, und, kaum, daß ein Monat ver¬ gangen war ſeit dem erſten Auftauchen der Momus- Idee, da hatte er auch ſchon „Kapital am Bändel“, und die Aktiengeſellſchaft Momus war gegründet, ein verkrachtes kleines Theater gemietet und er „artiſtiſcher Direktor“ des Ganzen. Seine Gabe, ſich auch klug zu benehmen, wenn es not that, kam ihm dabei ſehr zu ſtatten. Es war ein Schauſpiel, ihn zu ſehen, wie er in ſeinem Staatsrocke und mit ſeinen läſſigen Geſten des ſicheren Geſchäftsmannes bei „Leuten von Gelde“ am Werke war, die ausſichtsreiche neue Idee mit einem großen Aufwande von Zahlen aus dem Ge¬ ſchäftsberichte der Londoner Empire-Geſellſchaft zu entwickeln, und wer ihn anzuhörte, wie er in geſetzter Rede, aber mit einem Grundton tiefer künſtleriſcher Überzeugung und dabei geſtützt auf entwickelungsge¬ ſchichtliche Ideen origineller Art nachwies, daß das Unternehmen eines „künſtleriſch-literariſch bedeut¬ ſamen Kunſtinſtitutes mit Variété-Prinzip“ geradezu eine Forderung des Zeitgeiſtes ſei, der zweifelte nicht, daß hier eine „Sache“ im Entſtehen war. — Sehen Sie die Theater an! Sie ſind leer! Gehen Sie in den Wintergarten! Er iſt voll! Dort Ableben, hier Aufleben! Wer die Kunſt liebt,

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/374>, abgerufen am 22.11.2024.