Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.Erstes Buch, drittes Kapitel. Schick mir doch Pfannkuchen in der Kiste. Erißt sie furchtbar gerne. Denke Dir nur: sein Vater ist Feldherr der Serbier. Ich hab sein Bild ge¬ sehen. Es ist keine Sohle. Überhaupt: Mioko¬ vitsch schwindelt nicht. In seinem Photographie¬ album hat er auch viele furchtbar schöne Bilder von Mädchens. Die Großen nennen ihn alle den schönen Mio. Dem seine Muskeln solltest Du mal sehen, liebe Mamma! Sie sind so dick wie meine Waden. Er braucht sich auch keinen Scheitel zu machen, weil er Locken hat. Niemals läßt er mich karieren, denn er ist überhaupt sehr edelmütig. Seine serbischen Briefmarken krieg ich alle. Er kann furchtbar turnen. Gestern ist er in der Nacht ausgestiegen und am Blitzableiter nunter geklettert. Weil ich gerade an dem Fenster liege, hab ichs gesehen. Daß Du nicht petzt, hat er gesagt, und ich solls auch keinem Jungen sagen; ich sags gewiß keinem. Er ist erst nach einer Stunde wieder gekommen, und da war er so lustig, daß er mir einen Kuß ge¬ geben hat. Ich weiß auch, warum er nunter geklettert ist. Er hat sich einen Strauß geholt. Den ganzen Tag hat er ihn immer in seiner Tasche gehabt. Mir gefellts jetz ganz gut Erſtes Buch, drittes Kapitel. Schick mir doch Pfannkuchen in der Kiſte. Erißt ſie furchtbar gerne. Denke Dir nur: ſein Vater iſt Feldherr der Serbier. Ich hab ſein Bild ge¬ ſehen. Es iſt keine Sohle. Überhaupt: Mioko¬ vitſch ſchwindelt nicht. In ſeinem Photographie¬ album hat er auch viele furchtbar ſchöne Bilder von Mädchens. Die Großen nennen ihn alle den ſchönen Mio. Dem ſeine Muskeln ſollteſt Du mal ſehen, liebe Mamma! Sie ſind ſo dick wie meine Waden. Er braucht ſich auch keinen Scheitel zu machen, weil er Locken hat. Niemals läßt er mich karieren, denn er iſt überhaupt ſehr edelmütig. Seine ſerbiſchen Briefmarken krieg ich alle. Er kann furchtbar turnen. Geſtern iſt er in der Nacht ausgeſtiegen und am Blitzableiter nunter geklettert. Weil ich gerade an dem Fenſter liege, hab ichs geſehen. Daß Du nicht petzt, hat er geſagt, und ich ſolls auch keinem Jungen ſagen; ich ſags gewiß keinem. Er iſt erſt nach einer Stunde wieder gekommen, und da war er ſo luſtig, daß er mir einen Kuß ge¬ geben hat. Ich weiß auch, warum er nunter geklettert iſt. Er hat ſich einen Strauß geholt. Den ganzen Tag hat er ihn immer in ſeiner Taſche gehabt. Mir gefellts jetz ganz gut <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0039" n="25"/><fw place="top" type="header">Erſtes Buch, drittes Kapitel.<lb/></fw> Schick mir doch Pfannkuchen in der Kiſte. Er<lb/> ißt ſie furchtbar gerne. Denke Dir nur: ſein Vater<lb/> iſt Feldherr der Serbier. Ich hab ſein Bild ge¬<lb/> ſehen. Es iſt keine Sohle. Überhaupt: Mioko¬<lb/> vitſch ſchwindelt nicht. In ſeinem Photographie¬<lb/> album hat er auch viele furchtbar ſchöne Bilder<lb/> von Mädchens. Die Großen nennen ihn alle den<lb/> ſchönen Mio. Dem ſeine Muskeln ſollteſt Du<lb/> mal ſehen, liebe Mamma! Sie ſind ſo dick wie<lb/> meine Waden. Er braucht ſich auch keinen<lb/> Scheitel zu machen, weil er Locken hat. Niemals<lb/> läßt er mich karieren, denn er iſt überhaupt ſehr<lb/> edelmütig. Seine ſerbiſchen Briefmarken krieg ich<lb/> alle. Er kann furchtbar turnen. Geſtern iſt er in<lb/> der Nacht ausgeſtiegen und am Blitzableiter nunter<lb/> geklettert. Weil ich gerade an dem Fenſter liege,<lb/> hab ichs geſehen. Daß Du nicht petzt, hat<lb/> er geſagt, und ich ſolls auch keinem Jungen<lb/> ſagen; ich ſags gewiß keinem. Er iſt erſt<lb/> nach einer Stunde wieder gekommen, und da<lb/> war er ſo luſtig, daß er mir einen Kuß ge¬<lb/> geben hat. Ich weiß auch, warum er nunter<lb/> geklettert iſt. Er hat ſich einen Strauß geholt.<lb/> Den ganzen Tag hat er ihn immer in ſeiner<lb/> Taſche gehabt. Mir gefellts jetz ganz gut<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0039]
Erſtes Buch, drittes Kapitel.
Schick mir doch Pfannkuchen in der Kiſte. Er
ißt ſie furchtbar gerne. Denke Dir nur: ſein Vater
iſt Feldherr der Serbier. Ich hab ſein Bild ge¬
ſehen. Es iſt keine Sohle. Überhaupt: Mioko¬
vitſch ſchwindelt nicht. In ſeinem Photographie¬
album hat er auch viele furchtbar ſchöne Bilder
von Mädchens. Die Großen nennen ihn alle den
ſchönen Mio. Dem ſeine Muskeln ſollteſt Du
mal ſehen, liebe Mamma! Sie ſind ſo dick wie
meine Waden. Er braucht ſich auch keinen
Scheitel zu machen, weil er Locken hat. Niemals
läßt er mich karieren, denn er iſt überhaupt ſehr
edelmütig. Seine ſerbiſchen Briefmarken krieg ich
alle. Er kann furchtbar turnen. Geſtern iſt er in
der Nacht ausgeſtiegen und am Blitzableiter nunter
geklettert. Weil ich gerade an dem Fenſter liege,
hab ichs geſehen. Daß Du nicht petzt, hat
er geſagt, und ich ſolls auch keinem Jungen
ſagen; ich ſags gewiß keinem. Er iſt erſt
nach einer Stunde wieder gekommen, und da
war er ſo luſtig, daß er mir einen Kuß ge¬
geben hat. Ich weiß auch, warum er nunter
geklettert iſt. Er hat ſich einen Strauß geholt.
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