zwar sowohl bei Aufbringung wie bei Verwendung der Momusgelder.
Durch Zufall lernte ich dann eine Gruppe von Dichtern kennen, die über jedem Verdachte journalistischer Verbindungen stehen, weil sie es schon längst aufgegeben haben, ihre Erzeugnisse durch die periodische Presse zu verbreiten, und die gerade über den Momusfall mitreden können, weil sie an ihm beteiligt gewesen sind. Da sie trotzdem im Grunde von Stilpe nicht viel wissen wollen (weil er, wie sie sagen, den Momusgedanken prostituiert hat), so ist es erlaubt, ihre Aussagen wenigstens für insoweit objektiv zu halten, als die Herren überhaupt einer objektiven Betrachtung der Dinge dieser Welt fähig sind.
Von diesen Herren habe ich nun dies erfahren: Das Momustheater erlitt ein vollkommenes Fiasko, weil es als Tingeltangel "immerhin" zu künst¬ lerisch, als Kunstinstitut aber viel zu sehr Tingel¬ tangel gewesen sei. Das Publikum lehnte "das bischen Literatur und Kunst", was dabei mit¬ spielte, schon als zu viel ab, und die Presse, die im Verein mit dem "Schock Berliner Kunst- und Literaturfreunde" sich "wenigstens den Anschein gab, etwas Künstlerisches erwartet zu haben", er¬
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Viertes Buch, viertes Kapitel.
zwar ſowohl bei Aufbringung wie bei Verwendung der Momusgelder.
Durch Zufall lernte ich dann eine Gruppe von Dichtern kennen, die über jedem Verdachte journaliſtiſcher Verbindungen ſtehen, weil ſie es ſchon längſt aufgegeben haben, ihre Erzeugniſſe durch die periodiſche Preſſe zu verbreiten, und die gerade über den Momusfall mitreden können, weil ſie an ihm beteiligt geweſen ſind. Da ſie trotzdem im Grunde von Stilpe nicht viel wiſſen wollen (weil er, wie ſie ſagen, den Momusgedanken proſtituiert hat), ſo iſt es erlaubt, ihre Ausſagen wenigſtens für inſoweit objektiv zu halten, als die Herren überhaupt einer objektiven Betrachtung der Dinge dieſer Welt fähig ſind.
Von dieſen Herren habe ich nun dies erfahren: Das Momustheater erlitt ein vollkommenes Fiasko, weil es als Tingeltangel „immerhin“ zu künſt¬ leriſch, als Kunſtinſtitut aber viel zu ſehr Tingel¬ tangel geweſen ſei. Das Publikum lehnte „das bischen Literatur und Kunſt“, was dabei mit¬ ſpielte, ſchon als zu viel ab, und die Preſſe, die im Verein mit dem „Schock Berliner Kunſt- und Literaturfreunde“ ſich „wenigſtens den Anſchein gab, etwas Künſtleriſches erwartet zu haben“, er¬
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Viertes Buch, viertes Kapitel.
zwar ſowohl bei Aufbringung wie bei Verwendung
der Momusgelder.
Durch Zufall lernte ich dann eine Gruppe
von Dichtern kennen, die über jedem Verdachte
journaliſtiſcher Verbindungen ſtehen, weil ſie es
ſchon längſt aufgegeben haben, ihre Erzeugniſſe
durch die periodiſche Preſſe zu verbreiten, und die
gerade über den Momusfall mitreden können, weil
ſie an ihm beteiligt geweſen ſind. Da ſie trotzdem
im Grunde von Stilpe nicht viel wiſſen wollen
(weil er, wie ſie ſagen, den Momusgedanken
proſtituiert hat), ſo iſt es erlaubt, ihre Ausſagen
wenigſtens für inſoweit objektiv zu halten, als die
Herren überhaupt einer objektiven Betrachtung der
Dinge dieſer Welt fähig ſind.
Von dieſen Herren habe ich nun dies erfahren:
Das Momustheater erlitt ein vollkommenes Fiasko,
weil es als Tingeltangel „immerhin“ zu künſt¬
leriſch, als Kunſtinſtitut aber viel zu ſehr Tingel¬
tangel geweſen ſei. Das Publikum lehnte „das
bischen Literatur und Kunſt“, was dabei mit¬
ſpielte, ſchon als zu viel ab, und die Preſſe, die
im Verein mit dem „Schock Berliner Kunſt- und
Literaturfreunde“ ſich „wenigſtens den Anſchein
gab, etwas Künſtleriſches erwartet zu haben“, er¬
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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/399>, abgerufen am 22.11.2024.
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