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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Viertes Buch, viertes Kapitel.
was ich zumal über die Balletleistungen des
Momus vernommen habe, muß ich erklären, daß
ich die Opposition derart inkorporierter Jünglinge
verstehe. Es ist auch sehr bald die Polizei gegen
den Schnitt der Balletgewänder im Momustheater
eingeschritten.

Dieser Umstand in Verbindung mit dem ein¬
mütigen Verdikte der Presse, daß der Momus
durchaus kein Kunstinstitut im höheren Sinne sei,
hat den Aufsichtsrat der Momus-Gesellschaft, also
die Geldgeber, veranlaßt, sich den Paragraphen in
Stilpes Kontrakt zunutze zu machen, der es ge¬
stattete, den "artistischen Direktor" zu entlassen,
freilich unter Zahlung einer sehr beträchtlichen Ent¬
schädigungssumme für diesen. Der leise unter¬
nommene Versuch, diese Entschädigung durch allerlei
Anschuldigungen bedenklicher Natur in punkto
Geschäftsgebahrung zu umgehen, ist schließlich nicht
gemacht worden, aber schon der Ansatz dazu hat
genügt, jenes von mir bereits erwähnte Gerücht
von "Gaunereien" etc. zu erzeugen.

Das Momustheater ist sehr bald an einen
regelrechten Tingeltangeldirektor übergegangen, und
man hat eine Weile geglaubt, daß Stilpe selbst
mit seiner Entschädigungssumme der Hintermann

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Viertes Buch, viertes Kapitel.
was ich zumal über die Balletleiſtungen des
Momus vernommen habe, muß ich erklären, daß
ich die Oppoſition derart inkorporierter Jünglinge
verſtehe. Es iſt auch ſehr bald die Polizei gegen
den Schnitt der Balletgewänder im Momustheater
eingeſchritten.

Dieſer Umſtand in Verbindung mit dem ein¬
mütigen Verdikte der Preſſe, daß der Momus
durchaus kein Kunſtinſtitut im höheren Sinne ſei,
hat den Aufſichtsrat der Momus-Geſellſchaft, alſo
die Geldgeber, veranlaßt, ſich den Paragraphen in
Stilpes Kontrakt zunutze zu machen, der es ge¬
ſtattete, den „artiſtiſchen Direktor“ zu entlaſſen,
freilich unter Zahlung einer ſehr beträchtlichen Ent¬
ſchädigungsſumme für dieſen. Der leiſe unter¬
nommene Verſuch, dieſe Entſchädigung durch allerlei
Anſchuldigungen bedenklicher Natur in punkto
Geſchäftsgebahrung zu umgehen, iſt ſchließlich nicht
gemacht worden, aber ſchon der Anſatz dazu hat
genügt, jenes von mir bereits erwähnte Gerücht
von „Gaunereien“ ꝛc. zu erzeugen.

Das Momustheater iſt ſehr bald an einen
regelrechten Tingeltangeldirektor übergegangen, und
man hat eine Weile geglaubt, daß Stilpe ſelbſt
mit ſeiner Entſchädigungsſumme der Hintermann

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[387/0401] Viertes Buch, viertes Kapitel. was ich zumal über die Balletleiſtungen des Momus vernommen habe, muß ich erklären, daß ich die Oppoſition derart inkorporierter Jünglinge verſtehe. Es iſt auch ſehr bald die Polizei gegen den Schnitt der Balletgewänder im Momustheater eingeſchritten. Dieſer Umſtand in Verbindung mit dem ein¬ mütigen Verdikte der Preſſe, daß der Momus durchaus kein Kunſtinſtitut im höheren Sinne ſei, hat den Aufſichtsrat der Momus-Geſellſchaft, alſo die Geldgeber, veranlaßt, ſich den Paragraphen in Stilpes Kontrakt zunutze zu machen, der es ge¬ ſtattete, den „artiſtiſchen Direktor“ zu entlaſſen, freilich unter Zahlung einer ſehr beträchtlichen Ent¬ ſchädigungsſumme für dieſen. Der leiſe unter¬ nommene Verſuch, dieſe Entſchädigung durch allerlei Anſchuldigungen bedenklicher Natur in punkto Geſchäftsgebahrung zu umgehen, iſt ſchließlich nicht gemacht worden, aber ſchon der Anſatz dazu hat genügt, jenes von mir bereits erwähnte Gerücht von „Gaunereien“ ꝛc. zu erzeugen. Das Momustheater iſt ſehr bald an einen regelrechten Tingeltangeldirektor übergegangen, und man hat eine Weile geglaubt, daß Stilpe ſelbſt mit ſeiner Entſchädigungsſumme der Hintermann 25 *

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/401>, abgerufen am 22.11.2024.