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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Viertes Buch, viertes Kapitel.

Ich schickte ihm meine Karte hinter die Bühne.
Nach einer Viertelstunde erschien er, die Vorstellung
war mittlerweile durch den üblichen Galopp ge¬
schlossen, an meinem Tische.

Unglaublich! Er geberdete sich wenigstens
ganz wie früher.

-- Willst Du mich verhaften, Staatsanwalt
meiner Seele? Wieviel Jahre stehen auf den
Bauchtanz meiner Prägung?

Ich hatte Mühe, ihn von diesem Stil abzu¬
bringen. Ganz hat er ihn überhaupt nicht auf¬
gegeben. Das Endresultat, was ich euch zu ver¬
melden habe, ist dies: Stilpe erklärt, sich recht wohl
zu fühlen, wenngleich es ihm nur in den seltensten
Fällen noch gelingt, sich zu betrinken. Als Ent¬
schädigung für diesen beklagenswerten Umstand be¬
zeichnet er die "glorreiche Thatsache", daß er end¬
giltig darauf verzichtet habe, in die Literaturgeschichte
zu kommen.

-- Literatur? Pf! Das Tingeltangel ist die
Kunst der Zukunft. Übrigens hat meine Orgel blos
noch eine Pfeife. Sonst? . . . Na, mein Junge,
wenn alle Pfeifen schweigen, -- die Heilsarmee
leckt alle Finger nach mir. Ein bischen religiös
komm ich mir überhaupt manchmal vor. Wer

Viertes Buch, viertes Kapitel.

Ich ſchickte ihm meine Karte hinter die Bühne.
Nach einer Viertelſtunde erſchien er, die Vorſtellung
war mittlerweile durch den üblichen Galopp ge¬
ſchloſſen, an meinem Tiſche.

Unglaublich! Er geberdete ſich wenigſtens
ganz wie früher.

— Willſt Du mich verhaften, Staatsanwalt
meiner Seele? Wieviel Jahre ſtehen auf den
Bauchtanz meiner Prägung?

Ich hatte Mühe, ihn von dieſem Stil abzu¬
bringen. Ganz hat er ihn überhaupt nicht auf¬
gegeben. Das Endreſultat, was ich euch zu ver¬
melden habe, iſt dies: Stilpe erklärt, ſich recht wohl
zu fühlen, wenngleich es ihm nur in den ſeltenſten
Fällen noch gelingt, ſich zu betrinken. Als Ent¬
ſchädigung für dieſen beklagenswerten Umſtand be¬
zeichnet er die „glorreiche Thatſache“, daß er end¬
giltig darauf verzichtet habe, in die Literaturgeſchichte
zu kommen.

— Literatur? Pf! Das Tingeltangel iſt die
Kunſt der Zukunft. Übrigens hat meine Orgel blos
noch eine Pfeife. Sonſt? . . . Na, mein Junge,
wenn alle Pfeifen ſchweigen, — die Heilsarmee
leckt alle Finger nach mir. Ein bischen religiös
komm ich mir überhaupt manchmal vor. Wer

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[399/0413] Viertes Buch, viertes Kapitel. Ich ſchickte ihm meine Karte hinter die Bühne. Nach einer Viertelſtunde erſchien er, die Vorſtellung war mittlerweile durch den üblichen Galopp ge¬ ſchloſſen, an meinem Tiſche. Unglaublich! Er geberdete ſich wenigſtens ganz wie früher. — Willſt Du mich verhaften, Staatsanwalt meiner Seele? Wieviel Jahre ſtehen auf den Bauchtanz meiner Prägung? Ich hatte Mühe, ihn von dieſem Stil abzu¬ bringen. Ganz hat er ihn überhaupt nicht auf¬ gegeben. Das Endreſultat, was ich euch zu ver¬ melden habe, iſt dies: Stilpe erklärt, ſich recht wohl zu fühlen, wenngleich es ihm nur in den ſeltenſten Fällen noch gelingt, ſich zu betrinken. Als Ent¬ ſchädigung für dieſen beklagenswerten Umſtand be¬ zeichnet er die „glorreiche Thatſache“, daß er end¬ giltig darauf verzichtet habe, in die Literaturgeſchichte zu kommen. — Literatur? Pf! Das Tingeltangel iſt die Kunſt der Zukunft. Übrigens hat meine Orgel blos noch eine Pfeife. Sonſt? . . . Na, mein Junge, wenn alle Pfeifen ſchweigen, — die Heilsarmee leckt alle Finger nach mir. Ein bischen religiös komm ich mir überhaupt manchmal vor. Wer

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/413>, abgerufen am 21.11.2024.