Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765.

Bild:
<< vorherige Seite

linie haben, dessen Winkel sich wird messen lassen, indeme man die bekannte
Grösse auf jeder von diesen zwoen Linien aus dem Puncte, wo selbige einander
durchschneiden, nimmt, und durch ihre Ende eine Grundlinie ziehet, so wird man
einen Triangel haben, davon der Winkel der Spitzen, wann die dren Seiten
bekannt sind, gefunden, und dieser die Weite des besagten Vertikals zu dem
Mittagskreis seyn wird.

Wie man die Mittagshöhe der Sternefi n-
den soll.

Es brauchet überaus grosse Mühe den Quadranten in der Fläche des
Mittagskreises recht aufzurichten, um die Mittagshöhe eines Sterns accurat
finden zu können; dann wo man nicht zum wenigsten einen Ort, oder eine
dazu taugliche Wand findet, wo der astronomische Quadrant in der Fläche
des Mittagkreises vest gestellet werden könne, welches sehr schwer zu thun
ist, wird der wahre und rechte Stand des Mittagzirkels, der vor alle Sterne
zu observiren, wie wir oben schon gesagt haben, tüchtig ist, nicht gefunden
werden, und wird dahero weit leichter seyn, absonderlich auf denen Reisen,
sich eines beweglichen Quadrantens zu bedienen, mit welchem man die Höhe
des Sterns ein wenig vor seinem Durchgang durch den Mittagskreiß ben je-
der Zeitminute, so es seyn kann, biß seine gröste oder kleinste Höhe über dem
Horizont gefunden wird, observiren muß. Ob nun schon auf diese Weise
nicht der rechte und wahre Stand des Mittagkreises zu haben ist, so wird man
jedoch die scheinbare Mittagshöhe des Sterns dadurch überkommen. Die-
se Methode, ob sie gleich überaus gut, und von keinem merklichen Fehler ist,
so wird man nichts destoweniger, wann der Stern durch den Mittagskreis
nahe dem Scheitelpunct gehet, seine wahre Mittagshöhe nicht als nur ungefehr
haben können, da aus denen von Minutenzu Minuten wiederholten Beobach-
tungen biß auf jede Zeitminute die Höhe beynahe 15. Minuten von einem
Grad anwächset; und bey diesen Gattungen der Beobachtungen verhin-
dern der unbequeme Stand des Beobachters, die Veränderung des Azi-
muths bey dem Stern in kurzer Zeit um einige Grade, die Veränderung, die
man bey dem Instrument vornehmen muß, und die Schwürigkeit solches
wiederum recht in seinen verticalen Stand zu stellen, daß man die Beobach-
tungen nicht öfters als von 4. zu 4. Zeitminuten halten kann, innerhalb wel-
cher Zeit der Unterschied der Höhe einen Grad austräget. Wird es also in
diesem Fall viel sicherer seyn, anderwärts den Stard des Mittagzirkels oder
die accurate Zeit, wann der Stern durch den Mittagskreiß gehet, zu erfor-
schen, damit das Instrument in der Fläche des besagten Mittagkreises könne
aufgestellet bleiben, oder doch darinnen beweget werden, so daß die Höhe des
Sterns in dem Augenblick, da er durch den Mittagskreis gehet, könne beob-
achtet werden.

linie haben, deſſen Winkel ſich wird meſſen laſſen, indeme man die bekannte
Gröſſe auf jeder von dieſen zwoen Linien aus dem Puncte, wo ſelbige einander
durchſchneiden, nimmt, und durch ihre Ende eine Grundlinie ziehet, ſo wird man
einen Triangel haben, davon der Winkel der Spitzen, wann die dren Seiten
bekannt ſind, gefunden, und dieſer die Weite des beſagten Vertikals zu dem
Mittagskreis ſeyn wird.

Wie man die Mittagshöhe der Sternefi n-
den ſoll.

Es brauchet überaus groſſe Mühe den Quadranten in der Fläche des
Mittagskreiſes recht aufzurichten, um die Mittagshöhe eines Sterns accurat
finden zu können; dann wo man nicht zum wenigſten einen Ort, oder eine
dazu taugliche Wand findet, wo der aſtronomiſche Quadrant in der Fläche
des Mittagkreiſes veſt geſtellet werden könne, welches ſehr ſchwer zu thun
iſt, wird der wahre und rechte Stand des Mittagzirkels, der vor alle Sterne
zu obſerviren, wie wir oben ſchon geſagt haben, tüchtig iſt, nicht gefunden
werden, und wird dahero weit leichter ſeyn, abſonderlich auf denen Reiſen,
ſich eines beweglichen Quadrantens zu bedienen, mit welchem man die Höhe
des Sterns ein wenig vor ſeinem Durchgang durch den Mittagskreiß ben je-
der Zeitminute, ſo es ſeyn kann, biß ſeine gröſte oder kleinſte Höhe über dem
Horizont gefunden wird, obſerviren muß. Ob nun ſchon auf dieſe Weiſe
nicht der rechte und wahre Stand des Mittagkreiſes zu haben iſt, ſo wird man
jedoch die ſcheinbare Mittagshöhe des Sterns dadurch überkommen. Die-
ſe Methode, ob ſie gleich überaus gut, und von keinem merklichen Fehler iſt,
ſo wird man nichts deſtoweniger, wann der Stern durch den Mittagskreis
nahe dem Scheitelpunct gehet, ſeine wahre Mittagshöhe nicht als nur ungefehr
haben können, da aus denen von Minutenzu Minuten wiederholten Beobach-
tungen biß auf jede Zeitminute die Höhe beynahe 15. Minuten von einem
Grad anwächſet; und bey dieſen Gattungen der Beobachtungen verhin-
dern der unbequeme Stand des Beobachters, die Veränderung des Azi-
muths bey dem Stern in kurzer Zeit um einige Grade, die Veränderung, die
man bey dem Inſtrument vornehmen muß, und die Schwürigkeit ſolches
wiederum recht in ſeinen verticalen Stand zu ſtellen, daß man die Beobach-
tungen nicht öfters als von 4. zu 4. Zeitminuten halten kann, innerhalb wel-
cher Zeit der Unterſchied der Höhe einen Grad austräget. Wird es alſo in
dieſem Fall viel ſicherer ſeyn, anderwärts den Stard des Mittagzirkels oder
die accurate Zeit, wann der Stern durch den Mittagskreiß gehet, zu erfor-
ſchen, damit das Inſtrument in der Fläche des beſagten Mittagkreiſes könne
aufgeſtellet bleiben, oder doch darinnen beweget werden, ſo daß die Höhe des
Sterns in dem Augenblick, da er durch den Mittagskreis gehet, könne beob-
achtet werden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0281" n="259"/>
linie haben, de&#x017F;&#x017F;en Winkel &#x017F;ich wird me&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, indeme man die                             bekannte<lb/>
Grö&#x017F;&#x017F;e auf jeder von die&#x017F;en zwoen Linien aus dem Puncte,                             wo &#x017F;elbige einander<lb/>
durch&#x017F;chneiden, nimmt, und durch ihre Ende eine                             Grundlinie ziehet, &#x017F;o wird man<lb/>
einen Triangel haben, davon der                             Winkel der Spitzen, wann die dren Seiten<lb/>
bekannt &#x017F;ind, gefunden,                             und die&#x017F;er die Weite des be&#x017F;agten Vertikals zu dem<lb/>
Mittagskreis                             &#x017F;eyn wird. </p>
          <div n="3">
            <head>Wie man die Mittagshöhe der Sternefi n-<lb/>
den &#x017F;oll.</head><lb/>
            <p>Es brauchet überaus gro&#x017F;&#x017F;e Mühe den Quadranten in der Fläche des<lb/>
Mittagskrei&#x017F;es recht aufzurichten, um die Mittagshöhe eines                                 Sterns accurat<lb/>
finden zu können; dann wo man nicht zum                                 wenig&#x017F;ten einen Ort, oder eine<lb/>
dazu taugliche Wand findet, wo                                 der a&#x017F;tronomi&#x017F;che Quadrant in der Fläche<lb/>
des Mittagkrei&#x017F;es ve&#x017F;t                                 ge&#x017F;tellet werden könne, welches &#x017F;ehr &#x017F;chwer zu thun<lb/>
i&#x017F;t, wird                                 der wahre und rechte Stand des Mittagzirkels, der vor alle Sterne<lb/>
zu ob&#x017F;erviren, wie wir oben &#x017F;chon ge&#x017F;agt haben, tüchtig i&#x017F;t,                                 nicht gefunden<lb/>
werden, und wird dahero weit leichter &#x017F;eyn,                                 ab&#x017F;onderlich auf denen Rei&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;ich eines beweglichen                                 Quadrantens zu bedienen, mit welchem man die Höhe<lb/>
des Sterns                                 ein wenig vor &#x017F;einem Durchgang durch den Mittagskreiß ben                                 je-<lb/>
der Zeitminute, &#x017F;o es &#x017F;eyn kann, biß &#x017F;eine grö&#x017F;te oder                                 klein&#x017F;te Höhe über dem<lb/>
Horizont gefunden wird, ob&#x017F;erviren muß.                                 Ob nun &#x017F;chon auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e<lb/>
nicht der rechte und wahre Stand                                 des Mittagkrei&#x017F;es zu haben i&#x017F;t, &#x017F;o wird man<lb/>
jedoch die                                 &#x017F;cheinbare Mittagshöhe des Sterns dadurch überkommen. Die-<lb/>
&#x017F;e                                 Methode, ob &#x017F;ie gleich überaus gut, und von keinem merklichen Fehler                                 i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o wird man nichts de&#x017F;toweniger, wann der Stern durch den                                 Mittagskreis<lb/>
nahe dem Scheitelpunct gehet, &#x017F;eine wahre                                 Mittagshöhe nicht als nur ungefehr<lb/>
haben können, da aus denen                                 von Minutenzu Minuten wiederholten Beobach-<lb/>
tungen biß auf jede                                 Zeitminute die Höhe beynahe 15. Minuten von einem<lb/>
Grad                                 anwäch&#x017F;et; und bey die&#x017F;en Gattungen der Beobachtungen                                 verhin-<lb/>
dern der unbequeme Stand des Beobachters, die                                 Veränderung des Azi-<lb/>
muths bey dem Stern in kurzer Zeit um                                 einige Grade, die Veränderung, die<lb/>
man bey dem In&#x017F;trument                                 vornehmen muß, und die Schwürigkeit &#x017F;olches<lb/>
wiederum recht in                                 &#x017F;einen verticalen Stand zu &#x017F;tellen, daß man die Beobach-<lb/>
tungen                                 nicht öfters als von 4. zu 4. Zeitminuten halten kann, innerhalb                                 wel-<lb/>
cher Zeit der Unter&#x017F;chied der Höhe einen Grad austräget.                                 Wird es al&#x017F;o in<lb/>
die&#x017F;em Fall viel &#x017F;icherer &#x017F;eyn, anderwärts den                                 Stard des Mittagzirkels oder<lb/>
die accurate Zeit, wann der Stern                                 durch den Mittagskreiß gehet, zu erfor-<lb/>
&#x017F;chen, damit das                                 In&#x017F;trument in der Fläche des be&#x017F;agten Mittagkrei&#x017F;es könne<lb/>
aufge&#x017F;tellet bleiben, oder doch darinnen beweget werden, &#x017F;o daß                                 die Höhe des<lb/>
Sterns in dem Augenblick, da er durch den                                 Mittagskreis gehet, könne beob-<lb/>
achtet werden. </p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0281] linie haben, deſſen Winkel ſich wird meſſen laſſen, indeme man die bekannte Gröſſe auf jeder von dieſen zwoen Linien aus dem Puncte, wo ſelbige einander durchſchneiden, nimmt, und durch ihre Ende eine Grundlinie ziehet, ſo wird man einen Triangel haben, davon der Winkel der Spitzen, wann die dren Seiten bekannt ſind, gefunden, und dieſer die Weite des beſagten Vertikals zu dem Mittagskreis ſeyn wird. Wie man die Mittagshöhe der Sternefi n- den ſoll. Es brauchet überaus groſſe Mühe den Quadranten in der Fläche des Mittagskreiſes recht aufzurichten, um die Mittagshöhe eines Sterns accurat finden zu können; dann wo man nicht zum wenigſten einen Ort, oder eine dazu taugliche Wand findet, wo der aſtronomiſche Quadrant in der Fläche des Mittagkreiſes veſt geſtellet werden könne, welches ſehr ſchwer zu thun iſt, wird der wahre und rechte Stand des Mittagzirkels, der vor alle Sterne zu obſerviren, wie wir oben ſchon geſagt haben, tüchtig iſt, nicht gefunden werden, und wird dahero weit leichter ſeyn, abſonderlich auf denen Reiſen, ſich eines beweglichen Quadrantens zu bedienen, mit welchem man die Höhe des Sterns ein wenig vor ſeinem Durchgang durch den Mittagskreiß ben je- der Zeitminute, ſo es ſeyn kann, biß ſeine gröſte oder kleinſte Höhe über dem Horizont gefunden wird, obſerviren muß. Ob nun ſchon auf dieſe Weiſe nicht der rechte und wahre Stand des Mittagkreiſes zu haben iſt, ſo wird man jedoch die ſcheinbare Mittagshöhe des Sterns dadurch überkommen. Die- ſe Methode, ob ſie gleich überaus gut, und von keinem merklichen Fehler iſt, ſo wird man nichts deſtoweniger, wann der Stern durch den Mittagskreis nahe dem Scheitelpunct gehet, ſeine wahre Mittagshöhe nicht als nur ungefehr haben können, da aus denen von Minutenzu Minuten wiederholten Beobach- tungen biß auf jede Zeitminute die Höhe beynahe 15. Minuten von einem Grad anwächſet; und bey dieſen Gattungen der Beobachtungen verhin- dern der unbequeme Stand des Beobachters, die Veränderung des Azi- muths bey dem Stern in kurzer Zeit um einige Grade, die Veränderung, die man bey dem Inſtrument vornehmen muß, und die Schwürigkeit ſolches wiederum recht in ſeinen verticalen Stand zu ſtellen, daß man die Beobach- tungen nicht öfters als von 4. zu 4. Zeitminuten halten kann, innerhalb wel- cher Zeit der Unterſchied der Höhe einen Grad austräget. Wird es alſo in dieſem Fall viel ſicherer ſeyn, anderwärts den Stard des Mittagzirkels oder die accurate Zeit, wann der Stern durch den Mittagskreiß gehet, zu erfor- ſchen, damit das Inſtrument in der Fläche des beſagten Mittagkreiſes könne aufgeſtellet bleiben, oder doch darinnen beweget werden, ſo daß die Höhe des Sterns in dem Augenblick, da er durch den Mittagskreis gehet, könne beob- achtet werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

ECHO: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-10-09T11:08:35Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-10-09T11:08:35Z)
ECHO: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-10-09T11:08:35Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde beibehalten.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen und Zeilen hinweg werden beibehalten.
  • Marginalien werden jeweils am Ende des entsprechenden Absatzes ausgezeichnet.
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/281
Zitationshilfe: Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/281>, abgerufen am 24.11.2024.