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Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

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134.

Also hörete jener zu/ dieser fragete/ und Echo ant-
wortete aus einem verbuschten Absatz der Hutte; die ver-
kündigte lauter erfreuliches/ berichtete auch zuletzt/ daß er
solches anderweit vernehmen würde von dem allgemeinen
Gerüchte. Kaum hatte sie diese letzte Wort aus- und nach-
* Georg im
Hof/ P. N.
gesprochen/ da eilete das Gerüchte* oder die Fama aus dem
Waldgezelt geflügelt daher/ nach dem sie zuvor darinnen in
jhre Trompeten gestossen/ auch mit jhren tausend Zungen
Frieden geruffen/ und berichtete mit eilsamer Rede/ wie daß
sie nun über dreyssig Jahre her nichts als lauter blutige
Kriegszeitungen ausgeposaunet. Nun sie aber an diesem
Orte den endlichen Schluß- erfolg der langgewunschten
Friedensverträge mit jhren tausend Augen angesehen/ als
wolte sie sich in die Welt schwingen/ und denselben in allen
Ländern lautmährig machen. Wandte sich damit/ und flohe
eilends wider davon/ in dem Waldgezelt/ wie vormals/ bla-
send und ruffend.

135.

Die schöne Friedensausruffung dieser Göttin hatte
des Kriegsmanns Gemühte gantz andere Gedanken gebo-
ren/ also/ daß er nach jhrem Abzug viel gedultiger/ und nicht
mehr so trotzmütig/ anfienge sich zu beklagen/ wie daß er zwar
gerne wolte die Waffen hinweglegen/ es wäre aber der Krieg
sein Acker/ und der Degen sein Pflug/ Sold und Beute seine
Nahrung. Er hätte nichts eigenes/ als sein Kleid/ das wäre
sein Haus/ die Erde sein Bette/ der Himmel sein Dach. Er
wüste sonst keine Kunst/ hätte auch keine gelernet/ damit er
sich hinbringen könde. Was jhme noch von Geld übrig
wäre/ das zehre er und sein Pferd in einer Nacht auf. In
fremden Kriegen scheine zwar etwas zu erwerben zu seyn/ es
stürbe sich aber auch leichtlich darinn/ und kämen wenig le-
bendig/ die meisten arm und lahm wider zu haus. Die Land-
leute hätten ein frey und frohes Leben/ und ein gutes Aus-
kommen/ in dasselbe wunschete er sich zu begeben. Warff

damit
134.

Alſo hoͤrete jener zu/ dieſer fragete/ und Echo ant-
wortete aus einem verbůſchten Abſatz der Hůtte; die ver-
kuͤndigte lauter erfreuliches/ berichtete auch zuletzt/ daß er
ſolches anderweit vernehmen wuͤrde von dem allgemeinen
Geruͤchte. Kaum hatte ſie dieſe letzte Wort aus- und nach-
* Georg im
Hof/ P. N.
geſprochen/ da eilete das Geruͤchte* oder die Fama aus dem
Waldgezelt geflügelt daher/ nach dem ſie zuvor darinnen in
jhre Trompeten geſtoſſen/ auch mit jhren tauſend Zungen
Frieden geruffen/ und berichtete mit eilſamer Rede/ wie daß
ſie nun uͤber dreyſſig Jahre her nichts als lauter blutige
Kriegszeitungen ausgepoſaunet. Nun ſie aber an dieſem
Orte den endlichen Schluß- erfolg der langgewůnſchten
Friedensvertraͤge mit jhren tauſend Augen angeſehen/ als
wolte ſie ſich in die Welt ſchwingen/ und denſelben in allen
Laͤndern lautmaͤhrig machen. Wandte ſich damit/ und flohe
eilends wider davon/ in dem Waldgezelt/ wie vormals/ bla-
ſend und ruffend.

135.

Die ſchoͤne Friedensausruffung dieſer Goͤttin hatte
des Kriegsmanns Gemuͤhte gantz andere Gedanken gebo-
ren/ alſo/ daß er nach jhrem Abzug viel gedultiger/ und nicht
mehr ſo trotzmuͤtig/ anfienge ſich zu beklagẽ/ wie daß er zwar
gerne wolte die Waffen hinweglegen/ es waͤre aber der Krieg
ſein Acker/ und der Degen ſein Pflug/ Sold und Beute ſeine
Nahrung. Er haͤtte nichts eigenes/ als ſein Kleid/ das waͤre
ſein Haus/ die Erde ſein Bette/ der Himmel ſein Dach. Er
wuͤſte ſonſt keine Kunſt/ haͤtte auch keine gelernet/ damit er
ſich hinbringen koͤnde. Was jhme noch von Geld uͤbrig
waͤre/ das zehre er und ſein Pferd in einer Nacht auf. In
fremden Kriegen ſcheine zwar etwas zu erwerben zu ſeyn/ es
ſtürbe ſich aber auch leichtlich darinn/ und kaͤmen wenig le-
bendig/ die meiſten arm und lahm wider zu haus. Die Land-
leute haͤtten ein frey und frohes Leben/ und ein gutes Aus-
kommen/ in daſſelbe wůnſchete er ſich zu begeben. Warff

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[132/0188] 134. Alſo hoͤrete jener zu/ dieſer fragete/ und Echo ant- wortete aus einem verbůſchten Abſatz der Hůtte; die ver- kuͤndigte lauter erfreuliches/ berichtete auch zuletzt/ daß er ſolches anderweit vernehmen wuͤrde von dem allgemeinen Geruͤchte. Kaum hatte ſie dieſe letzte Wort aus- und nach- geſprochen/ da eilete das Geruͤchte* oder die Fama aus dem Waldgezelt geflügelt daher/ nach dem ſie zuvor darinnen in jhre Trompeten geſtoſſen/ auch mit jhren tauſend Zungen Frieden geruffen/ und berichtete mit eilſamer Rede/ wie daß ſie nun uͤber dreyſſig Jahre her nichts als lauter blutige Kriegszeitungen ausgepoſaunet. Nun ſie aber an dieſem Orte den endlichen Schluß- erfolg der langgewůnſchten Friedensvertraͤge mit jhren tauſend Augen angeſehen/ als wolte ſie ſich in die Welt ſchwingen/ und denſelben in allen Laͤndern lautmaͤhrig machen. Wandte ſich damit/ und flohe eilends wider davon/ in dem Waldgezelt/ wie vormals/ bla- ſend und ruffend. * Georg im Hof/ P. N. 135. Die ſchoͤne Friedensausruffung dieſer Goͤttin hatte des Kriegsmanns Gemuͤhte gantz andere Gedanken gebo- ren/ alſo/ daß er nach jhrem Abzug viel gedultiger/ und nicht mehr ſo trotzmuͤtig/ anfienge ſich zu beklagẽ/ wie daß er zwar gerne wolte die Waffen hinweglegen/ es waͤre aber der Krieg ſein Acker/ und der Degen ſein Pflug/ Sold und Beute ſeine Nahrung. Er haͤtte nichts eigenes/ als ſein Kleid/ das waͤre ſein Haus/ die Erde ſein Bette/ der Himmel ſein Dach. Er wuͤſte ſonſt keine Kunſt/ haͤtte auch keine gelernet/ damit er ſich hinbringen koͤnde. Was jhme noch von Geld uͤbrig waͤre/ das zehre er und ſein Pferd in einer Nacht auf. In fremden Kriegen ſcheine zwar etwas zu erwerben zu ſeyn/ es ſtürbe ſich aber auch leichtlich darinn/ und kaͤmen wenig le- bendig/ die meiſten arm und lahm wider zu haus. Die Land- leute haͤtten ein frey und frohes Leben/ und ein gutes Aus- kommen/ in daſſelbe wůnſchete er ſich zu begeben. Warff damit

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/188>, abgerufen am 25.11.2024.