Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Schwierigkeiten einer Zolleinigung mit Oestreich. Verdächtigungen. in Templin bei Potsdam Obstbäume zu pfropfen 1). Dieses scherzendeGespräch war von Platen nach Hanover berichtet worden und dort zur Kenntniß des General-Steuerdirectors Klentze gekommen, der mit Manteuffel über Zollsachen verhandelte und in mir den Junker im Sinne der liberalen Bürokraten haßte. Er hatte nichts Eiligeres zu thun, als entstellte Angaben aus Platen's Bericht an Manteuffel mitzutheilen in dem Sinne, als ob ich an dessen Sturze arbeitete. Bei meiner Rückkehr von Wien nach Berlin (8. Juli) hatte ich an Aeußerlichem die Wirkung dieser Einbläserei wahrzunehmen. Sie bestand in einer Abkühlung meiner Beziehungen zu meinem Chef, und ich wurde nicht mehr wie bis dahin gebeten, bei ihm zu wohnen, wenn ich nach Berlin kam. Verdacht wurden mir dabei auch meine freundschaftlichen Beziehungen zu dem General von Gerlach. Die Genesung des Grafen Arnim gestattete mir, meinem Aus spätrer Zeit sind mir Unterredungen erinnerlich, welche ich 1) Vgl. den Brief Bismarck's an Manteuffel vom 23. Juli 1852 in
Preußen im Bundestage IV 99 ff. Schwierigkeiten einer Zolleinigung mit Oeſtreich. Verdächtigungen. in Templin bei Potsdam Obſtbäume zu pfropfen 1). Dieſes ſcherzendeGeſpräch war von Platen nach Hanover berichtet worden und dort zur Kenntniß des General-Steuerdirectors Klentze gekommen, der mit Manteuffel über Zollſachen verhandelte und in mir den Junker im Sinne der liberalen Bürokraten haßte. Er hatte nichts Eiligeres zu thun, als entſtellte Angaben aus Platen's Bericht an Manteuffel mitzutheilen in dem Sinne, als ob ich an deſſen Sturze arbeitete. Bei meiner Rückkehr von Wien nach Berlin (8. Juli) hatte ich an Aeußerlichem die Wirkung dieſer Einbläſerei wahrzunehmen. Sie beſtand in einer Abkühlung meiner Beziehungen zu meinem Chef, und ich wurde nicht mehr wie bis dahin gebeten, bei ihm zu wohnen, wenn ich nach Berlin kam. Verdacht wurden mir dabei auch meine freundſchaftlichen Beziehungen zu dem General von Gerlach. Die Geneſung des Grafen Arnim geſtattete mir, meinem Aus ſpätrer Zeit ſind mir Unterredungen erinnerlich, welche ich 1) Vgl. den Brief Bismarck's an Manteuffel vom 23. Juli 1852 in
Preußen im Bundestage IV 99 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0114" n="87"/><fw place="top" type="header">Schwierigkeiten einer Zolleinigung mit Oeſtreich. Verdächtigungen.<lb/></fw> in Templin bei Potsdam Obſtbäume zu pfropfen <note place="foot" n="1)"><lb/> Vgl. den Brief Bismarck's an Manteuffel vom 23. Juli 1852 in<lb/> Preußen im Bundestage <hi rendition="#aq">IV</hi> 99 ff.</note>. Dieſes ſcherzende<lb/> Geſpräch war von Platen nach Hanover berichtet worden und dort<lb/> zur Kenntniß des General-Steuerdirectors Klentze gekommen, der mit<lb/> Manteuffel über Zollſachen verhandelte und in mir den Junker im<lb/> Sinne der liberalen Bürokraten haßte. Er hatte nichts Eiligeres<lb/> zu thun, als entſtellte Angaben aus Platen's Bericht an Manteuffel<lb/> mitzutheilen in dem Sinne, als ob ich an deſſen Sturze arbeitete.<lb/> Bei meiner Rückkehr von Wien nach Berlin (8. Juli) hatte ich an<lb/> Aeußerlichem die Wirkung dieſer Einbläſerei wahrzunehmen. Sie<lb/> beſtand in einer Abkühlung meiner Beziehungen zu meinem Chef,<lb/> und ich wurde nicht mehr wie bis dahin gebeten, bei ihm zu<lb/> wohnen, wenn ich nach Berlin kam. Verdacht wurden mir dabei<lb/> auch meine freundſchaftlichen Beziehungen zu dem General von<lb/> Gerlach.</p><lb/> <p>Die Geneſung des Grafen Arnim geſtattete mir, meinem<lb/> Wiener Aufenthalte ein Ende zu machen, und vereitelte einſtweilen<lb/> die Abſicht des Königs, mich zum Nachfolger Arnim's zu ernennen.<lb/> Aber auch wenn dieſe Geneſung nicht eingetreten wäre, würde ich<lb/> den dortigen Poſten nicht gern übernommen haben, weil ich ſchon<lb/> damals das Gefühl hatte, durch mein Auftreten in Frankfurt<lb/><hi rendition="#aq">persona ingrata</hi> in Wien geworden zu ſein. Ich hatte die Be¬<lb/> fürchtung, daß man dort fortfahren würde, mich als gegneriſches<lb/> Element zu behandeln, mir den Dienſt zu erſchweren und mich am<lb/> Berliner Hofe zu discreditiren, was durch Hofcorreſpondenz, wenn<lb/> ich in Wien fungirte, noch leichter geweſen wäre als über Frankfurt.</p><lb/> <p>Aus ſpätrer Zeit ſind mir Unterredungen erinnerlich, welche ich<lb/> auf langen Eiſenbahnfahrten unter vier Augen mit dem Könige über<lb/> Wien hatte. Ich nahm dann die Stellung, zu ſagen „Wenn Eure<lb/> Majeſtät befehlen, ſo gehe ich dahin, aber freiwillig nicht, ich habe<lb/> mir die Abneigung des öſtreichiſchen Hofes in Frankfurt im Dienſte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [87/0114]
Schwierigkeiten einer Zolleinigung mit Oeſtreich. Verdächtigungen.
in Templin bei Potsdam Obſtbäume zu pfropfen 1). Dieſes ſcherzende
Geſpräch war von Platen nach Hanover berichtet worden und dort
zur Kenntniß des General-Steuerdirectors Klentze gekommen, der mit
Manteuffel über Zollſachen verhandelte und in mir den Junker im
Sinne der liberalen Bürokraten haßte. Er hatte nichts Eiligeres
zu thun, als entſtellte Angaben aus Platen's Bericht an Manteuffel
mitzutheilen in dem Sinne, als ob ich an deſſen Sturze arbeitete.
Bei meiner Rückkehr von Wien nach Berlin (8. Juli) hatte ich an
Aeußerlichem die Wirkung dieſer Einbläſerei wahrzunehmen. Sie
beſtand in einer Abkühlung meiner Beziehungen zu meinem Chef,
und ich wurde nicht mehr wie bis dahin gebeten, bei ihm zu
wohnen, wenn ich nach Berlin kam. Verdacht wurden mir dabei
auch meine freundſchaftlichen Beziehungen zu dem General von
Gerlach.
Die Geneſung des Grafen Arnim geſtattete mir, meinem
Wiener Aufenthalte ein Ende zu machen, und vereitelte einſtweilen
die Abſicht des Königs, mich zum Nachfolger Arnim's zu ernennen.
Aber auch wenn dieſe Geneſung nicht eingetreten wäre, würde ich
den dortigen Poſten nicht gern übernommen haben, weil ich ſchon
damals das Gefühl hatte, durch mein Auftreten in Frankfurt
persona ingrata in Wien geworden zu ſein. Ich hatte die Be¬
fürchtung, daß man dort fortfahren würde, mich als gegneriſches
Element zu behandeln, mir den Dienſt zu erſchweren und mich am
Berliner Hofe zu discreditiren, was durch Hofcorreſpondenz, wenn
ich in Wien fungirte, noch leichter geweſen wäre als über Frankfurt.
Aus ſpätrer Zeit ſind mir Unterredungen erinnerlich, welche ich
auf langen Eiſenbahnfahrten unter vier Augen mit dem Könige über
Wien hatte. Ich nahm dann die Stellung, zu ſagen „Wenn Eure
Majeſtät befehlen, ſo gehe ich dahin, aber freiwillig nicht, ich habe
mir die Abneigung des öſtreichiſchen Hofes in Frankfurt im Dienſte
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Vgl. den Brief Bismarck's an Manteuffel vom 23. Juli 1852 in
Preußen im Bundestage IV 99 ff.
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