Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Verlassenheit Georgs V. Ein preuß. Consul als östr. Agent. befreundeten Minister von Schele erwähnte, gab dieser lachend seinErstaunen zu erkennen: "Er hätte den Mann nach seiner Thätigkeit für einen östreichischen Agenten gehalten." Ich telegraphirte chiffrirt an den Minister von Manteuffel und rieth, das Gepäck des Spiegel¬ thal, der in den nächsten Tagen nach Berlin zurückreisen wollte, bei der Zollrevision an der Grenze untersuchen und seine Papiere in Beschlag nehmen zu lassen. Meine Erwartung, in den folgenden Tagen davon zu lesen oder zu hören, erfüllte sich nicht. Während ich die letzten Octobertage in Berlin und Potsdam zubrachte, erzählte der General von Gerlach mir u. A.: "Manteuffel habe zuweilen ganz sonderbare Einfälle; so habe er vor Kurzem verlangt, daß der Consul Spiegelthal zur königlichen Tafel gezogen werde, und unter Stellung der Cabinetsfrage sein Verlangen durchgesetzt." Verlaſſenheit Georgs V. Ein preuß. Conſul als öſtr. Agent. befreundeten Miniſter von Schele erwähnte, gab dieſer lachend ſeinErſtaunen zu erkennen: „Er hätte den Mann nach ſeiner Thätigkeit für einen öſtreichiſchen Agenten gehalten.“ Ich telegraphirte chiffrirt an den Miniſter von Manteuffel und rieth, das Gepäck des Spiegel¬ thal, der in den nächſten Tagen nach Berlin zurückreiſen wollte, bei der Zollreviſion an der Grenze unterſuchen und ſeine Papiere in Beſchlag nehmen zu laſſen. Meine Erwartung, in den folgenden Tagen davon zu leſen oder zu hören, erfüllte ſich nicht. Während ich die letzten Octobertage in Berlin und Potsdam zubrachte, erzählte der General von Gerlach mir u. A.: „Manteuffel habe zuweilen ganz ſonderbare Einfälle; ſo habe er vor Kurzem verlangt, daß der Conſul Spiegelthal zur königlichen Tafel gezogen werde, und unter Stellung der Cabinetsfrage ſein Verlangen durchgeſetzt.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0118" n="91"/><fw place="top" type="header">Verlaſſenheit Georgs <hi rendition="#aq">V</hi>. Ein preuß. Conſul als öſtr. Agent.<lb/></fw> befreundeten Miniſter von Schele erwähnte, gab dieſer lachend ſein<lb/> Erſtaunen zu erkennen: „Er hätte den Mann nach ſeiner Thätigkeit<lb/> für einen öſtreichiſchen Agenten gehalten.“ Ich telegraphirte chiffrirt<lb/> an den Miniſter von Manteuffel und rieth, das Gepäck des Spiegel¬<lb/> thal, der in den nächſten Tagen nach Berlin zurückreiſen wollte,<lb/> bei der Zollreviſion an der Grenze unterſuchen und ſeine Papiere<lb/> in Beſchlag nehmen zu laſſen. Meine Erwartung, in den folgenden<lb/> Tagen davon zu leſen oder zu hören, erfüllte ſich nicht. Während<lb/> ich die letzten Octobertage in Berlin und Potsdam zubrachte, erzählte<lb/> der General von Gerlach mir u. A.: „Manteuffel habe zuweilen<lb/> ganz ſonderbare Einfälle; ſo habe er vor Kurzem verlangt, daß der<lb/> Conſul Spiegelthal zur königlichen Tafel gezogen werde, und unter<lb/> Stellung der Cabinetsfrage ſein Verlangen durchgeſetzt.“</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [91/0118]
Verlaſſenheit Georgs V. Ein preuß. Conſul als öſtr. Agent.
befreundeten Miniſter von Schele erwähnte, gab dieſer lachend ſein
Erſtaunen zu erkennen: „Er hätte den Mann nach ſeiner Thätigkeit
für einen öſtreichiſchen Agenten gehalten.“ Ich telegraphirte chiffrirt
an den Miniſter von Manteuffel und rieth, das Gepäck des Spiegel¬
thal, der in den nächſten Tagen nach Berlin zurückreiſen wollte,
bei der Zollreviſion an der Grenze unterſuchen und ſeine Papiere
in Beſchlag nehmen zu laſſen. Meine Erwartung, in den folgenden
Tagen davon zu leſen oder zu hören, erfüllte ſich nicht. Während
ich die letzten Octobertage in Berlin und Potsdam zubrachte, erzählte
der General von Gerlach mir u. A.: „Manteuffel habe zuweilen
ganz ſonderbare Einfälle; ſo habe er vor Kurzem verlangt, daß der
Conſul Spiegelthal zur königlichen Tafel gezogen werde, und unter
Stellung der Cabinetsfrage ſein Verlangen durchgeſetzt.“
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