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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

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Streit über Rhino Quehl.
treten, als sich von ihm trennen zu wollen, sprach seinen Haß
gegen die Kreuzzeitung unverholen aus und machte auch einige
bedenkliche Aeußerungen über den Gang des Ministeriums des
Innern und über einige uns gleichwerthige Persönlichkeiten.

Sans-Souci, 21. Juli 1852.

Soeben erhalte ich Ihren Brief Ofen-Frankfurt vom 25. Juni
und 19. Juli1), dessen Anfang so interessant ist wie das Ende. Aber
von mir verlangen Sie das Unmögliche. Ich soll Ihnen die
hiesige Lage der Dinge erklären, die so verwickelt und durcheinander
ist, daß man sie an Ort und Stelle nicht versteht. Wagener's
Auftreten gegen Manteuffel ist nicht zu rechtfertigen, wenn er sich
nicht ganz von der Partei isoliren will. Ein Blatt, wie die Kreuz¬
zeitung, darf nur dann gegen einen Premierminister auftreten,
wenn die ganze Partei in die Opposition geworfen ist, wie das
bei Radowitz der Fall war. ... Ein solches bellum omnium contra
omnes
kann nicht bleiben. Wagener wird nolens volens müssen
mit dem Preußischen Wochenblatt Chorus machen, was ein großes
Uebel ist; Hinckeldey und der kleine Manteuffel, sonst entschiedene
Feinde, alliiren sich über die Kreuzzeitung, wie Herodes und Pilatus.
Das Traurigste ist mir der Minister Manteuffel, der kaum zu
halten ist und doch gehalten werden muß, denn seine präsumtiven
Nachfolger sind schrecklich. Alles schreit, er soll Quehl entlassen.
Ich glaube, damit wird wenig gewonnen sein, Quehl's etwaiger
Nachfolger Fr. 2)ist vielleicht noch schlimmer. Wenn Manteuffel sich
nicht zu Allianzen mit honetten Leuten entschließt, ist ihm nicht
zu helfen3). ...

Sans-Souci, 8. October 1852.

... Ich habe Manteuffel's sonderbares Benehmen mit seinen
Creaturen, ich habe die Anstellung von Radowitz benutzt, um offen

1) Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach, S. 32 ff.
2) Constantin Frantz.
3) Vgl. Briefwechsel etc., S. 37 f. (mit falschem Datum und entstellenden
Lesefehlern).

Streit über Rhino Quehl.
treten, als ſich von ihm trennen zu wollen, ſprach ſeinen Haß
gegen die Kreuzzeitung unverholen aus und machte auch einige
bedenkliche Aeußerungen über den Gang des Miniſteriums des
Innern und über einige uns gleichwerthige Perſönlichkeiten.

Sans-Souci, 21. Juli 1852.

Soeben erhalte ich Ihren Brief Ofen-Frankfurt vom 25. Juni
und 19. Juli1), deſſen Anfang ſo intereſſant iſt wie das Ende. Aber
von mir verlangen Sie das Unmögliche. Ich ſoll Ihnen die
hieſige Lage der Dinge erklären, die ſo verwickelt und durcheinander
iſt, daß man ſie an Ort und Stelle nicht verſteht. Wagener's
Auftreten gegen Manteuffel iſt nicht zu rechtfertigen, wenn er ſich
nicht ganz von der Partei iſoliren will. Ein Blatt, wie die Kreuz¬
zeitung, darf nur dann gegen einen Premierminiſter auftreten,
wenn die ganze Partei in die Oppoſition geworfen iſt, wie das
bei Radowitz der Fall war. ... Ein ſolches bellum omnium contra
omnes
kann nicht bleiben. Wagener wird nolens volens müſſen
mit dem Preußiſchen Wochenblatt Chorus machen, was ein großes
Uebel iſt; Hinckeldey und der kleine Manteuffel, ſonſt entſchiedene
Feinde, alliiren ſich über die Kreuzzeitung, wie Herodes und Pilatus.
Das Traurigſte iſt mir der Miniſter Manteuffel, der kaum zu
halten iſt und doch gehalten werden muß, denn ſeine präſumtiven
Nachfolger ſind ſchrecklich. Alles ſchreit, er ſoll Quehl entlaſſen.
Ich glaube, damit wird wenig gewonnen ſein, Quehl's etwaiger
Nachfolger Fr. 2)iſt vielleicht noch ſchlimmer. Wenn Manteuffel ſich
nicht zu Allianzen mit honetten Leuten entſchließt, iſt ihm nicht
zu helfen3). ...

Sans-Souci, 8. October 1852.

... Ich habe Manteuffel's ſonderbares Benehmen mit ſeinen
Creaturen, ich habe die Anſtellung von Radowitz benutzt, um offen

1) Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach, S. 32 ff.
2) Conſtantin Frantz.
3) Vgl. Briefwechſel ꝛc., S. 37 f. (mit falſchem Datum und entſtellenden
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[133/0160] Streit über Rhino Quehl. treten, als ſich von ihm trennen zu wollen, ſprach ſeinen Haß gegen die Kreuzzeitung unverholen aus und machte auch einige bedenkliche Aeußerungen über den Gang des Miniſteriums des Innern und über einige uns gleichwerthige Perſönlichkeiten. Sans-Souci, 21. Juli 1852. Soeben erhalte ich Ihren Brief Ofen-Frankfurt vom 25. Juni und 19. Juli 1), deſſen Anfang ſo intereſſant iſt wie das Ende. Aber von mir verlangen Sie das Unmögliche. Ich ſoll Ihnen die hieſige Lage der Dinge erklären, die ſo verwickelt und durcheinander iſt, daß man ſie an Ort und Stelle nicht verſteht. Wagener's Auftreten gegen Manteuffel iſt nicht zu rechtfertigen, wenn er ſich nicht ganz von der Partei iſoliren will. Ein Blatt, wie die Kreuz¬ zeitung, darf nur dann gegen einen Premierminiſter auftreten, wenn die ganze Partei in die Oppoſition geworfen iſt, wie das bei Radowitz der Fall war. ... Ein ſolches bellum omnium contra omnes kann nicht bleiben. Wagener wird nolens volens müſſen mit dem Preußiſchen Wochenblatt Chorus machen, was ein großes Uebel iſt; Hinckeldey und der kleine Manteuffel, ſonſt entſchiedene Feinde, alliiren ſich über die Kreuzzeitung, wie Herodes und Pilatus. Das Traurigſte iſt mir der Miniſter Manteuffel, der kaum zu halten iſt und doch gehalten werden muß, denn ſeine präſumtiven Nachfolger ſind ſchrecklich. Alles ſchreit, er ſoll Quehl entlaſſen. Ich glaube, damit wird wenig gewonnen ſein, Quehl's etwaiger Nachfolger Fr. 2)iſt vielleicht noch ſchlimmer. Wenn Manteuffel ſich nicht zu Allianzen mit honetten Leuten entſchließt, iſt ihm nicht zu helfen 3). ... Sans-Souci, 8. October 1852. ... Ich habe Manteuffel's ſonderbares Benehmen mit ſeinen Creaturen, ich habe die Anſtellung von Radowitz benutzt, um offen 1) Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach, S. 32 ff. 2) Conſtantin Frantz. 3) Vgl. Briefwechſel ꝛc., S. 37 f. (mit falſchem Datum und entſtellenden Leſefehlern).

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/160>, abgerufen am 26.11.2024.