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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

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Siebentes Kapitel: Unterwegs zwischen Frankfurt und Berlin.
gelandet seien. "Freut mich," erwiderte er, "da sind wir sehr
stark." Es wurde russische Strömung. Ich glaubte, politisch meine
Schuldigkeit gethan zu haben, hatte schlechte Nachrichten von meiner
Frau und bat um die Erlaubniß abzureisen. Sie wurde mir
indirect dadurch verweigert, daß ich auf das Gefolge übertragen
wurde, ein hoher Gunstbeweis. Gerlach warnte mich, ihn nicht
zu überschätzen. "Bilden Sie sich nur nicht ein," sagte er, "daß
Sie politisch geschickter gewesen sind als wir. Sie sind augen¬
blicklich in Gunst, und der König schenkt Ihnen diese Depesche,
wie er einer Dame ein Bouquet schenken würde."

Wie wahr das war, erfuhr ich sofort, aber in vollem Um¬
fange erst später nach und nach. Als ich darauf bestand, abzureisen,
und in der That am 1. September abreiste, erfolgte eine ernste
Ungnade des Königs; mir wäre meine Häuslichkeit doch mehr werth
als das ganze Reich, hatte er zu Gerlach gesagt. Aber wie tief
die Verstimmung gegangen war, wurde mir erst während und
nach meiner Pariser Reise klar. Mein beifällig aufgenommener
Depeschen-Entwurf wurde telegraphisch angehalten und dann ge¬
ändert.


Siebentes Kapitel: Unterwegs zwiſchen Frankfurt und Berlin.
gelandet ſeien. „Freut mich,“ erwiderte er, „da ſind wir ſehr
ſtark.“ Es wurde ruſſiſche Strömung. Ich glaubte, politiſch meine
Schuldigkeit gethan zu haben, hatte ſchlechte Nachrichten von meiner
Frau und bat um die Erlaubniß abzureiſen. Sie wurde mir
indirect dadurch verweigert, daß ich auf das Gefolge übertragen
wurde, ein hoher Gunſtbeweis. Gerlach warnte mich, ihn nicht
zu überſchätzen. „Bilden Sie ſich nur nicht ein,“ ſagte er, „daß
Sie politiſch geſchickter geweſen ſind als wir. Sie ſind augen¬
blicklich in Gunſt, und der König ſchenkt Ihnen dieſe Depeſche,
wie er einer Dame ein Bouquet ſchenken würde.“

Wie wahr das war, erfuhr ich ſofort, aber in vollem Um¬
fange erſt ſpäter nach und nach. Als ich darauf beſtand, abzureiſen,
und in der That am 1. September abreiſte, erfolgte eine ernſte
Ungnade des Königs; mir wäre meine Häuslichkeit doch mehr werth
als das ganze Reich, hatte er zu Gerlach geſagt. Aber wie tief
die Verſtimmung gegangen war, wurde mir erſt während und
nach meiner Pariſer Reiſe klar. Mein beifällig aufgenommener
Depeſchen-Entwurf wurde telegraphiſch angehalten und dann ge¬
ändert.


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[148/0175] Siebentes Kapitel: Unterwegs zwiſchen Frankfurt und Berlin. gelandet ſeien. „Freut mich,“ erwiderte er, „da ſind wir ſehr ſtark.“ Es wurde ruſſiſche Strömung. Ich glaubte, politiſch meine Schuldigkeit gethan zu haben, hatte ſchlechte Nachrichten von meiner Frau und bat um die Erlaubniß abzureiſen. Sie wurde mir indirect dadurch verweigert, daß ich auf das Gefolge übertragen wurde, ein hoher Gunſtbeweis. Gerlach warnte mich, ihn nicht zu überſchätzen. „Bilden Sie ſich nur nicht ein,“ ſagte er, „daß Sie politiſch geſchickter geweſen ſind als wir. Sie ſind augen¬ blicklich in Gunſt, und der König ſchenkt Ihnen dieſe Depeſche, wie er einer Dame ein Bouquet ſchenken würde.“ Wie wahr das war, erfuhr ich ſofort, aber in vollem Um¬ fange erſt ſpäter nach und nach. Als ich darauf beſtand, abzureiſen, und in der That am 1. September abreiſte, erfolgte eine ernſte Ungnade des Königs; mir wäre meine Häuslichkeit doch mehr werth als das ganze Reich, hatte er zu Gerlach geſagt. Aber wie tief die Verſtimmung gegangen war, wurde mir erſt während und nach meiner Pariſer Reiſe klar. Mein beifällig aufgenommener Depeſchen-Entwurf wurde telegraphiſch angehalten und dann ge¬ ändert.

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/175>, abgerufen am 25.11.2024.