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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

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Stellvertretung des Prinzen v. Preußen. Seine Regentschaft.
zu zerschneiden. Der Prinz ging darauf ein. Nach Frankfurt
zurückgekehrt, erhielt ich folgenden Brief Manteuffels:

"Berlin, den 20. Juli 1858.

Ew. Hochwohlgeboren benachrichtige ich ergebenst, daß es
meine Absicht ist, nächsten Donnerstag, den 22. ds. M., Morgens
früh 7 Uhr von hier nach Frankfurt zu gehen und am folgenden
Morgen so zeitig als möglich nach Baden-Baden mich zu begeben.
Es würde mir angenehm sein, wenn es Ew. Hochwohlgeboren con¬
venirte, mich zu begleiten. Wahrscheinlich werden mich meine Frau
und mein Sohn begleiten, welche zur Zeit noch auf dem Lande
sind, aber morgen hier ankommen.

Ich wünsche nicht, daß in Frankfurt von meiner Durchreise
vorher gesprochen werde, wollte mir aber doch erlauben, Ew. Hoch¬
wohlgeboren durch diese Zeilen ein kleines Aviso zu geben."

Der weitre Verlauf der Stellvertretungsfrage erhellt aus fol¬
gendem Briefe Manteuffels:

"Berlin, den 12. October 1858.

Unsre große Haupt- und Staatsaction ist inmittelst wenigstens
im ersten Akt erledigt. Die Sache hat mir viel Sorge, Unan¬
nehmlichkeit und unverdienten Verdruß gemacht. Noch gestern
habe ich darüber von Gerlach einen ganz empfindlichen Brief er¬
halten. Er glaubt, daß damit die Souveränetät halb zum Fenster
hinausgeworfen sei. Ich kann das beim besten Willen nicht er¬
kennen, meine Vorstellung von der Sache ist folgende:

Wir haben einen dispositionsfähigen, aber regierungsunfähigen
König; derselbe sagt sich selbst und muß sich sagen, daß er seit
länger als Jahresfrist nicht hat regieren können, daß die Aerzte
und er selbst anerkennen müssen, der Zeitpunkt, wo er wieder selbst
werde regieren können, lasse sich auch entfernt nicht angeben, daß
eine unnatürliche Verlängerung der bisherigen Vollmachtsertheilung
nicht am Orte und dem Staate eine sich selbst allein verantwort¬

Stellvertretung des Prinzen v. Preußen. Seine Regentſchaft.
zu zerſchneiden. Der Prinz ging darauf ein. Nach Frankfurt
zurückgekehrt, erhielt ich folgenden Brief Manteuffels:

„Berlin, den 20. Juli 1858.

Ew. Hochwohlgeboren benachrichtige ich ergebenſt, daß es
meine Abſicht iſt, nächſten Donnerſtag, den 22. ds. M., Morgens
früh 7 Uhr von hier nach Frankfurt zu gehen und am folgenden
Morgen ſo zeitig als möglich nach Baden-Baden mich zu begeben.
Es würde mir angenehm ſein, wenn es Ew. Hochwohlgeboren con¬
venirte, mich zu begleiten. Wahrſcheinlich werden mich meine Frau
und mein Sohn begleiten, welche zur Zeit noch auf dem Lande
ſind, aber morgen hier ankommen.

Ich wünſche nicht, daß in Frankfurt von meiner Durchreiſe
vorher geſprochen werde, wollte mir aber doch erlauben, Ew. Hoch¬
wohlgeboren durch dieſe Zeilen ein kleines Aviſo zu geben.“

Der weitre Verlauf der Stellvertretungsfrage erhellt aus fol¬
gendem Briefe Manteuffels:

„Berlin, den 12. October 1858.

Unſre große Haupt- und Staatsaction iſt inmittelſt wenigſtens
im erſten Akt erledigt. Die Sache hat mir viel Sorge, Unan¬
nehmlichkeit und unverdienten Verdruß gemacht. Noch geſtern
habe ich darüber von Gerlach einen ganz empfindlichen Brief er¬
halten. Er glaubt, daß damit die Souveränetät halb zum Fenſter
hinausgeworfen ſei. Ich kann das beim beſten Willen nicht er¬
kennen, meine Vorſtellung von der Sache iſt folgende:

Wir haben einen diſpoſitionsfähigen, aber regierungsunfähigen
König; derſelbe ſagt ſich ſelbſt und muß ſich ſagen, daß er ſeit
länger als Jahresfriſt nicht hat regieren können, daß die Aerzte
und er ſelbſt anerkennen müſſen, der Zeitpunkt, wo er wieder ſelbſt
werde regieren können, laſſe ſich auch entfernt nicht angeben, daß
eine unnatürliche Verlängerung der bisherigen Vollmachtsertheilung
nicht am Orte und dem Staate eine ſich ſelbſt allein verantwort¬

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[199/0226] Stellvertretung des Prinzen v. Preußen. Seine Regentſchaft. zu zerſchneiden. Der Prinz ging darauf ein. Nach Frankfurt zurückgekehrt, erhielt ich folgenden Brief Manteuffels: „Berlin, den 20. Juli 1858. Ew. Hochwohlgeboren benachrichtige ich ergebenſt, daß es meine Abſicht iſt, nächſten Donnerſtag, den 22. ds. M., Morgens früh 7 Uhr von hier nach Frankfurt zu gehen und am folgenden Morgen ſo zeitig als möglich nach Baden-Baden mich zu begeben. Es würde mir angenehm ſein, wenn es Ew. Hochwohlgeboren con¬ venirte, mich zu begleiten. Wahrſcheinlich werden mich meine Frau und mein Sohn begleiten, welche zur Zeit noch auf dem Lande ſind, aber morgen hier ankommen. Ich wünſche nicht, daß in Frankfurt von meiner Durchreiſe vorher geſprochen werde, wollte mir aber doch erlauben, Ew. Hoch¬ wohlgeboren durch dieſe Zeilen ein kleines Aviſo zu geben.“ Der weitre Verlauf der Stellvertretungsfrage erhellt aus fol¬ gendem Briefe Manteuffels: „Berlin, den 12. October 1858. Unſre große Haupt- und Staatsaction iſt inmittelſt wenigſtens im erſten Akt erledigt. Die Sache hat mir viel Sorge, Unan¬ nehmlichkeit und unverdienten Verdruß gemacht. Noch geſtern habe ich darüber von Gerlach einen ganz empfindlichen Brief er¬ halten. Er glaubt, daß damit die Souveränetät halb zum Fenſter hinausgeworfen ſei. Ich kann das beim beſten Willen nicht er¬ kennen, meine Vorſtellung von der Sache iſt folgende: Wir haben einen diſpoſitionsfähigen, aber regierungsunfähigen König; derſelbe ſagt ſich ſelbſt und muß ſich ſagen, daß er ſeit länger als Jahresfriſt nicht hat regieren können, daß die Aerzte und er ſelbſt anerkennen müſſen, der Zeitpunkt, wo er wieder ſelbſt werde regieren können, laſſe ſich auch entfernt nicht angeben, daß eine unnatürliche Verlängerung der bisherigen Vollmachtsertheilung nicht am Orte und dem Staate eine ſich ſelbſt allein verantwort¬

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/226>, abgerufen am 21.11.2024.