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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.

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Verhandlungen mit dem Erbprinzen von Augustenburg.

Am 16. Januar 1864 schrieb mir Seine Majestät1):

"Mein Sohn kam heute Abend noch zu mir, um mir die
Bitte des Erbprinzen von Augustenburg vorzutragen, aus den Händen
des Herrn Samwer ein Schreiben desselben entgegenzunehmen, und
ob ich nicht dieserhalb seine Soiree besuchen wolle, wo ich ganz
unbemerkt den pp. S. in einem abgelegenen Zimmer finden könne.
Ich lehnte dies ab, bis ich den Brief des Prinzen gelesen haben
würde, weshalb ich meinem Sohn aufgab, mir denselben zuzu¬
senden. Dies ist geschehen und lege ich den Brief hier bei2). Er
enthält nichts Verfängliches außer am Schluß, wo er mich fragt,
ob ich dem pp. S. nicht einige Hoffnung geben könne? Vielleicht
könnten Sie mir eine Antwort morgen noch fertigen lassen, die ich
dem pp. S. mitgeben kann3). Wenn ich ihn incognito bei meinem
Sohne doch noch sehen wollte, so könnte ich ihm keine andere Hoff¬
nung geben, als die, welche in der Punctation4) angedeutet sind,
d. h., daß man nach dem Siege sehen würde, welche neue Basen
für die Zukunft aufzustellen wären, und den Ausspruch in F. a/M.
über die Succession abzuwarten. W."

Und am 18. Januar5):

"Ich berichte Ihnen, daß ich mich doch entschloß, den Samwer
bei meinem Sohn zu sehen ungefähr 6-10 Minuten in dessen
Gegenwart6). Ich sprach ihm ganz im Sinne der projectirten Ant¬
wort7), aber noch etwas kühler und sehr ernst. Vor Allem sagte

1) Bismarck-Jahrbuch V 254 f.
2) Veröffentlicht in Jansen-Samwer, Schleswig-Holsteins Befreiung
S. 695 Beil. 11.
3) S. dieses von Bismarck verfaßte Schreiben des Königs vom
18. Januar bei Jansen-Samwer S. 601 f. Beil. 13.
4) Am 16. Januar von Rechberg und Werther unterzeichnet.
5) Bismarck-Jahrbuch V 255.
6) Ueber den Verlauf der Unterredung berichtet die Aufzeichnung Samwer's
a. a. O. 696 ff. Beil. 12.
7) Des Schreibens vom 18., das im Entwurfe dem Könige am 17. vor¬
gelegt wurden ist.
Verhandlungen mit dem Erbprinzen von Auguſtenburg.

Am 16. Januar 1864 ſchrieb mir Seine Majeſtät1):

„Mein Sohn kam heute Abend noch zu mir, um mir die
Bitte des Erbprinzen von Auguſtenburg vorzutragen, aus den Händen
des Herrn Samwer ein Schreiben deſſelben entgegenzunehmen, und
ob ich nicht dieſerhalb ſeine Soirée beſuchen wolle, wo ich ganz
unbemerkt den pp. S. in einem abgelegenen Zimmer finden könne.
Ich lehnte dies ab, bis ich den Brief des Prinzen geleſen haben
würde, weshalb ich meinem Sohn aufgab, mir denſelben zuzu¬
ſenden. Dies iſt geſchehen und lege ich den Brief hier bei2). Er
enthält nichts Verfängliches außer am Schluß, wo er mich fragt,
ob ich dem pp. S. nicht einige Hoffnung geben könne? Vielleicht
könnten Sie mir eine Antwort morgen noch fertigen laſſen, die ich
dem pp. S. mitgeben kann3). Wenn ich ihn incognito bei meinem
Sohne doch noch ſehen wollte, ſo könnte ich ihm keine andere Hoff¬
nung geben, als die, welche in der Punctation4) angedeutet ſind,
d. h., daß man nach dem Siege ſehen würde, welche neue Basen
für die Zukunft aufzuſtellen wären, und den Ausſpruch in F. a/M.
über die Succession abzuwarten. W.“

Und am 18. Januar5):

„Ich berichte Ihnen, daß ich mich doch entſchloß, den Samwer
bei meinem Sohn zu ſehen ungefähr 6–10 Minuten in deſſen
Gegenwart6). Ich ſprach ihm ganz im Sinne der projectirten Ant¬
wort7), aber noch etwas kühler und ſehr ernſt. Vor Allem ſagte

1) Bismarck-Jahrbuch V 254 f.
2) Veröffentlicht in Janſen-Samwer, Schleswig-Holſteins Befreiung
S. 695 Beil. 11.
3) S. dieſes von Bismarck verfaßte Schreiben des Königs vom
18. Januar bei Janſen-Samwer S. 601 f. Beil. 13.
4) Am 16. Januar von Rechberg und Werther unterzeichnet.
5) Bismarck-Jahrbuch V 255.
6) Ueber den Verlauf der Unterredung berichtet die Aufzeichnung Samwer's
a. a. O. 696 ff. Beil. 12.
7) Des Schreibens vom 18., das im Entwurfe dem Könige am 17. vor¬
gelegt wurden iſt.
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[27/0051] Verhandlungen mit dem Erbprinzen von Auguſtenburg. Am 16. Januar 1864 ſchrieb mir Seine Majeſtät 1): „Mein Sohn kam heute Abend noch zu mir, um mir die Bitte des Erbprinzen von Auguſtenburg vorzutragen, aus den Händen des Herrn Samwer ein Schreiben deſſelben entgegenzunehmen, und ob ich nicht dieſerhalb ſeine Soirée beſuchen wolle, wo ich ganz unbemerkt den pp. S. in einem abgelegenen Zimmer finden könne. Ich lehnte dies ab, bis ich den Brief des Prinzen geleſen haben würde, weshalb ich meinem Sohn aufgab, mir denſelben zuzu¬ ſenden. Dies iſt geſchehen und lege ich den Brief hier bei 2). Er enthält nichts Verfängliches außer am Schluß, wo er mich fragt, ob ich dem pp. S. nicht einige Hoffnung geben könne? Vielleicht könnten Sie mir eine Antwort morgen noch fertigen laſſen, die ich dem pp. S. mitgeben kann 3). Wenn ich ihn incognito bei meinem Sohne doch noch ſehen wollte, ſo könnte ich ihm keine andere Hoff¬ nung geben, als die, welche in der Punctation 4) angedeutet ſind, d. h., daß man nach dem Siege ſehen würde, welche neue Basen für die Zukunft aufzuſtellen wären, und den Ausſpruch in F. a/M. über die Succession abzuwarten. W.“ Und am 18. Januar 5): „Ich berichte Ihnen, daß ich mich doch entſchloß, den Samwer bei meinem Sohn zu ſehen ungefähr 6–10 Minuten in deſſen Gegenwart 6). Ich ſprach ihm ganz im Sinne der projectirten Ant¬ wort 7), aber noch etwas kühler und ſehr ernſt. Vor Allem ſagte 1) Bismarck-Jahrbuch V 254 f. 2) Veröffentlicht in Janſen-Samwer, Schleswig-Holſteins Befreiung S. 695 Beil. 11. 3) S. dieſes von Bismarck verfaßte Schreiben des Königs vom 18. Januar bei Janſen-Samwer S. 601 f. Beil. 13. 4) Am 16. Januar von Rechberg und Werther unterzeichnet. 5) Bismarck-Jahrbuch V 255. 6) Ueber den Verlauf der Unterredung berichtet die Aufzeichnung Samwer's a. a. O. 696 ff. Beil. 12. 7) Des Schreibens vom 18., das im Entwurfe dem Könige am 17. vor¬ gelegt wurden iſt.

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898/51>, abgerufen am 21.11.2024.