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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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Der sechsundzwanzigste
Spatziergang.

So will ich denn der Versuchung wider-
stehen, das durchschauen zu wollen, was
sich die Allwissenheit allein zu sehen vorbe-
halten hat. Der kurzsichtige Sterbliche
sieht die Begebenheit selbst nur in einer ge-
wissen Entfernung, nur ihre gröbern Thei-
le; die feinern entfliehn ihm. Der Mensch
sieht das nicht einmal, was vor Augen ist;
Gott aber siehet das Herz an. Die geheim-
sten Triebfedern unsrer Handlungen, die
wir vor dem scharfsichtigsten Beobachter so
glücklich zu verbergen wissen, die wir uns
selbst gern verhehlen möchten; die Hand-
lung selbst in ihrer ganzen Beziehung; je-
den kleinen, die Schuld verringernden, oder
vergrössernden Umstand; dann die Folgen



Der ſechsundzwanzigſte
Spatziergang.

So will ich denn der Verſuchung wider-
ſtehen, das durchſchauen zu wollen, was
ſich die Allwiſsenheit allein zu ſehen vorbe-
halten hat. Der kurzſichtige Sterbliche
ſieht die Begebenheit ſelbſt nur in einer ge-
wiſsen Entfernung, nur ihre gröbern Thei-
le; die feinern entfliehn ihm. Der Menſch
ſieht das nicht einmal, was vor Augen iſt;
Gott aber ſiehet das Herz an. Die geheim-
ſten Triebfedern unſrer Handlungen, die
wir vor dem ſcharfſichtigſten Beobachter ſo
glücklich zu verbergen wiſsen, die wir uns
ſelbſt gern verhehlen möchten; die Hand-
lung ſelbſt in ihrer ganzen Beziehung; je-
den kleinen, die Schuld verringernden, oder
vergröſsernden Umſtand; dann die Folgen

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[211/0219] Der ſechsundzwanzigſte Spatziergang. So will ich denn der Verſuchung wider- ſtehen, das durchſchauen zu wollen, was ſich die Allwiſsenheit allein zu ſehen vorbe- halten hat. Der kurzſichtige Sterbliche ſieht die Begebenheit ſelbſt nur in einer ge- wiſsen Entfernung, nur ihre gröbern Thei- le; die feinern entfliehn ihm. Der Menſch ſieht das nicht einmal, was vor Augen iſt; Gott aber ſiehet das Herz an. Die geheim- ſten Triebfedern unſrer Handlungen, die wir vor dem ſcharfſichtigſten Beobachter ſo glücklich zu verbergen wiſsen, die wir uns ſelbſt gern verhehlen möchten; die Hand- lung ſelbſt in ihrer ganzen Beziehung; je- den kleinen, die Schuld verringernden, oder vergröſsernden Umſtand; dann die Folgen

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/219>, abgerufen am 21.11.2024.