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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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scheinet mir nun unendlich leichter zu tra-
gen. Wusst' ich es, dass ich mir diese Lei-
den zuziehen; wusst' ich es, dass ich sie
auch auf andre ableiten würde? Wusst' ich
es? Sollt' ich es und konnt' ich es wissen?
Freylich wird ein so trauriger Ausgang ei-
nes wohlgemeynten Unternehmens ein nie-
derdrückendes Gewicht für mich in der
Schale meiner unangenehmen Empfindun-
gen seyn; aber ich werde noch den Muth
nicht verlieren dürfen, ich habe mir ein
Gegengewicht für diesen Zufall aufgespart:
den unüberwindlichen Trost eines redlichen
Herzens.

Wenn nun auch die Bosheit der Men-
schen sich bemühen sollte, mein Elend voll-
kommen zu machen, wenn sie nun auch
die Folgen meiner Handlungen mit meinen
Absichten vermischen, wenn sie mich für
den unseligen Urheber dieser Uebel, die mir

ſcheinet mir nun unendlich leichter zu tra-
gen. Wuſst’ ich es, daſs ich mir dieſe Lei-
den zuziehen; wuſst’ ich es, daſs ich ſie
auch auf andre ableiten würde? Wuſst’ ich
es? Sollt’ ich es und konnt’ ich es wiſsen?
Freylich wird ein ſo trauriger Ausgang ei-
nes wohlgemeynten Unternehmens ein nie-
derdrückendes Gewicht für mich in der
Schale meiner unangenehmen Empfindun-
gen ſeyn; aber ich werde noch den Muth
nicht verlieren dürfen, ich habe mir ein
Gegengewicht für dieſen Zufall aufgeſpart:
den unüberwindlichen Troſt eines redlichen
Herzens.

Wenn nun auch die Bosheit der Men-
ſchen ſich bemühen ſollte, mein Elend voll-
kommen zu machen, wenn ſie nun auch
die Folgen meiner Handlungen mit meinen
Abſichten vermiſchen, wenn ſie mich für
den unſeligen Urheber dieſer Uebel, die mir

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[219/0227] ſcheinet mir nun unendlich leichter zu tra- gen. Wuſst’ ich es, daſs ich mir dieſe Lei- den zuziehen; wuſst’ ich es, daſs ich ſie auch auf andre ableiten würde? Wuſst’ ich es? Sollt’ ich es und konnt’ ich es wiſsen? Freylich wird ein ſo trauriger Ausgang ei- nes wohlgemeynten Unternehmens ein nie- derdrückendes Gewicht für mich in der Schale meiner unangenehmen Empfindun- gen ſeyn; aber ich werde noch den Muth nicht verlieren dürfen, ich habe mir ein Gegengewicht für dieſen Zufall aufgeſpart: den unüberwindlichen Troſt eines redlichen Herzens. Wenn nun auch die Bosheit der Men- ſchen ſich bemühen ſollte, mein Elend voll- kommen zu machen, wenn ſie nun auch die Folgen meiner Handlungen mit meinen Abſichten vermiſchen, wenn ſie mich für den unſeligen Urheber dieſer Uebel, die mir

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/227>, abgerufen am 21.11.2024.